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...once again ist er hier nach gerade mal knappen eineinhalb Jahren back hier in München, dafür aber mit einem weiteren neuen Akustikalbum im Tornister. Insgesamt ist es bereits seine dreizehnte Solo-Veröffentlichung, die sich da – ‚Silence Followed By A Deafening Roar’ nennt. Und wieder sind es hauptsächlich Musiker und Freunde der gepflegten Frickel-Akrobatik, die ich erneut eingefunden haben, um Mr. Gilberts talentiertem 6 Saiten Wirbelwind zu lauschen. Nur ist die Austragungsstätte diesmal nicht das Backstage, sondern das Metropolis in der Kultfabrik, das mit noch mehr Seelen als das letzte Mal gefüllt ist. Beglückt werden wir aber vorab mit einer deutschen Supportband, deren Namen ich mir aber nicht merken konnte. Und ehrlich gestanden ist es mir bis heute schleierhaft, was die hier zu suchen haben/hatten, ohne ihnen jetzt persönlich zu nahe treten zu wollen. Aber  musikalisch haben jene mit Paul Gilbert in etwa so viel zu tun wie Patrik Lindner mit Ozzy Osbourne. Auch die meisten Gesichter im Publikum schauen eher befremdlich durch die Hallenatmosphäre. Deshalb will ich mich an dieser Stelle auch einer Kritik am Opener enthalten, und jene mal mit einem Fragezeichen dahin gestellt lassen.

Was Paul Gilberts anschließenden Opus betrifft, hat sich seit dem letzten Mal ebenfalls nichts wesentliches verändert. Er trägt zwar als Bühnen Outfit  keinen Pseudo-Raumanzug mehr sondern T-Shirt und Jeans, aber die unvermeidlichen Kopfhörer sind wie immer wieder mit dabei. Und hierbei hat sich auch schon so mancher gefragt, was es damit auf sich hat. – Kann ich Euch sofort aufklären, don’t worry. Paul leidet nämlich schon seit etlichen Jahren an einem nicht unerheblichen Gehörschaden, und ist auf einem Ohr fast taub. Und um nicht auch noch das restlich verbliebene Hörvermögen zu beeinträchtigen, schützt er sich eben mit jenen Headphones, die inzwischen fast schon so etwas wie sein Markenzeichen geworden sind.

Abgesehen davon muss man bei einer Show vom Ex-Mr.Big Gitarristen tatsächlich ein großes Verständnis, bzw. Vorliebe für Gitarrenkunst mitbringen. Denn das was dieser da oben fabriziert, ist zwar brillantes Können, aber es ist auch unheimlich anstrengend für Nichtmusiker wie mich. Da flitzen die Finger über das Baby, wie ein Tornado im Windkanal und zwar mit so einer Vehemenz und Geschwindigkeit, dass man Mühe hat, eins und eins zusammen zu zählen, wenn Ihr versteht was ich meine. Anfangs gibt’s noch eine kleine Komplikation mit dem Keyboard und mit der Beleuchtung, aber Paul nimmt’s locker und meint: „wenigstens bleibt mir bis zur Korrektur des Problems etwas Zeit, um die Saiten nachzustimmen". – Aber das is’ es auch schon, und die Gitarren Orgie nimmt seinen Lauf. Übrigens auch Bassist Craig Martini ist keineswegs zu verachten. Er passt sich dem Rhythmus perfekt an, genauso wie Drummer Jeff Bowders. Das Keyboard wird, wie schon beim letzten Mal von Emi Gilbert, Pauls japanischer Ehefrau bedient.

Das Programm bewegt sich quer durch Pauls Schaffen und enthält neben Solostandards auch etliche Racer X Songs. Die Ära Mr. Big wird hingegen gänzlich ignoriert. Zum Schluss der fast 2stündigen Show singt der Meister auch noch eine Bluesnummer. Klingt durchaus okay, auch wenn man sofort merkt, dass ihm die Instrumental-Variante wesentlich mehr liegt.
Und noch ein Aspekt, der diesmal, im Gegensatz zum letzten Mal, äußerst angenehme auffällt. Der, ansich ziemlich introvertierte, Gitarrist, gibt sich auf einmal viel gelöster und lockerer. Und es gelingt ihm tatsächlich eine gute Connection zum Publikum aufzubauen, dank lockerer Plauderei zwischen den schwierigen Klangkaskaden, die er wiederum ganz easy aus dem Ärmel zu schütteln scheint.
Man kann es jedenfalls drehen und wenden wie man will. Das was uns Paul Gilbert hier bietet, ist großes Können und lupenreine Brillanz. Aber es ist mitnichten Musik zum abtanzen, sondern schwierigster Tabak, der allenfalls Gitarristen und Leute vom Fach so richtig zu begeistern vermag. Andererseits, Gott sei Dank sind derer auch zur Genüge anwesend heute Abend.

Was die Zukunft bringt..... ?! You never know.... Vielleicht gibt’s ja doch eines Tages eine Reunion von Mr.Big. Unter uns gesagt, es gibt nur noch einen der ehemaligen Supergroup, der noch zögert in der Hinsicht.... Und der steht just heute da oben vor uns....
Die Zeit bringt die Antwort.....

http://www.paulgilbert.com/


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Der ehemaliger Kollege von Racer X, Schlagzeuger Harry, hat es sich auch diesmal nicht nehmen lassen, seinen früheren Kumpel Paul zu besuchen.