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Drei volle Jahre sind inzwischen schon wieder vergangen, seit uns Peter Bywaters und seine Test Tube Babies das letzte Mal hier in München besucht haben. – Auf gut deutsch: Zeit wird’s, dass der Punk wieder mal so richtig abgeht. Im Augenblick finden ohnehin kaum Künstler dieses Genres in unsere Gefilde. D.h. es gibt genügend Punkrockbands die uns beehren, aber eben nicht mehr oft jene urtümlichen Truppen, die damals zusammen mit den Sex Pistols Ende der Siebziger Jahre hervor gegangen waren. Zumindest haben sie sich in letzter Zeit in Germany relativ rar gemacht. Aber jetzt sind zumindest die Test Tube Babies wieder da und beehren uns mit ihrer sanft – aggressiven Lebensphilosophie längst vergangener Tage, so als ob die Zeit stehen geblieben wäre.

Vorher schieben die V8 Wankers noch ein paar Briketts in den Ofen ein.

Und ich versuche so früh wie möglich da zu sein. Denn diese Truppe ist mir nur allzu gut in Erinnerung von ihrem kürzlichen Einstand als Opener von Girlschool und Benedictum. Das ist jetzt in etwa zwei Monate her, und es war das erste Mal, dass mir von einem Dreierpaket eben jener Opener am allerbesten gefallen hat. Und so was vergesse ich nicht. Deshalb bin ich auch fast pünktlich und in time vor Ort, um mich von den Qualitäten der V8 Wankers noch ein zweites Mal nach so kurzer Zeit zu überzeugen und meinen ersten Eindruck zu bestätigen. Beschrieben habe ich den Fünfer ja schon in der Girlschool Review ausführlich. Weitere Infos über die Brüder aus Offenbach gibt’s hier.
Wenn man eines bei den Wankers nicht darf, dann ist es – Wert auf Ästhetik, legen. Aber wer auf großflächige Wand... äh sorry, Hautbemalungen steht und Buddah-Figuren mit schütteren Federn auf dem Haupt, der ist hier bestens aufgehoben. Andererseits scheint der äußerliche Aspekt sehr viel mit Imagepflege zu tun haben. Und da wiederum passt der Deckel exakt auf den Topf. Vom letzten Besuch hier in München dürften die Wankers andersrum keinen allzu guten Eindruck mit nach Hause genommen haben mit den, gerade mal 25 Zuschauern. Dieses Mal sind es mindestens vier Mal so viele Posthum Punkfans, die dank den Test Tube Babies ihren Weg in den Backstage Club gefunden haben. Aber immer noch kämpfen die Wankers mit einer eher verhaltenen Resonanz hier bei uns und vermögen die Schäflein nicht bis ganz vorne an den Bühnenrand zu locken. – Trotzdem muss ich, genauso wie letztes Mal sagen, das was die Wankers da abliefern, gefällt mir ausnehmend gut. Es ist wahrscheinlich nur der aktuelle Zeitgeist, der, was diese Musikrichtung betrifft, allenfalls die sogenannten Kultbands akzeptiert. Aber gut, vielleicht ändert sich der Trend ja eines Tages wieder. Bis dahin heißt es halt weiterhin die namhaften Vertreter dieser Stilrichtung zu supporten, damit sich der eigene Name etablieren kann. Viel Glück....

http://www.v8wankers.de/




Peter hingegen hat sich was neues einfallen lassen. T-Shirt und Bermudas gehören der Vergangenheit an.

Stattdessen wird Zylinder, Frack und Fred Feuerstein Designer Klamotten zum Eyecatcher aller erster Sahne. Da tanzt meine Kamera Prima Ballerina vor lauter Freude, dank dieser Augenweide. Denn wie sagt man so schön: guter Ton hin oder her, aber letztendlich isst auch das Auge immer ein wenig mit. Und in diesem Fall tut es das ganz besonders, dank der originellen Kluft, bei deren Anblick selbst Karl Lagerfeld neidisch werden würde.  Bewaffnet mit einigen Weißbier der Marke Erdinger legt little Joe... sorry Peter, los, dass fast der Bühnenboden einknickt. Und augenblicklich haben sämtliche, anwesende Freaks ihren Allerwertesten bis ganz nach Vorne bewegt und blasen zum Sturm auf die Bastille. Ein gemütliches knipsen wie bei den Wankers vorher, wird zur Unmöglichkeit, da im Prinzip Lebensgefahr besteht beim Aufenthalt im sogenannten Moshpit.
Peter zur Seite, wie schon beim letzten Mal vor 3 Jahren: Gitarrist Del Strangefish
(Original Mitglied) , Bassist Paul "H" Henrickson (seit 1999) und Schlagzeuger Caveman Dave (seit 2003).

Heissa, da kommt Freude auf, und die Punkerherzen schlagen höher. In den Sprechpausen zwischen den herzergreifenden Arien der Punkkultur, unterhält uns Peter mit Anekdoten, Kuriositäten oder der Tatsache, dass das englische Fußball Nationalteam letztendlich doch die bessere Mannschaft ist. (Anm.: pah, - purer Zufall, dass Rooney und Co. mal gewonnen haben)

Unser Adrenalin wird zudem durch Hymnen wie ‚Up yer bum’, Banned from the Pubs’, ‚Elvis Is Dead’ und ‚Spirit of Keith Moon’, aufgeputscht. Und augenblicklich fühlt man sich wieder in jene rebellische Zeit zurück versetzt, in der all diese Bands wie die Test Tube Babies, versucht haben, gegen die Gesellschaft zu rebellieren. Heute dienen diese Songs zur reinen Unterhaltung, zum Abbau individueller Aggressionen und zum Aufbau von guter Laune. Und genau das tut es auch, nicht mehr und nicht weniger.
Unser Englischlehrer und angehender Opa (Anm. das ist Peter tatsächlich im normalen Leben und wird auch letzteres in Kürze) verausgabt sich bis zur Grenze seiner Möglichkeiten. Und wäre da nicht das geliebte Weißbier, dann müsste er eigentlich so dünn wie Tarzans Spiegeleier sein....

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Wie auch immer, alles in allem ist dieser Abend hier ein nostalgischer Ausflug in die Punkhistory mit einem, mindestens 5.000 Kalorieren-Verbrauch und einer sentimental-zornigen Liebeserklärung.... Long live der Punk Rock’n’Roll....  http://www.testtubebabies.co.uk/



Alle Clips - live in München



Aftershow - in Wohlfühlpose nach getaner Schwerstarbeit