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Seien wir doch mal ehrlich. Bis vor kurzem stellte der Name Kid Rock nur eine Randfigur im internationalen Musikgeschäft dar, und das obwohl er kontinuierlich seit 1990 Alben veröffentlicht. Inzwischen hat Robert James Ritchie ganz 11 CDs heraus gebracht, konnte jene aber nur in den unteren Charträngen platzieren. Erst 1998 kann der, heute 37jährige einen kleineren Hit mit ‚Cowboy’ verbuchen.
In aller Munde ist er dann aber erst dank seiner Heirat mit Pamela Anderson. Die Ehe hat zwar nur 5 Monate Bestand, aber dafür nachhaltige Resonanz. – Und dann landet Kid Rock mal eben den einen großen Hit mit ‚All Summer Long’ und ist mit einem Schlag Nr. 1 in Deutschland, Österreich, Schweiz und England. Für seine Heimat Amerika reicht es hingegen nur für Platz 23. Dabei war dieser Track gar nicht mal als Singleauskoppelung gedacht, da es kein eigenständiger Song ist, sondern eine Mischung aus Lynyrd Skynyrds ‚Sweet Home Alabama’ und Warren Zevons ‚Werwolfes Of London. Aber die Nummer fährt mit so einem Knall ein, dass man gar nicht anders konnte, als sie als Single zu veröffentlichen. Das dazugehörige Album ‚Rock’n’Roll Jesus profitiert natürlich davon nachhaltig und verkaufte sich wie warme Semmel.
Spielte Kid Rock letztes Mal noch in der sehr viel kleineren Tonhalle, so ist es diesmal das Zenith, dass er knapp zu ¾ füllt mit etwa 4.500 Fans. Und sie sind alle auf Grund dieses einen Songs, des Oktoberfest Nr. 1 Hits ‚All Summer Long’ gekommen. Eieieiei, hoffentlich mögen die Kids auch den Rest vom Schützenfest, wie wir hier so schön sagen. Denn Kid Rock war früher vor allem für seine Mischung aus Hip Hop, Rap und Rock bekannt. Wobei der Hip Hop deutlich überwog.

Die Ouvertüre wird von Finger Eleven bestritten, einem Quintet aus Kanada, das seit 1994 sein Unwesen in der Szene treibt, und das bislang mit 5 Alben. 

Sie haben sich dem Alternativ Rock verschrieben mit tiefschürfenden Texten und etwas schwermütigen Melodien, die andererseits eine gewisse Aggression nicht verleugnen lassen. Frontmann Scott Anderson erinnert mich ein wenig an Joe Cocker in jungen Jahren, zumindest was die physische Aktivität betrifft. Die Augen sind meist geschlossen und die Arme haben sich selbstständig gemacht, um mit eigenwilligen Verrenkungen die gesangliche Präsenz zu verstärken. Ich geb’s ehrlich zu, so ganz mein Ding ist Finger Eleven nicht. Und bei den vielen Kid Rock Fans hier kommen sie auch nur bedingt an, ist doch der musikalische Stil fast einen Ozean entfernt von dem des Headliners gelegen. Aber was soll’s. Einen gewissen Unterhaltungswert erzielen die Kanadier allemal. Und wer weiß, vielleicht sind sie morgen schon die Nachfolger von Nirvana und Co.
http://www.fingereleven.com/

Kid Rock hingegen knallt rein wie eine Bombe auf die Bühne, und augenblicklich steht der Laden hier Kopf über. 

Und auch hier gilt wieder, der kann einfach machen was er will, Kopfstand üben oder Frohe Ostern singen, pfeif drauf, da oben steht Kid Rock. Und nur das zählt. Als auffallend genial entpuppt sich auch seine vielköpfige Band, die allesamt Multitalente zu sein scheinen inklusive seiner selbst. Im Laufe des Sets bedient der Meistro selbst fast alle Instrumente, und man fragt sich irgendwann: was kann der gute Mann eigentlich nicht. Gleich als fünften Song bringt er seine Meganummer ‚All Summer Long’, und das in der 10 Minuten Version, unterbrochen durch eine Begrüßung  und einen kurzen Ausflug in das eine  Original von ‚Sweet Home Alabama’ von Lynyrd Skynyrd. Kurios und höchst amüsant erweist sich Kid Rocks Statement, in dem er sicher stellen will, dass seine Band live spielt und er auch live singt und nicht wie so mancher anderer aus der Konserve tönt. – Das sollte wohl eine Anspielung auf das jüngst vergangene Ereignis mit Whitesnake gewesen sein – who knows, das solche nachhaltig-große Wogen geschlagen hat (siehe Review 387) Und es ist offensichtlich und deutlich erkennbar, die Töne hier kommen livehaftig aus dem Goldkehlchen von Kid Rock.


Live in München mit 'All Summer Long'

Was Kid Rock zudem sehr sympathisch macht ist die Tatsache, dass er mit der Roadcrew Backstage an einem Tisch seine Suppe löffelt und mit der Band im Bus pennt, und nicht wie gewisse Diven des Rock’n’Rolls in 5 Stern Luxushotels übernachten und mit der Limousine chauffiert werden. (Anm. so beobachtet vor der Show im Backstage Bereich). Auch der leichte Prolo-Touch der Kid Rock anhaftet, kommt wenig zur Geltung. 

Das hier ist Lebensfreude pur, Rock’n’Roll wie er leibt und lebt, inklusive Cowboy und dazugehörigem Hut. Und ein Kid Rock Konzert ist eine einzige große Party.
Well done indeed… und hier ist mit Sicherheit kein Einziger unzufrieden nach Hause gegangen. Egal ob all night oder all summer long.... ein Kid Rock Konzert bräuchte nie zu Ende gehen.
http://www.kidrock.com
 


live in München