23 lange Jahre hat es gedauert,
bis Mr. Stevie Wonder wieder den Weg nach Europa und Germany gefunden hat,
und die Olympiahalle ist gerade mal halbvoll. Traurig aber wahr. Als Begründung
dafür gibt es mehrere Perspektiven. Zum einen wäre da die Tatsache, dass
sich augenblicklich ca. 5 Großevents hintereinander anreihen, bei denen
die Ticketpreise deutlich höher als 70,-- liegen. Und bei Mr. Wonder
erzielen sie sogar Höchstwerte von bis zu 140,-- Zum anderen lockt viele
Leute eben auch das derzeitige Oktoberfest. Dank der bestuhlten Arena
schrumpft die Zahl des Publikums noch mal um einiges herunter. Ich würde
es über den Daumen gepeilt, auf ca. allerhöchstens 5.000 schätzen.
Hinzugezählt seien noch die unzähligen, prominenten Ehrengäste, denen
selbstredend kostenloser Eintritt gewährt ist. Und wenn man jenes
Publikum etwas genauer unter die Lupe nimmt, dann tut sich einem eine
wahrhaft illustre Gesellschaft auf, die in teilweise großer
Abendgarderobe gewandet ist. Es ist, logischerweise, eine etwas betagtere
Besucher Klientee, nämlich jene, die Stevie Wonder noch aus den 60ern,
70ern und 80ern kennen und lieben gelernt hatten. Und angefangen hatte
alles 1963, als Little Stevie gerade mal 11 Jahre jung war, und mit ‚Fingerprints’
seine erste Single und gleichzeitig seinen ersten Nr. 1 Hit gelandet
hatte. Über die darauffolgenden Jahrzehnte brauche ich, glaube ich, nicht
viel zu sagen. Denn jeder, auch die – Nicht Soulfans, kennen seine großen
Songs, egal ob diese jetzt den individuellen Geschmacksnerv treffen oder
nicht. Um lediglich einige zu nennen, sei da "For Once In My
Life" von 1968, das auf Platz 2 der Charts landete, oder Superstition"
– ein Nr. 1 Hit. 1973 kam "You Are the Sunshine of My Life"
und 1977 ‚Sir Duke’, selbstredend beide ebenfalls auf Pos. 1. Und das
gilt auch für die 80er Jahre Songs "I Just Called to Say I Love You"
und „Parttime Lover“. In der Neunziger Jahren wurde es dann deutlich
ruhiger um den, von Geburt an, blinden Soulstar, und dann gabs gar eine längere
Auszeit. -
Fazit ist, die Pause hat ihm nicht
geschadet. Im Gegenteil, er ist wieder da, und das mindestens genauso gut,
wie damals am Gipfel seiner Karriere, und um mindestens 50 Pfund schwerer.
Heute wirkt Stevie Wonder eher wie ein Wandermormone aus den 30er Jahren
im tiefsten Louisiana.
Aber er lässt sein Publikum hier in München warten, und zwar fast 45
Minuten lang, bis endlich die Saallichter ausgehen und Stevie von Tochter
Aisha Morris auf die Bühne und zu seinem Piano geführt wird. Aisha gehört
zum Trio der Background Sängerinnen. Inklusive jener, befinden sich ganze
14 exzellente Musiker da oben, die Mr. Wonder tatkräftig unterstützen.
Die anwesenden Fotografen üben sich einmal mehr im
Schnellschussverfahren. Denn nachdem man sie über eine halbe Stunde vorne
hat warten lassen, dauert der Photocall sage und schreibe gerade mal eine
knappe Minute. Dann ist Schluss mit lustig. Aber Starallüren müssen
schließlich gepflegt werden, auch wenn diese ohne visuelle Präsenz
auskommen müssen.
Supportact gibts übrigens keinen. – Das, immerhin 2 ½ stündige
Intermezzo wird mit einem Instrumental Tribut an Miles Davis in Form von
‚All Blues’ eingeleitet, und der Meister des Souls bekommt schon
Standing Ovations, bevor er überhaupt einen Ton gesungen hat. Im Verlauf
des Programms, lässt man diverse sangesfreudige Fans auf die Bühne
kommen, um ihr Können unter Beweis zu stellen. Dieses erweist sich
allerdings eher als Lachnummer wenn man mal von Münchens Lokalmatador,
Jazzinterpret Phillip Weiss absieht. – Ansonsten gibt’s kaum etwas zu
bemeckern an der Musik und der Interpretation, die nicht nur aus Nr. 1
Hits besteht. Chick Coreas ‚Spain’ kommt zum Einsatz, und auch John
Coltraine wird nicht vergessen mit ‚Giant Steps’ bei dem sich der Soul
mit dem Jazz verknüpft. Als der Chef seinen Clan vorstellt, wird gar im
Hintergrund Rodrigos ‚Concerto De Aranjuez angestimmt. Er scheint das
jammen zu lieben und sorgt für manche kleine Überraschung und
Abwechslung, und sei es bloß das anstimmen von ‚Muss i denn zum Städtele
hinaus’ und ‚Oh Tannenbaum’ mit dem Vocoder, den Stevie schon von
jeher immer mit im Gepäck trägt. Seine Tochter Aisha begleitet ihn dann
per Duett zu ‚I’m Gonna Laugh You Out Of My Life’.
Und im letzten Drittel der Monstershow
knallt dann ein Hit nach dem anderen rein. (siehe Setllist). Lediglich
‚Happy Birthday’ hat gefehlt. Dafür gibt’s aber das
schmalztriefende ‚I Just Called To Say I Love You’, bei dem jede ältere
Dame hier, Tränen in den Augenwinkel bekommt und ihr Taschentuch zückt.
Die, für Wonder Verhältnisse, kleine Zuhörerschaft ist
jedenfalls komplett aus dem Häuschen. Und Mr. Wonder kann es sich nicht
verkneifen gleich noch ein bisschen amerikanische Wahlwerbung zu machen. Für
wen wohl.....?! Und er animiert einmal mehr das Publikum zum mitgröhlen
bei ‚We Can Change The World’. – Alles in allem ist dieser Abend ein
wunderschönes Dejavu, und Stevie Wonder hat wahrlich gehalten, was sich
das Publikum davon versprochen hat. Mein persönliches Empfinden entpuppt
sich anschließend auch eher als positiv, wenn man mal vom
zwischenzeitlichen Durchhänger absieht. Dieser kam wahrscheinlich durch
die Aneinanderreihung von zu vielen Balladen und Improvisationen
zustande, deren Wiedererkennungswert etwas herab gesetzt sind. Die
anschließende Hit-Kanonade hat es aber wieder wett gemacht.
That’s it so far, und mal schauen, wann uns Mr. Wonder das nächste Mal
wieder beehrt, oder sollte ich eher sagen, - überrollt.
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