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Kinder, es gibt Dinge im Leben, die gibts so schnell nicht wieder, oder besser ausgedrückt, seit langem nicht mehr so krass…-
Da freuen wir uns seit Wochen auf die beiden Rocklegenden Whitesnake und Alice Cooper zusammen und gemeinsam in einem Paket, und was bekommen wir serviert????? Jawohl, ja, - die Rock Horror Picture Show – im wahrsten Sinn des Wortes. Allerdings ist jene einmal im äußerst positiven Sinn gemeint, und die andere.... na ja, zum heulen ist noch milde ausgedrückt.
Unsere gute Oly-Halle ist gerade mal zur Hälfte gefüllt mit Fans aus den verschiedensten Generationen. (Anm.da mussten schon unsere guten alten Purple anrücken 1 Woche vorher, um die Bude voll zu machen mit 10.000 und mehr) 
Hier in Zahlen ausgedrückt, wissen lediglich ca. 4.800 bemitleidenswerte Seelen zu Beginn noch nicht, was da auf sie zukommt. Und das ist auch gut so, sonst hätten so einige Leute Alice Cooper gar nicht mehr mitgekriegt, weil sie vorher schon das Feld mit fliegenden Fahnen geräumt hätten. Auweia, - ich sag’s Euch, ich hab nun wirklich schon viel erlebt in einem Viertel Jahrhundert meines Daseins als Musikjournie, aber das hier nimmt sogar mir noch das Mailüftchen aus dem Hauptsegel. Halleluja!!!!!!

Leider wissen einige Konzertbesucher nicht, dass es noch eine Supportband auf dem Rider gibt, die pünktlich um 19 Uhr auf die Bretter steigt. Und jene nennt sich Five and The Red One und kommt aus Ulm. 

Insgesamt 2 Alben haben Dave, Eckbert, Raphi, Sepp, Tim und Tobi am Start namens ‚Mother Bomb Phoenix’ und das aktuelle Teil ‚Universal Masterplan’. Und  über so einige Live Erfahrung verfügen sie außerdem, sind sie doch schon u.a. mit Bon Jovi, Nickelback, The Sweet, Kansas, Die Happy, Liquido auf einer Bühne gestanden, bzw. als deren Support.
Die Jungs sind jung und schmissig, wie man so schön sagt. Straighter Rock ohne viel Drumrum, aber dafür energiegeladen vom Stapel gepolstert, das ist ihre Strategie. Und die geht auch voll ab durch die Mitte. Um ehrlich zu sein, Sänger Dave erinnert mich spontan vom visuellen, als auch vom akustischen Aspekt her, ein wenig an den verstorbenen INXS Sänger Michael Hutchence. Trotz wenig Saft und Licht meistern die Schwaben (oder auch Würtemberger)  die Opener Situation mit Bravur. Und ich bin sicher, manch ein Zaungast hier, behält sich Five And The Red One im Hinterstübchen seiner grauen Zellen. Die Zeit ist selbstredend nur knapp bemessen, und schon ist der Zauber wieder vorbei, und wir warten der Dinge, die als nächstes da kommen würden!!!!

http://www.fatro.de/



Und jetzt wird’s interessant, denn Whitesnake, bzw. David Coverdale und Band erklimmen in Rockstar Marnier den Altar, um die Schlange, wie schon oft zuvor, wieder kräftig zubeißen zu lassen. – 

Nur hat uns keiner davor gewarnt, dass jene unter Zahnschmerzen leidet und das auch noch mit einem fürchterlich, eitrigen Abszess an der Weißheitszahnwurzel versehen. Eieiei, da nützt es auch nichts mehr, dass die beiden Eckbeißerchen namens Reb Beach und Doug Aldrich noch über hervorragend-gesunden Schmelz verfügen. Denn der Giftzahn in der Mitte vertröpfelt allemal noch faulen Hustensaft. Und das eigentliche Arsen scheint zu großen Teilen nicht aus der Kanüle des Meistros zu kommen, sondern vielmehr aus den Boxen zur rechten und linken Seite der Maschinerie. Aber ich meine, wenn schon eventuelles Playback, dann bitte zumindest so perfekt, dass niemand etwas merkt. Aber allein schon die Mikrophonhaltung von Mr. Coverdale spricht Bände, wenn er jenes Gerät auch beim tiefsten Urschrei mindestens einen halben Meter entfernt von seiner eigenen Wenigkeit hält, nur damit seinen antiquierten Rockermatcho-Groupie Body-Bewegungen nichts im Wege steht. Oder ist die Technik inzwischen wirklich so fortgeschritten, dass jene überdimensionalen Abstände von Mund zu Mikro keinerlei Auswirkungen auf die orale Wiedergabe haben???
                                                                                                       
Zwischendurch gibt es den Anschein, als ob er denn doch mal selbst versucht den Kehlkopf Purzelbäume schlagen zu lassen. (siehe Videoclip unten)  Aber jener ist anscheinend vorzeitig in den Altersruhestand gegangen. Und die oralen Salti entpuppen sich als die angerostete Klapper einer solchen Schlange. Oftmals scheinen aber auch die  Lippenbewegungen  optisch nicht immer konform zu züngeln mit dem was da aus den Amps erschallt. Und das scheint wiederum so klar und deutlich erkennbar, dass selbst der letzte Depp auf den obersten Rängen in der Riesenhalle noch bemerkt, dass da etwas ganz und gar nicht stimmt. – So, und jetzt stellt Euch mal meine Situation im Fotograben vor, die ich teilweise keinen Meter entfernt von Super-Dave postiert bin.

Ach ist das ein Jammer, und Herr im Himmel, was haben wir verbrochen, damit wir mit so etwas bestraft werden, handelt es sich doch da oben um eine sogenannte Rocklegende. 57 Jahre jung ist unser zweifacher Rockopa hier. Vom vermutlichen Facelifting scheint auch nicht mehr viel übrig von Nahem betrachtet. Aber das wäre noch verschmerzbar gewesen. Nur, die Tatsache, dass sich das ehemalige orale Nitroglyzerin nunmehr in saure Sahne verwandelt hat, das will hier so keiner  richtig akzeptieren. Und die dünne Suppe, bestehend aus Live-Gekreische und verpatzten.. was auch immer..... zieht sich durch das komplette Set von Whitesnake. Mein lieber Herr Gesangsverein ist das schlecht!!!! 



Der Opener von Five And The Red One nimmt sich, verglichen mit der weißen Schlange, als wahrer Strahleheld aus. Und auch, wenn, wie vorhin erwähnt, bei Whitesnake 2008 hervorragende Begleitmusiker am Werk sind, die mitunter den Fokus des Publikum auf sich ziehen, so können diese letztendlich doch nicht gänzlich 
die Tatsachen verschleiern. Whitesnake ist nun mal in erster Linie David Coverdale und sonst niemand.

Mein Tipp: wenn’s nimmer gehen sollte, dann lass’ Dir  doch um Gottes Willen den Weißheitszahn besser ziehen, lieber Herr Coverdale, damit zumindest die Legende durch eine lasche giftlose Knabberei nicht auch noch zerstört wird. Es ist so traurig.....  dass ich fast schon wieder lachen muss, obgleich solcher Missstände... Nun, ich bin sicher, dank all der anderweitigen Rezessionen -  (Anm. die Münchner Medien hier haben sich förmlich in der Luft verlustriert bzgl. soviel Peinlichkeit. Dagegen ist meine Review hier noch harmlos) - werden sich Whitesnake so schnell nicht mehr blicken lassen in deutschen Landen. Und vielleicht ist das auch besser so....  Ich für meinen Teil, muss mich wahrscheinlich in nächster Zeit überwinden, mir überhaupt noch eine Whitesnake Scheibe akustisch rein zu ziehen. – Sorry, aber ich habe, denke ich, nicht übertrieben mit meiner Kritik... so leid es mir tut...



live in München mit 'Still Of The Night'
Man beachte die ersten Zeilen, die vermutlich live gesungen sind ....

http://www.whitesnake.com/


Aber es gibt noch so was wie ausgleichende Gerechtigkeit, und die folgt umgehend auf die vorhergehende  Katastrophe und heißt Alice Cooper. 

Der Meister des Horrors ist zwar noch drei Jahre älter als der Master of Disaster von vorhin, aber er sieht trotz Frankenstein Make up noch um Dimensionen besser aus und.... ist auch hervorragend in seiner Stage Präsenz. Gott sei Dank, der Abend ist gerettet. Alice lässt seine legendäre Show vom Stapel mit allem drum und dran, inklusive Galgen und Exekution. Nur die Boa Constrictor ist inzwischen in Rente gegangen. Aber das hat sie auch verdient. Und der Kult feiert einmal mehr seine Reinkarnation. Mei, ist das eine Gaudi jetzt nach all den ausgestandenen Qualen. Und letztere sind im Nullkomanix vergessen, zumindest für die nächsten 90 und ein paar zerquestschte Minuten.


Hier ist keine Sekunde langweilig. Und Gitarrist Kerri Kelly lässt seine Glamrock Präsenz mit hervorragenden Riffs und den dazu passenden Turnübungen Tschatschatscha tanzen. Aber auch sein Gegenpol Jason Hook  ist nicht zu verachten, genauso wie Bassist Chuck Garric.  Und natürlich nicht zu vergessen – am Schlagzeug sitzt Eric Singer. Und diesen Herrn brauche ich Euch wohl wirklich nicht mehr näher zu beschreiben.
Und jawohl, Alice bringt ihn... seinen wohl besten Song von 1969 ‚Halo Of Flies’, und das in der 15 Minuten Version, inklusive einem exzellenten Bass und Drumsolo. Schade nur, dass die wenigsten Alice Cooper Fans diesen überhaupt kennen.  


live in München mit 'Halo Of Flies'

Aber auch all die anderen Diamanten seiner Karriere fehlen nicht (siehe Setlist). Das ist Alice wie er leibt und lebt und natürlich alles livehaftig von sich gibt. So wie es sich für ein richtiges Rock’n’Roll Horrorkabinett gehört. Na ja, die Enthauptung ist denn doch etwas gefaked. Aber das ist auch gut so. Denn wir wollen unseren guten alten Alice noch etwas länger im zukünftigen Live Programm behalten. 


live in München - Galgenszene


Das ist, was ich eine echte und tolle Rockshow nenne. Viel Spektakel mit brillanter Musikalität gepaart. Und kennt Ihr dieses Gefühl, wenn man nicht mehr auf die Uhr schaut und die Füße nicht spürt vom vielen Stehen, und wenn man nach dem allerletzten Song immer noch wartet, dass etwas nachkommt? Genauso soll es sein - und ist es auch.  Und kein müder Specht hier bereut zum Schluss seine 58 Kröten, die er berappt hat.... und geht Gott sei Dank doch noch zufrieden nach Hause.


Live in München mit 'School's Out'


Alice – vergelts Gott, und lass uns bitte nicht allzu lange warten aufs nächste Frankenstein-Rock-Gesplatter, aber such’ Dir nächstes Mal bitte bitte einen anderen Weggefährten zum Legenden De ja vu, damit auch der gesamte Abend ein Galadinner mit exzellentem Nachgeschmack wird und nicht mit einem so bitteren wie heute....
http://www.alicecooper.com/


Live in München mit 'Poison'

Diary klicken für einige zusätzliche Schnappschüsse

Nachtrag zur Whitesnake Review:es sei darauf hinzuweisen, das die Erwähnung der eventuellen Gesangs-Playback Einspielungen im Whitesnake Set  keine festen Behauptungen sind, sondern lediglich Vermutungen darstellen, wie auch klar aus dem Text hervor geht.