Also gleich mal eines vorneweg… Würde ich für jedes Mal, das ich Deep
Purple live on stage in meinem Leben gesehen habe, 10 Euro erhalten, dann
könnte ich wahrscheinlich einen netten kleinen Urlaub machen. Und ich gehöre
ganz bestimmt nicht zu jenen Leuten, die sich eine Band 5 - 10x während
ein und derselben Tournee ansehen. Aber es ist nun mal Fakt, dass die
guten alten Purple seit jeher ein sehr touraktiver Klassiker sind, - und
sich besonders in Germany nach wie vor äußerster Beliebtheit erfreuen. Ob früher mit
Blackmore und Lord (inkl. Glenn Hughes zwischenzeitlich und ohne Gillan)
oder Joe Lynn Turner in der nächsten Dekade, oder jetzt bereits seit
etlichen Jahren mit Ausnahmegitarrist Steve Morse und Keyboarder Don Airey,
- ganz egal, das Mutterschiff hat bis jetzt noch jeden Sturm überstanden.
Neue Scheiben sind zwar spärlicher gesäht und Hitsingles gibt’s
heutzutage erst recht keine mehr. Aber das liegt wohl mehr am allgemeinen
Zeitgeist, der die Klassik Rockikonen nur noch in den Album Rocktrack
Charts berücksichtigt, aber weniger in den Single-Hitlisten. – Und ich
bin mir fast sicher, hätten sich Dickkopf Ian Gillan und Egozentriker
Ritchie Blackmore nicht ständig wieder und immer wieder in die Wolle gekriegt,
dann würd’s Deep Purple eventuell sogar noch immer im Original Line up
geben, wer weiß. Nun
mittlerweile hat sich aber auch die jetzige Konstellation etabliert,
sowohl bei uns alten Purple Freaks von anno dazumal, als auch bei einem jüngeren
Klientel, der die Band mit Ritchie Blackmore und Jon Lord nur noch vom hören-sagen
kennt, bzw. aus alten Videoaufnahmen. Und die Olympiahalle hier in München
ist mit 12.000 Plätzen so gut wie ausverkauft. – Tja, das ist halt vor
allem Deutschland, wie eingangs erwähnt, das seinen alten Rock-Heroen
über viele Jahre die Treue hält.
Unser Schweizer Rockexport Nr. 1 ‚Gotthard’ übt sich im Supportslot.
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Zugegeben das ist wieder mal etwas
ungewohnt, tourt man doch selbst seit geraumer Zeit nur noch als Headliner
durch die Lande und genießt die dadurch bedingten Privilegien.
Andererseits ist es für eine, doch noch relativ junge Band, eine Ehre, für
Rockikonen wie Deep Purple zu eröffnen. Und selbst Gotthard konnten trotz
diverser Erfolge, allein noch keine Besucherzahl von 12.000 Fans bislang
erzielen. Also ist dieser Schachzug der Schweizer mit Sicherheit nicht zu
deren Ungunsten, denn auch bei ihnen ist das Sahnehäubchen des Kuchens
bereits vor längerem verschnabuliert worden.
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Sparmaßnahmen nennt man
das. Was in Stuttgart am Bühneboden
geklebt hat, ist auch noch für die Bretter in München gut
genug.......
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Und die allgemeine Stimmung innerhalb unseres überdimensionalen
proportionierte Wohnzimmers ist eine äußerst gute, da es Gotthard, und
insbesondere Steve Lee durchaus versteht, die Leute aus ihrer Reserve zu
locken. Abgesehen davon gibt es keine weiteren Besonderheiten in dem
relativ straighten Set der Band, und die zwei oder drei kleinen Stolperer
lassen wir mal außen vor. Jene haben ohnehin nur die wenigsten hier
registriert. Ach ja, ein Song, der sonst immer auf der Setliste von
Gotthard steht, fehlt heute, nämlich ‚Hush’ ...... warum wohl?????? J)))))))
http://www.gotthard.com/
Juuhheee, und einmal mehr lassen Steve Morse und Band..... äh sorry, Deep
Purple, wollte ich natürlich sagen, - bitten,
zum Nostalgie-Schwenk in die guten alten Zeiten.
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Auweia, da hat der
Zahn der Zeit wieder mal ordentlich genagt in der Zwischenzeit, denke ich
mir jedes Mal wieder, wenn ich unsere Rock-Dinos live sehe. Besonders was
Frontpapagallo Ian Gillan betrifft, der wiederum mit aller Ausdruckskraft
seinen dritten Frühling zelebriert. Schlank und rank, cool, barfüßig
und mit rotem Kopf trippelt er über die Bretter und versucht seinen Kollaratur
Tenor so hoch wie möglich zu treiben. Allerdings gelingt dieser
Drahtseilakt nicht mehr so wie vor 30 Jahren. Ergo sind bei einigen
Passagen die sogenannten Keys deutlich gesenkt worden. Und als logische
Schlussfolgerung wird der Purple Klassiker ‚Child In Time’ bereits
seit geraumer Zeit nicht mehr berücksichtigt im Live-Programm, nach dem
Motto: lieber gar nicht singen als sich zu blamieren. Aber sogar bei
den etwas tieferen Tönen hat der Meistro so ab und zu seine Probleme
seine Stimmbänder exakt darauf abzustimmen.
Ansonsten wird auch
diesmal, genauso wie letztes Mal, die Show deutlich abhebend von Gitarist
Steve Morse dominiert. Er ist wahrlich ein brillanter Musiker, aber
stilistisch von Blackmore soweit entfernt wie unser Globus vom
Andromedanebel. Und über allem, gilt das nicht nur für die darstellende
Kunst, sondern auch für die Aura und das allgemeine Aufteten. So war
jenes von Sir Ritchie meist todernst und düster, während das von Stevie-Boy locker, freundlich und immer mit einem Smile im Gesicht, ist.
Verschiedener könnten zwei Musiker und Charaktäre gar nicht sein, als
diese Beiden. Und es ist wahrscheinlich jene Kombination von
schwierigster Frickelakrobatik und dieser, trotzdem so lockeren Haltung da
oben, die den verklärten Sunnyboy so liebenswert machen. Trotzdem
muss ich für meinen persönlichen Geschmack gestehen, passt Steve Morse
nicht wirklich in die klassische Hardrock Nische. Dazu ist seine Technik
viel zu ausgefeilt und fusion orientiert. (Anm. hört Euch mal die Musik
seiner Dixie Dreggs an) Und wenn er mit seinen Salto Mortale Soli
los legt, dann bleibt Deep Purple und die ganze Legende drum herum
irgendwo im Nirvana hängen und man hat streckenweise den Eindruck, da
oben spielt, wie eingangs erwähnt, Steve Morse solo mit Begleitband,
deren Mitglieder zufällig 3 Urgesteine von Deep Purple sind.
Auch Don Airey
ist deutlich anders drauf, als sein Vorgänger, die graue Eminenz Jon Lord
und zeigt anhand einiger gejammten Soli, dass er ebenfalls ein Meister an
den schwarz-weißen Tasten ist, aber eben weniger im
klassisch-theatralischem Sinn. – Roger Clover am Bass und Ian Paice
hinterm Schlagzeug runden den Reigen ab, und geben dem Ganzen den leisen
Hauch vergangener Tage. – Beim letzten Song vor der Zugabe, dem größten
Hit, den Deep Purple jemals hatten (Anm. und bei dem sich Ritchie
Blackmore immer noch die Finger wund verdient an Tantiemen) – kommt noch
mal Leo Leoni von Gotthard auf die Bühne und liefert sich mit Mr.Morse
ein Gitarrenduell, wobei Leo sichtlich zu letzterem aufschaut. Drei
Zugaben gibt’s denn noch, inklusive ‚Hush’ (Anm. und ich wette,
die meisten wissen immer noch nicht, von wem das Original ist – aber
jetzt wissen wir spätestens, warum Gotthard ihre Version diesmal
ausgelassen haben) und mit ‚Black Night’ geht der Zauber zuende.
Was soll man noch groß dazu sagen... Deep Purple zum 150sten Mal, 12.000
Fans zeigen Enthusiasmus pur trotz diverser Schwächen und eindeutigen Veränderungen.
Aber an beides haben wir uns inzwischen gewöhnt. Deshalb fallen auch jene
Umstände nicht mehr großartig ins Gewicht außer bei uns Dauernörglern
von Journalisten. Der Rubel rollt, die Legende lebt
– immer noch. Und so mancher über 60jährige obercoole, Piratenkopftuch-bemützte, Hardrockfan schwört sich mit Sentimentalitäts-Tränen in den
Augen, dass er nächstes Mal mit 100%iger Sicherheit wieder mit von der
Partie ist.
Also was
soll’s.... Rock’n’Roll keeps you alive.....ob anno dazumal oder
heute. Man muss nur daran glauben.....
http://www.deep-purple.com/
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