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Es gibt ein Sprichwort das besagt: „Der Mensch ist mit nichts auf der Welt zufrieden, ausgenommen mit seinem Verstande. Je weniger er hat, desto zufriedener ist er“. -
Leute da ist was dran. Allerdings in diesem Fall  weniger was den generellen Verstand betrifft, sondern eher was das musikalische Verständnis in unserem Fall hier betrifft. Und Ohrenfeindt sind das beste Beispiel für die Tatsache, wie wenig es braucht, um den Musikfan happy zu machen, aber das ohne Frage mit viel Niveau und Sexappeal.

Seit 1994 führt Bassist und Sänger Chris Laut seine Truppe an in wechselnder Besetzung. Aber erst in den letzten 2-3 Jahren ist der Knoten wirklich geplatzt, und der Name Ohrenfeindt wurde in der deutschen Musiklandschaft zum festen Begriff bei einem breitgefächerten Publikum. Und das Ganze steht und fällt mit einem Riff, genauso wie bei AC/DC, deshalb auch die musikalisch-banale Ähnlichkeit. Wobei bei den Hamburgern selbstredend der Kultfaktor noch fehlt, den AC/DC seit 30 Jahren gepachtet haben. Aber Chris ist auf dem besten Weg sich zumindest in Deutschland einen Minikultstatus zu erarbeiten.

 
Kurz und gut, ich hab’ unser Metropolis selten so brechend voll erlebt. Ich benötige vom Eingang bis ins vordere linke Eck bei der Bühne, geschlagene 10 Minuten, bis ich mich per Ellbogen Taktik durch gearbeitet habe. Und ich treffe wieder einmal etwas spät ein, so dass ich vom Support ‚Motörblöck’ nur noch die letzten 3 Songs mitbekomme.

Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich dabei um eine Motörhead Tributeband. Und die sind auch noch hier in München beheimatet.  Hier live on stage erinnert mich der Sänger allerdings eher an Wattie von The Exploited, aber die Stimme und der Sound – ja klar – Lemmy & Motörhead. – Und das war’s auch schon, denn wie gesagt, ich selbst habe gerade noch die letzten 3 Arien mitbekommen und in der Zeit meine Aufmerksamkeit eher auf einige Schnappschüsse konzentriert. Um ganz ehrlich zu sein, ich persönlich hab’s auch nicht so mit Tribute Bands. Aber als Stimmungsmacher und Anheizer sind sie mit Sicherheit ganz gut geeignet.


Ohrenfeindt ist in guten Managerhänden wie man sieht

Ohrenfeindt hingegen sind zwar stilistisch von AC/DC abgekupfert wie sonst noch was.....

Aber sie haben ihre eigenen Songs mit deutschen Texten. Und jeden Vergleich mit den berühmten Vettern sieht Chris Laut wahrscheinlich eher als Kompliment und nicht als Provokation. Im Prinzip steht und fällt die Sache ohnehin mit ihm und seiner sexy Erscheinung. Die anderen zwei Mitstreiter Dennis Henning (Git) und Stefan Lehmann (Schlagzeug)  sind zwar ganz passable Musiker aber im Prinzip austauschbar. (Anm. sorry ist nicht böse gemeint, undr Dennis würde etwas Styling auch ganz gut stehen, um ein wenig mehr ins seitliche Gesichtsfeld zu rücken - Wink mit dem Zaunpfahl nennt man sowas :-) Aber Chris ist und bleibt der Fokus da oben, sowohl vom Gesang , als auch vom visuellen Aspekt her. Und er wirkt mitnichten gefährlich mit seinen Tattoos und der erotischen Oben Ohne Zierde. Im Gegenteil, er ist ein, wie soll ich es nennen? Rock'n'Roll Clown,- (Anm. Nichtraucher und Antialkoholiker, Marathonläufer und einen Hund hat er auch), -  der sich, zumindest on Stage, selbst nicht ganz so tierischernst nimmt und mit unwiderstehlichem Fischkop Charme seine Anekdoten zum Besten gibt - natürlich mit entsprechendem Coolness Faktor.


Der Coolness Faktor

Und die Stories handeln hauptsächlich von St. Pauli und dem Kietz. Nun, das mag ja mal alles so gewesen sein in den Sechzigern und Siebzigern. Aber so wie die Dinge da oben im Norden heute liegen, da kann ich ebenso in München in der Bahnhofsgegend bleiben. Das ist auch nicht mehr viel anders, vermute ich. Stolz sind sie halt auf ihren Kietz, die Hamburger, also lassen wir ihnen die Freude. Das Durchschnittsalter im Publikum bewegt sich zwischen 16 und 66, und einen Großteil davon habe ich noch nie auf anderen Konzerten gesehen. Der Party-Stimmungsfaktor bewegt sich in kürzester Zeit auf Level 150, die Bude wackelt  und singt die meisten Gassenhauer sogar mit. Immer wieder ertönen Sprechchöre mit ‚Ohrenfeindt’ oder ‚Rock’n’Roll Sexgott’, der Titel(song) vom 2006er Album. Wunderbar der Zinnober, der hier in München  mitgefilmt wird für eine Live CD und DVD. Und da wollen wir Einheimischen uns natürlich nicht lumpen lassen, und die Chance, unseren angeschlagenen Ruf als Konzertpublikum etwas glatt zu bügeln, nutzen. Die Setliste ist ellenlang, und eine Sure jagt die andere aus dem Ohrenfeindt Koran.


Das Ganze wird runter gespült mit Wodka ohne Alkohol aus der Evian-Plastikflasche, während wir hier unten im Publikum ein Paulaner Hell nach dem anderen kippen. (Meine Wenigkeit sieht allerdings auch davon ab, denn dazu liebe ich meinen Führerschein zu sehr) Aber ansonsten kann man sich für München keine bessere Stimmung bei einem Rock’n’Roll Konzert wünschen als die, die hier in diesen 4 Wänden gerade abfeiert. Ich könnte mir aber trotzdem gut vorstellen, dass es oben im Hohen Norden von Deutschland noch 10x verrückter abgeht.



Wie auch immer, Ohrenfeindt machen es goldrichtig. Sie covern das AC/DC Riff, Chris unterlegt dieses mit witzigen Texten, unterhält mit amüsanten Einlagen. Herr Lehmann mit Schlips ist Meister im Grimassen schneiden. Im Gegensatz zu Kollege Hennings, von dessen Nasenspitze man die meiste Zeit dank Mähne-schüttelns gar nichts zu sehen bekommt. Aber einer muss schließlich das Headbanger Image pflegen in der Band.  Über 2 geschlagene Stunden lang dauert das Rock’n’Roll Inferno aus Hamburg. Und als einzige kleine Kritik möchte ich hinzufügen, dass nach ca. 60 Minuten alles beginnt, irgendwie gleich zu klingen. (Anm. das tut es zwar bei AC/DC auch, aber dennoch gibt’s da so einige feine Unterschiede) – Vielleicht empfinde ich aber auch nur so stark die örtlichen Gegebenheiten, weil ich mich ebenfalls mit ‚Wodka ohne Alkohol’ begnügt habe. Und mit diesem Cocktail haben sich heute Abend mit Sicherheit nur die wenigsten volllaufen lassen. -  Was soll’s – ist doch alles nur Rock’n’Roll......Prost.  Hauptsache es fühlt sich gut an.....
http://www.ohrenfeindt.de/


Live in München