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Jawohl, wenn eine Rockband den Gipfel des Alternativ-Depri-Sounds abschießt, dann ist es mit Sicherheit diese hier. Das habe ich heute in der Münchner Tonhalle erfahren. Kurzfristig verlegt dorthin aus logistischen Gründen, ist dieses Event, zwar nicht komplett ausverkauft, aber trotzdem brechend voll.
Wen wunderts, hat sich diese Truppe doch in letzter Zeit so um einiges rar gemacht hier in Europa. Offiziell wurde diese Tatsache als schöpferische Pause deklariert. Nun, letztere war wiederum bereits letzten Sommer beendet, zumindest intern, als das sechste Album ‚The Illusion Of Progress’, erschien. Leider hat dieses, im Gegensatz zu den früheren Releases keinen ersten Platz in den Billboard Charts erzielen können. Es hat gerade mal zu Pos. 3 gereicht und hier bei uns in Deutschland kam es gar nur bis zur 41. Aber trotz der Pause und irgendwelchen Chartpositionen zehren Staind immer noch, und vor allem vom Album ‚Break The Cycles’ und dem daraus hervorgegangenen Megahit ‚Outside’. Dafür hat man sie weltweit lieben gelernt und sie zur Koryphäe des Post Grunge Sounds erhoben. Staind, das sind aktuell Mike Mushok (Git), Johnny April (Bass), Jon Wysocki (Drums) und selbstredend Mastermind und Frontmann Aaron Lewis, der nebenbei auch eine mehr oder weniger erfolgreiche Solokarriere verfolgt. Im Augenblick liegt allerdings seine Konzentration wieder voll und ganz auf seinem Baby Staind. Und mit dem geigen wir just heute Abend hier in München auf und das ganz ohne nasse Windeln, wenn Ihr versteht was ich meine.

First of all gibt’s ‚Enjoy Destroy’ die wir hier in dieser Stadt schon einmal live erlebt haben.

Und zwar war das vor fast genau einem Jahr als Supportact von Alter Bridge. Erst anschließend erschien das Debütalbum "Little Dreams". Und inzwischen haben wir noch die EP ‚Rifles’ vorliegen. Die Jungrocker aus Großbritannien, genauer gesagt, aus dem schönen Guildford, haben seit dem letzten Mal etwas an Routine dazu gewonnen und geben sich äußerst selbstbewusst da oben. Ihre Stilistik ist moderner Poprock mit starken Alternativ-Anleihen. Aber sie ist eingängig, und beim genauen Zuhören, bleibt durchaus was hängen in unserer Großhirnrinde. Enjoy Destroy machen es genau richtig, indem sie sich auf den Karren eines namhaften Künstlers schmeißen.


so muss Angus Young mit 17 Jahren ausgeschaut haben.

Sie sind noch sehr jung und haben noch sehr viel Zeit. Also versucht man sich erst mal als Anhängsel großer Namen, ein, eben eigenes, Renommee zu erarbeiten, um dann zum individuellen Rundumschlag auszuholen. Die Band schöpft live aus dem Fundus  ihrer Debüt CD und der EP und performt ihre Musik mit all der jugendlichen Sorglosigkeit zu der nur so junge Musiker fähig sind. Und mal abgesehen von den üblichen Defiziten unter denen Supportbands üblicherweise leiden, machen die Engländer ihre Sache schon wirklich recht passabel. Man muss sich lediglich nur mit der Stilistik assoziieren  können, dann ist man mit Enjoy Destroy ganz gut bedient, nach dem Motto: es lebe der Nachwuchs.

http://www.enjoydestroy.com/



Aber die meisten der ca. 2.000 Fans hier, sind nun mal wegen Staind gekommen.

Und alles harrt was da aneiert. Uih, jetzt wird’s etwas schwierig für mich. Denn ich gebs zu, ich konnte mich noch nie so richtig mit diesem Musikstil anfreunden. Aber wie heißt es so schön? Jede Musik hat ihre Daseinsberechtigung. Also versuchen wir das ganze neutral und halbwegs objektiv zu sehen. Fakt ist, - Staind werden überschwenglichst mit Glanz und Gloria von ihren Anhängern hier in München begrüßt. Und jeder Augapfel konzentriert sich vor allem auf Aaron Lewis, dessen Gesicht aber meist im Schatten seiner Baseball Kappe liegt. Aber das spielt wiederum auch keine Rolle, da er während der gesamten Spieldauer fast immer seine Augen geschlossen hält. Stainds Musik windet sich durch melodiöse Hooks, um dann in einem aggressiven Aufschrei umgehend wieder in ein melodramatisches, fast schon morbides Defilee auszufließen. Im Gegensatz zur Musik selbst, passiert auf der Bühne fast schon zu wenig an Action. Nur diverse Lichtspielereien unterstreichen die Performance. Lediglich Gitarrist Mike Mushok  spielt sich in einen wahren Rausch und wirkt zeitweise  fern dieses Erdballs entrückt. Bassist Johnny April (Anm.: fast schon eine visuelle Reinkaranation von Joe Strummer) verschwindet beinahe im Dunstkreis von Sänger Aaron Lewis.

Und wenn wir  Jon Wysocki nicht trommeln hören würden, könnte man im grellen Gegenschein fast schon vergessen, dass er überhaupt präsent ist.

Genau jene Beleuchtung erschwert auch das fotografieren wieder mal außerordentlich. Und wie so oft in letzter Zeit, tummle ich mich einmal mehr allein auf weiter Flur da vorne im Fotograben. Dieser Umstand lässt natürlich wieder mal die Frage offen, ob von Medienseiten etwa zu wenig Interesse besteht. Denn an Popularität mangelt es dieser Band offensichtlich nicht. Einer der etlichen Höhepunkte des Sets, bei dem unser Münchner Publikum mit großem Enthusiasmus mitgeht, ist ein zwischenzeitliches  Akustikset von Aaron, und wie könnte es anders sein, Stainds Paradesong ‚Outside’.


Ganz zum Schluss gibt’s dann einen nochmaligen Solostint von Aaron. Und die Fans danken es ihm mit überschwänglichem Applaus. Fest steht, Staind haben hier in München auf der ganzen Linie gepunktet und sind hervorragend vom zahlreich, erschienen, hiesigen Publikum aufgenommen worden. Ich meine... letztendlich was will das Herz mehr....?! Oder hat da jemand Enwände?
http://www.staind.com/