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Rock Over Munich
…. im wahrsten Sinn des Wortes, und das mit einem Band Line up, welches das Who is Who einer fast nicht mehr existenten Melodic Rock Szene darstellt. Jau, da kommt Freude auf, wenn man das Programm studiert und so leicht angestaubte Namen wie Treat, Stage Dolls, M.ill.ion und Dark Sky liest, ganz zu schweigen von the one and only Dominoe, unseren einstigen Localheroes, die, ohne Übertreibung, sogar einmal einen Riesenhit landen konnten anno 1987 mit dem Song ‚Here I Am’. Allerdings das wiederum nur, weil der Song vorher in einer Autowerbung für Renault gefeatured wurde. Das wars denn auch schon.
Jetzt simma wieder da, feiern den zweiten Frühling und wollen die Schwarten noch mal so richtig krachen lassen.
Nun sehen wir es einmal von dem Standpunkt, dass im Prinzip all jene, vorhin aufgezählten Künstler froh sein können, dass ihnen jemand noch eine solche Auftrittsmöglichkeit, wie die heutige gibt. Denn ansonsten sieht es, zumindest in good old Germany relativ duster aus in der Beziehung. Der Richtigkeit halber sei erwähnt, dass es in der jüngeren Vergangenheit bereits  so ähnliche Veranstaltungen im Raum Stuttgart gab unter dem Banner ‚Forces Of Rock’. Leider war das Echo dieses Events, trotz einer alljährlichen Auflage mit wechselnden Künstlern aus dem Genre, eher gering. Und so wurde das Ding auf Grund von fehlender Resonanz nach dem dritten- oder vierten Mal eingestellt.

Aber die Story hat mit dem heutigen Rock Over Munich Festival eine Fortsetzung gefunden, wenngleich auch unter anderer Führung. Ein weiser Zug übrigens, die Veranstaltung nach München zu verlagern, denn wenn dieser Galopp überhaupt noch irgendwo seinen Hinterhuf aufscheuert auf deutschem Boden, dann eben bei uns hier in der bayerischen Landeshauptstadt. Und das sei ohne Einbildung gesagt.
Werbung wurde im Vorfeld jedenfalls genug getätigt, vor allem in Form von Flyern, die bei etlichen vorhergehenden Events fleißig verteilt wurden. – Und es hat, wie sagt man so schön...? – gefruchtet. Unser gutes, altes Metropolis ist bis zum bersten gefüllt. Das anwesende  Klientel setzt sich aus (immer noch-) Melodic Rock Fans zusammen, die aus allen Teilen Deutschlands, aber auch aus Österreich, Italien und sogar aus England angehoppelt gekommen sind. Aber den größten Teil macht eine Spezies aus, die, wie soll ich es beschreiben? – der Münchner Musiker Szene angehören, die anno dazumal in den Achtzigern in diversen lokalen Bands ihr Unwesen getrieben hat, und heute als brave Familienväter allenfalls einmal im Jahr zu eben einem solchen Anlass aus ihren Löchern gekrochen kommen, um sich stolz zu präsentieren, nach dem Motto: ich lebe noch, und ich bin immer noch wer.....! Es lebe die Einbildung, kann ich dazu nur sagen...Aber gut, irgendwo muss das Selbstbewusstsein ja her kommen.

Die, im wahrsten Sinn des Wortes, Mammutveranstaltung beginnt um Schlag 15 Uhr mit den Schwaben von ‚Dark Sky’.

Allerdings hat man sich anscheinend mit der Öffnungszeit etwas verkalkuliert. Denn als die Brüder los legen, steht immer noch eine Riesenschlange vor der Eingangspforte und wartet auf Einlass. Auch ich selbst falle dieser Tatsache zum Opfer und versäume dadurch die ersten 20 Minuten des Sets. Kurz im Stenostil für alle, die’s noch nicht wissen. Dark Sky hatten ihren Ursprung bereits 1982. Zwischenzeitlich getrennt und aufgelöst, hat der einstige Keyboarder und Gitarrist Frank Breuninger der Gruppe 1993 nochmal eine neue Seele einverleibt, sein Instrumente mit dem Gesangsmikro vertauscht und mit neuen Musikern komplett überarbeitet einen frischen Count Down eingeleitet. Seitdem wurschtelt man sich so durch diverse Veröffentlichungen und Auftritte. Der Name ist schon lange zum Begriff geworden, aber große Knalleffekte ist bislang noch ausgeblieben.

Was soll ich sagen, die Performance hier und heute ist ansich solide und recht passabel, und sehr deutsch. Okay, vielleicht fällt mir letzterer Aspekt besonders auf, da ich lange genug im englisch-sprachigen Raum zu Hause war. Deshalb will ich diesen Umstand auch nicht weiter beanstanden. Ich meine, jeder hat nun mal einen Akzent, wenn er eine andere Sprache als seine eigene benutzt. Sehr gut gefällt mir Gitarrist Steffen Doll, der mit seiner flotten Pseudo Punker Frisur im Wettstreit mit des Sängers antiquierten 80er Jahre Hairstyle konkurriert. Aber gut, auf das kommt es letztendlich nun wirklich nicht an, auch wenn beides, zugegebenermaßen ein amüsanter Blickfang und sehr fotogen ist. Die Setliste enthält neben Songs vom aktuellen Album, einigen älteren Tönen auch ein Cover von Michael Sambellos ‚Maniac’.  Und im Grunde genommen gibt’s ansonsten nicht viel am treu-deutschen Hardrock von Dark Sky zu meckern, außer an dem Big Foot, der just auf die, am Bühnenboden befestigte Setliste gestampft ist, als ich jene für meine Review hier abknipsen wollte. Rübe ab dafür, aber ansonsten ein klarer Punkte-Gewinn.

http://www.dark-sky.de/




Die Nummer 2 auf der Liste, die schon wie beim Einstand von keinem Geringen, als Münchens größter Rock-Kapazität, Armand Presser mit Inbrunst angekündigt wird,......


Armand Presser

....... sind die schwedischen Rocker ‚M.ill.ion’, die, wie sie behaupten, das erste Mal überhaupt hierzulande aufgeigen. Laut dem einzigen, verbliebenen Original-Mitglied Bassist B.J. Laneby sind die Punkte im Namen nur dazu da, um die Fans zu irritieren.

1989 gegründet, hat die Band mit, immer wieder wechselndem Line up so far sechs Alben heraus gebracht und tourte in Skandinavien und England. Well, und jetzt feiern M.ill.ion ihr Debüt in Germany beim ersten Rock Over Munich Festival. Was mir als erstes dazu einfällt, ist der visuelle Umstand, dass die Knaben, bis auf den Bassisten, alles andere als skandinavisch wirken. Sie sind weder groß noch blond mit diesem typischen nordischen Gesichtsschnitt. Aber sie sind nun mal vom hohen Norden und dort anscheinend seit geraumer Zeit ein Inbegriff. Live kommen M.ill.ion härter als auf Platte rüber, das steht fest. Vom neuen Album ‚Thrill Of A Case’ entdeckt ich vier Tracks. Ansonsten bestimmen Gassenhauer wie ‚Backdoor Queen’ und ‚Rock’n’Roll Nation das Programm.

Auf meinen persönlichen Lieblingssong ‚Stone Cold Killer’ vom Album ‚We Ourselves and Us’ aus dem Jahr 1994 warte ich allerdings vergebens. Aber gut, das soll beileibe kein Kritikpunkt sein. Man kann ja nicht alles haben. Die Band gibt sich jedenfalls alle Mühe den lokalen Ansprüchen gerecht zu werden. Leider gelingt das nicht zur Gänze. Einige Zaunspechte hier im Publikum empfinden das Gastspiel gar als äußert grausam. Dem kann ich wiederum in dem Ausmaß auch wieder nicht zustimmen. Sagen wir mal so, M.ill.ions Performance ist mit einigen Abstrichen ganz okay, wenngleich es uns alle nicht wirklich vom Barhocker katapultiert. Und um es andersrum zu beschreiben, - es ist immer noch Weltklasse, im Gegensatz zu dem was folgen sollte.....

http://www.million.o.se/





Oje, jetzt kommen wir zum heutigen Höhepunkt was jegliche Peinlichkeiten betrifft, die sich eine Band live on Stage nur leisten kann.

Sorry Boys, auch wenn Ihr mal Münchner Lokalmatadore wart in den Achtzigern mit einem internationalen Hit in den Charts, aber das hier ist leider so absolut rein gar nix. Dominoe 2009 sind ein Haufen zusammen gewürfelter Musiker, deren Originalsänger unter solchen Unpässlichkeiten zu leiden scheint, dass er lediglich in der Lage ist, nur jeden zweiten oder dritten Track zu interpretieren. Eieieiei, da müssen zwei Schweizer Eidgenossen aushelfen (fragt mich aber jetzt nicht mehr nach deren Namen), wobei die weibliche Hälfte aber schon überhaupt nicht singen kann. Sorry, aber das muss so krass gesagt werden. – Dabei wären die Songs vom Ansatz her, ja gar nicht so schlecht, und die beiden Gitarristen, die auch von Dominoe anno dazumal stammen, verstehen ebenfalls ihr Handwerk.

Aber ums auf den Ton zu bringen, irgendwie passt hier alles nicht wirklich zusammen. Und vor allem passt diese Truppe musikalisch so ganz und gar nicht zu all den restlichen Bands hier. Ums kurz zu machen, es hat nicht weiter verwundert, dass so einige Konzertgäste inklusive meiner selbst, einen Teil der Showtime von Dominoe damit verbracht haben, ausgiebig den Stand von AOR Heaven zu inspizieren oder sich mit einem Bier und einer Bratwurstsemmel im Fojer im Smalltalk zu üben. (Setliste war hier keine erhältlich. Aber ich denke, die geht auch niemanden ab). Mehr Infos zur History von Dominoe gibt’s aber allemal unter:

http://de.wikipedia.org/wiki/Dominoe





Und damit kommen wir zu unseren beiden Headlinern, die mit den Stage Dolls aus Norwegen so einiges wieder wett machen.

Mein Gott ist das lange her, dass ich diese Band zuletzt live on Stage gesehen und erlebt habe. Genau genommen ist das fast exakt 20 Jahre her und fand damals im Marquee Club in London statt. Der Vergleich steht nach wie vor, weil ich mich noch sehr gut an damals erinnern kann. Und es hat sich im Grunde genommen nichts verändert, bis auf die Tatsache, dass wir alle etwas älter sind und auch ausschauen, und der Mann am Schlagzeug 1993 ausgetauscht wurde. Aber jenes spielt weniger eine Rolle, denn die Stage Dolls waren und sind immer in erster Linie Sänger/Gitarrist Thorstein Flakne und Bassist Terje Storli gewesen. Gegründet 1983 von Storli und Erlend Antonson, setzte die Band 1988 mit ihrem selbstbetitelten Album ‚Stage Dolls’ sicherlich ihren Höhepunkt. Das Teil enthält die, nach wie vor bekanntesten Songs der Band wie ‚Still In Love’,  ,Love Cries’ und ‚Wings Of Steel’. Und selbstredend finden alle drei Hymnen mit 150%igem Wiedererkennungswert statt im heutigen Set. Yau, da kommt Freude auf, und das Dejavu macht sich bemerkbar im Publikum.

Vom 91er Album ‚Stripped’ sei noch ‚Love don’t bother me’ zu erwähnen.Und von der Scheibe ‚Get A Life’ hat man den Titeltrack berücksichtigt. Und obwohl man die Stage Dolls gern und gut als tatsächliche Melodic Rockband bezeichnen kann, so kommen ihre Songs, live gespielt, ziemlich schmissig rüber mit viel Drive und Witz interpretiert. Vor allem Terje Storli mimt da oben ständig den Pausenclown, dank einer urkomischen Mimik und Gestikulierung, was ihn aber nicht davon abhält, den Bass ziemlich offensichtlich in den Vordergrund zu stellen. In der Tat hat man stellenweise den Eindruck, dass jenes Instrument hier die Leads inne  hat und nicht wie üblicherweise die Gitarre. Aber Thorstein ist deshalb mitnichten weniger aktiv und singt die bittersüßen Lovesongs mit sehr viel Herz und Ausdruckskraft. Es ist kaum zu glauben, dass diese, äußerst agilen Schweden da oben, off Stage kaum die Zähne auseinander bringen. Wehe dem, der sie gar interviewen will. Denn der führt zu 99% einen einseitigen Monolog und erfährt so gut wie eben das, was er sowieso schon weiß über die Brüder.....


Tour Keyboarder ist auch dabei


Aber gut, das steht hier nicht zur Debatte. Fakt ist, dass sich die Stage Dolls hier als, mit Abstand bester Live-Act outen und sie, seit ich sie damals in London live und auch so erlebt habe, nichts verlernt haben. Das hier war wirklich klasse. Und es bleibt nur zu hoffen, dass es bei dem einen Mal hier in Deutschland nicht bleibt... Ein neues Album kommt in Kürze, und hoffentlich wird dieses dann durch viel aktive Live-Arbeit gebührend promotet.... Wir sind schon gespannt....

http://www.stagedolls.com





Viele von uns wissen inzwischen nicht mehr wie wir stehen und liegen sollen, als nach geschlagenen sieben Stunden Live-Aktivität schließlich und endlich die Schweden von Treat zum Appell antreten und das, gerade mal frisch wieder vereinigt.

1983 gegründet, lösten sie sich nach genau 10 Jahren, sechs Alben und 14 Singles am 26.März 1993 auf. Live habe ich sie nur einmal 1992 in Support des selbstbetitelten Albums Treat hier in München gesehen. Allerdings war zu jener Zeit Originalsänger Robert Ernlund schon nicht mehr dabei. Jener hatte sich bereits vorher entschlossen, die Band zu verlassen und lieber als Soundingenieur zu arbeiten und einen Videoshop in Stockholm zu eröffnen. Für ihn sprang damals Mats Leven ein, der ebenfalls kein Unbekannter im Genre ist. Nach der Auflösung ging man fortan getrennte Wege, sei es mit Mental Hippie Blood oder Talisman oder anderen Projekten. Und nach ganzen 13 Jahren war es denn kein Geringerer als Drummer Jamie Borger der den Initiator darstellte, der die Band 2006 wieder zusammen trommelte. Als Neuling kam lediglich Bassist Nalle Påhlsson dazu. Tja, jetzt simma wieder in München, nach ganzen 17 Jahren. Howdy und welcome back... und es ist,…. wie soll ich es nennen, wie in alten Zeiten. Zwar nicht mehr ganz so viel Haarspray und Glitzer Klamotten wie damals, da sich auch die größtenteils blonden Mähnen buchstäblich verdünnisiert haben, aber immer noch – young at Heart... Und das ist schließlich das Wichtigste.... 

Die Show ist eine Rock’n’Roll Party ganz im Stil der guten alten Achtziger. Und Frontmann Bob Ernlund, dem das Bandleben nach so langer Abstinenz wieder so richtig Spaß zu machen scheint, hält sich auch nach wie vor an den Look der glorreichen Glamrock Ära. Hach, ist das schön und der Nostalgiefaktor hoch. Und der Slogan lautet eindeutig ‚Party All Over’, auch wenn unsere 10 Zehen was anderes sprechen, und wir inzwischen schon ganz schön geschlaucht sind nach dem vorher gehenden Konzertmarathon.

Aber Gute Laune Musik putscht bekanntlich auf, also lassen wir uns last but not least mitreißen von Treats skandinavischem Eighties Rock’n’Roll.... let’s boogie Baby.... und jawohl, ja, - ‚ und World Of Promises’ darf natürlich auf keinen Fall fehlen. Bin schon mal gespannt, wie’s weiter geht mit den Jungs.... und was die Zukunft bringt. Der Funke ist auf alle Fälle, wie zuvor bei den Stage Dolls übergesprungen, und der letzte Vertreter innerhalb des Rock Over Munich Paketes hinterlässt denn auch noch einen guten Eindruck.

http://www.treatnews.com/

 

Zum gesegneten Schluss sei noch ein Dankeschön den Veranstaltern
GerMusica & AOR Heaven  gewidmet, die das Ganze mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail aufgezogen haben. Und die, wie ich es schon eingangs erwähnt habe, Künstlern aus der Melodic Rock Zunft eine Gelegenheit gegeben haben, um zu beweisen, dass sie immer noch up to date sind. Außerdem sei den Musikern gedankt, die hinterher noch lange und geduldig Autogramme geschrieben und sich gewundert haben, wie viele Leute es doch noch gibt, die sich ihrer aus einer längst vergangenen Epoche erinnern. Nur eine Band hat sich nicht mehr blicken lassen.... aber alles andere hätte mich auch gewundert.... so mundfaul wie die Stage Dolls sind.... Aber dank der überragenden Show sei ihnen das auch gnädigst verziehen....  Und last but not least sei noch gesagt, im nächsten Jahr zur ca. gleichen Zeit soll es eine Wiederholung von Rock Over Munich geben mit weiteren Acts aus dieser Gangart. Lassen wir uns also überraschen und warten wir’s ab....
http://www.myspace.com/rockovermunich

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(c) Text / Pics & Clips by ebl / Musicmirror