381



Also gleich mal eines vorneweg… Würde ich für jedes Mal, das ich Deep Purple live on stage in meinem Leben gesehen habe, 10 Euro erhalten, dann könnte ich wahrscheinlich einen netten kleinen Urlaub machen. Und ich gehöre ganz bestimmt nicht zu jenen Leuten, die sich eine Band 5 - 10x während ein und derselben Tournee ansehen. Aber es ist nun mal Fakt, dass die guten alten Purple seit jeher ein sehr touraktiver Klassiker sind, - und sich besonders in Germany nach wie vor äußerster Beliebtheit erfreuen. Ob früher mit Blackmore und Lord (inkl. Glenn Hughes zwischenzeitlich und ohne Gillan) oder Joe Lynn Turner in der nächsten Dekade, oder jetzt bereits seit etlichen Jahren mit Ausnahmegitarrist Steve Morse und Keyboarder Don Airey, - ganz egal, das Mutterschiff hat bis jetzt noch jeden Sturm überstanden. Neue Scheiben sind zwar spärlicher gesäht und Hitsingles gibt’s heutzutage erst recht keine mehr. Aber das liegt wohl mehr am allgemeinen Zeitgeist, der die Klassik Rockikonen nur noch in den Album Rocktrack Charts berücksichtigt, aber weniger in den Single-Hitlisten. – Und ich bin mir fast sicher, hätten sich Dickkopf Ian Gillan und Egozentriker Ritchie Blackmore nicht ständig wieder und immer wieder in die Wolle gekriegt, dann würd’s Deep Purple eventuell sogar noch immer im Original Line up geben, wer weiß.  Nun mittlerweile hat sich aber auch die jetzige Konstellation etabliert, sowohl bei uns alten Purple Freaks von anno dazumal, als auch bei einem jüngeren Klientel, der die Band mit Ritchie Blackmore und Jon Lord nur noch vom hören-sagen kennt, bzw. aus alten Videoaufnahmen. Und die Olympiahalle hier in München ist mit 12.000 Plätzen so gut wie ausverkauft. – Tja, das ist halt vor allem Deutschland, wie eingangs erwähnt, das seinen alten Rock-Heroen über viele Jahre die Treue hält.

Unser Schweizer Rockexport Nr. 1 ‚Gotthard’ übt sich im Supportslot.

Zugegeben das ist wieder mal etwas ungewohnt, tourt man doch selbst seit geraumer Zeit nur noch als Headliner durch die Lande und genießt die dadurch bedingten Privilegien. Andererseits ist es für eine, doch noch relativ junge Band, eine Ehre, für Rockikonen wie Deep Purple zu eröffnen. Und selbst Gotthard konnten trotz diverser Erfolge, allein noch keine Besucherzahl von 12.000 Fans bislang erzielen. Also ist dieser Schachzug der Schweizer mit Sicherheit nicht zu deren Ungunsten, denn auch bei ihnen ist das Sahnehäubchen des Kuchens bereits vor längerem verschnabuliert worden.



Sparmaßnahmen nennt man das. Was in Stuttgart am Bühneboden 
geklebt hat, ist auch noch für die Bretter in München gut genug.......


Und die allgemeine Stimmung innerhalb unseres überdimensionalen proportionierte Wohnzimmers ist eine äußerst gute, da es Gotthard, und insbesondere Steve Lee durchaus versteht, die Leute aus ihrer Reserve zu locken. Abgesehen davon gibt es keine weiteren Besonderheiten in dem relativ straighten Set der Band, und die zwei oder drei kleinen Stolperer lassen wir mal außen vor. Jene haben ohnehin nur die wenigsten hier registriert. Ach ja, ein Song, der sonst immer auf der Setliste von Gotthard steht, fehlt heute, nämlich ‚Hush’ ...... warum wohl?????? J)))))))


Live in München  mit "Mountain Mama"

http://www.gotthard.com/


Juuhheee, und einmal mehr lassen Steve Morse und Band..... äh sorry, Deep Purple, wollte ich natürlich sagen, - bitten,  zum Nostalgie-Schwenk in die guten alten Zeiten. 

Auweia, da hat der Zahn der Zeit wieder mal ordentlich genagt in der Zwischenzeit, denke ich mir jedes Mal wieder, wenn ich unsere Rock-Dinos live sehe. Besonders was Frontpapagallo Ian Gillan betrifft, der wiederum mit aller Ausdruckskraft  seinen dritten Frühling zelebriert. Schlank und rank, cool, barfüßig und mit rotem Kopf trippelt er über die Bretter und versucht seinen Kollaratur Tenor so hoch wie möglich zu treiben. Allerdings gelingt dieser Drahtseilakt nicht mehr so wie vor 30 Jahren. Ergo sind bei einigen Passagen die sogenannten Keys deutlich gesenkt worden. Und als logische Schlussfolgerung wird der Purple Klassiker ‚Child In Time’ bereits seit geraumer Zeit nicht mehr berücksichtigt im Live-Programm, nach dem Motto: lieber gar nicht singen als sich zu blamieren. Aber sogar bei den etwas tieferen Tönen hat der Meistro so ab und zu seine Probleme seine Stimmbänder exakt darauf abzustimmen. 
Ansonsten wird auch diesmal, genauso wie letztes Mal, die Show deutlich abhebend von Gitarist Steve Morse dominiert. Er ist wahrlich ein brillanter Musiker, aber stilistisch von Blackmore soweit entfernt wie unser Globus vom Andromedanebel. Und über allem, gilt das nicht nur für die darstellende Kunst, sondern auch für die Aura und das allgemeine Aufteten. So war jenes von Sir Ritchie meist todernst und düster, während das von Stevie-Boy locker, freundlich und immer mit einem Smile im Gesicht, ist. Verschiedener könnten zwei Musiker und Charaktäre gar nicht sein, als diese Beiden. Und es ist wahrscheinlich jene Kombination von schwierigster Frickelakrobatik und dieser, trotzdem so lockeren Haltung da oben, die den verklärten Sunnyboy so liebenswert machen. Trotzdem muss ich für meinen persönlichen Geschmack gestehen, passt Steve Morse nicht wirklich in die klassische Hardrock Nische. Dazu ist seine Technik viel zu ausgefeilt und fusion orientiert. (Anm. hört Euch mal die Musik seiner Dixie Dreggs an)  Und wenn er mit seinen Salto Mortale Soli los legt, dann bleibt Deep Purple und die ganze Legende drum herum irgendwo im Nirvana hängen und man hat streckenweise den Eindruck, da oben spielt, wie eingangs erwähnt, Steve Morse solo mit Begleitband, deren Mitglieder zufällig 3 Urgesteine von Deep Purple sind. 


Auch Don Airey ist deutlich anders drauf, als sein Vorgänger, die graue Eminenz Jon Lord und zeigt anhand einiger gejammten Soli, dass er ebenfalls ein Meister an den schwarz-weißen Tasten ist, aber eben weniger im klassisch-theatralischem Sinn. – Roger Clover am Bass und Ian Paice hinterm Schlagzeug runden den Reigen ab, und geben dem Ganzen den leisen Hauch vergangener Tage. – Beim letzten Song vor der Zugabe, dem größten Hit, den Deep Purple jemals hatten (Anm. und bei dem sich Ritchie Blackmore immer noch die Finger wund verdient an Tantiemen) – kommt noch mal Leo Leoni von Gotthard auf die Bühne und liefert sich mit Mr.Morse ein Gitarrenduell, wobei Leo sichtlich zu letzterem aufschaut. Drei Zugaben gibt’s denn noch, inklusive ‚Hush’ (Anm. und ich wette, die meisten wissen immer noch nicht, von wem das Original ist – aber jetzt wissen wir spätestens, warum Gotthard ihre Version diesmal ausgelassen haben) und mit ‚Black Night’ geht der Zauber zuende.


Live in München
"Smoke On The Water"


Was soll man noch groß dazu sagen... Deep Purple zum 150sten Mal, 12.000 Fans zeigen Enthusiasmus pur trotz diverser Schwächen und eindeutigen Veränderungen. Aber an beides haben wir uns inzwischen gewöhnt. Deshalb fallen auch jene Umstände nicht mehr großartig ins Gewicht außer bei uns Dauernörglern von Journalisten. Der Rubel rollt, die Legende lebt – immer noch. Und so mancher über 60jährige obercoole, Piratenkopftuch-bemützte, Hardrockfan schwört sich mit Sentimentalitäts-Tränen in den Augen, dass er nächstes Mal mit 100%iger Sicherheit wieder mit von der Partie ist.
Also was soll’s.... Rock’n’Roll keeps you alive.....ob anno dazumal oder heute. Man muss nur daran glauben.....
http://www.deep-purple.com/


"Lazy"


"Hush"



"Black Night"


Einige Pre-Show und Aftershow Eindrücke gibt's
hier