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Wer von uns erinnert sich nicht noch an die, nicht sehr elegante, Auseinandersetzung zwischen Oasis und einigen Italienern im Nightclub unseres bayerischen Hofs anno 2002. Fazit waren zwei ausgeschlagene Schneidezähne von Liam, eine Nacht im Kittchen und zwei ausgefallene Konzerte. 

Wie groß die Schadensersatzsumme war, die die Band zahlen musste, und an wen, entzieht sich meiner Kenntnis. Inzwischen ist viel Zeit vergangen und noch mehr Skandale sind passiert. Aber ohne letztere, wären die Gallagher Brüder wohl nicht so berühmt-berüchtigt, wie sie eben sind. Mal abgesehen von der Musik, die inzwischen so viele Auszeichnungen erhalten hat, dass sie jeglichen Rahmen sprengen würden, wenn man sie hier aufzählen würde. Aber bei alledem sind es trotzdem genau zwei Songs, die für Oasis allzeit das sogenannte musikalische Aushängeschild bleiben werden. Und das sind ‚Don’t Look Back In Anger’ und ‚Wonderwall’. Mit diesen beiden Tracks steht und fällt die komplette Oasis Philosophie. Ihr letztes Machwerk, ‚Dig Out Your Soul’, erschienen im vergangenen Jahr, selbstredend wieder eine Nummer 1 in Großbritannien, und bei uns immerhin auf Platz 8 gelandet, setzt sich die Story der Prolo-Britpopper fort. Und jetzt sind sie endlich auch in Germany gelandet, um die Scheibe gebührend zu promoten. Die Band besteht zur Zeit, abgesehen von den Gallaghers, aus Andy Bell, der seit 1999 im Boot sitzt, des weiteren Rhythmus Gitarrist Gem Archer, ebenfalls seit 99 dabei und Schlagzeuger Chris Sharrock der im vergangenen Jahr für den scheidenden Zak Starkey eingesprungen war. Sharrock ist übrigens der ehemalige Drummer von Robbie Williams und wird von den Gallagher Brüdern nicht als vollwertiges Bandmitglied angesehen. Zusätzlich ist auf der Bühne noch ein Tour-Keyboarder zu finden, der von Noel Gallagher im Verlauf des Abends als sein Babysitter vorgestellt wird.

Oasis sind Liam & Noel Gallagher

& Liam & Noel sind Oasis und sonst keiner

Wie auch immer, ich bezweifle jedenfalls, dass Oasis bei diesem München Besuch wieder Quartier im Bayerischen Hof bezogen haben. Wahrscheinlich herrscht dort nach wie vor strengstes Hausverbot, in der Angst, dass anderenfalls der gediegen-vornehme Nightclub ein zweites Mal in seine Einzelteile zerlegt werden würde.
Hauptsache unser grausligen Zenith ist seit Wochen absolut ausverkauft, was soviel wie ca. 6.000 Tickets und deren Erwerber bedeutet. Und die kommen heute teilweise zu Fuß anmarschiert, weil unsere Münchner Verkehrsbetriebe just an diesem Tag beschlossen haben, einen Generalstreik anzusetzen. Den hoffnungslos, überfüllten Parkplatz brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen.
Support kommt von den Engländern Glasvegas.

Auch sie frönen dem sogenannten Britpop, wirken aber alles in allem etwas farblos. Und sie spulen ihr Programm ohne Höhen und Tiefen, bzw. Ecken und Kanten runter. Einziger Blickfang ist die Dame am Schlagzeug, die jenes lediglich mit den Händen bedient, nicht aber mit ihren beiden Stampfern. Allein dieser Umstand gibt dem Ganzen eine mehr oder weniger die eintönige Note. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass ohnehin jeder hier nur auf Oasis wartet, und diese Band hier, quasi nur als notwendiges Übel erduldet.
http://www.glasvegas.net

Das Publikum ist ein bunt gemischtes Ensemble aus Oasis Fans der ersten Stunde, ganz jungem Gemüse, dass die Band zum ersten Mal live erleben will, und solche, die aus reiner Neugier gekommen sind. Noch eines muss ich sofort am Rande erwähnen. Dass in unserem Zenith hier ansich schon meist bescheidene Akustikverhältnisse herrschen, ist ja allseits bekannt. Aber so einen verknoteten Soundbrei wie heute, hat man schon lange nicht mehr erlebt.

Die Pause dauert eine Spur zu lange, aber man muss Oasis eines lassen. Gallagher und Co. starten tatsächlich um Punkt 21 Uhr durch da oben, und sie ziehen ihr Ding auch brav und gnadenlos 90 Minuten durch. Letztes muss deshalb betont werden, denn bei diesen beiden Infant Terribles sind solche Dinge nie 100% sicher bzw. garantiert gegeben.  Und es gab in der Vergangenheit schon manch unliebsame Überraschung. Aber anscheinend ist heute Abend gute Laune angesagt, und der Reigen legt los mit ‚Rock’n’Roll Star’, ein
Plädoyer ans eigene Ego, gefolgt von Liams pietätloser Frage: „are there any english people in the audiance“. Ja Herrschaftszeiten, seid Ihr hier, um für deutsche Fans zu spielen, oder hättet Ihr gern, dass auf Eurer kompletten Tour nur Inselbewohner ihre Aufwartung machen? Die Reaktionen sind dementsprechend, - nämlich gar nicht vorhanden.




Abgesehen davon schlagen sich die ersten 25 Reihen gegenseitig die Rübe ein und werden dutzendweise von einer, wahrlich gestressten Security, über die Absperrung gehievt und seitlich wieder in die Menge befördert.


Unser Peter bei der Schwerstarbeit mitten im Gefecht

Liam Gallagher spult inmitten dieses Hexenkessels seinen Spinat mit einer gewissen lasziven Gleichgültigkeit runter nach dem  Motto: leckt mich doch alle am Arsch. Und Bruder Noel steht ihm in Sachen allgemeiner Stage Mimik in nicht viel nach. Liam legt übrigens seinen Tweedmantel während des gesamten Autritts nicht ein einziges Mal ab und das bei Temperaturen knapp unterm Siedepunkt. Heiland Sakra, wie hält der Kerl das nur aus, ohne auch nur eine einzige Schweißperle auf der Stirn zu verschwenden.

Der Zauber wird von einer überdimensionalen Beleuchtungsanlage beeindruckend unterstrichen. Um ehrlich zu sein, mir, und wahrscheinlich so einigen anderen hier auch, wäre eine überdimensionale Soundanlage wesentlich lieber gewesen. Denn gerade hier beweist sich einmal mehr, wie viel durch eine schlechte Akustik kaputt gemacht werden kann. Im Verlauf der Show verkrümelt sich Liam mitunter für zwei bis drei Songs, bei denen dann Noel die Vocals übernimmt. Und streckenweise mehren sich die Bedenken, ob der jüngere Gallagher auch wieder auftaucht. Tut er aber, - alle Achtung. Im Gesamteindruck fehlt mir aber bei dieser Show eindeutig der Pfeffer in der Suppe. Woran es genau liegt, vermag ich nicht zu sagen, könnte mir aber gut vorstellen, dass das Ganze in einem kleineren Venue unter anderen Bedingungen wesentlich besser rüber springen würde. Aber andererseits kommt so was für Oasis auch nicht mehr in Frage.



Das normale Set geht in die Zugabe über und schließt mit dem Beatles Cover ‚I’m The Walrus’ ab. Den Schlusspunkt setzt einmal mehr Liam, der ein glückliches Girl auf die Bühne holt, dieses abbusselt und ihr dann so mir nichts dir nichts das Mikrophon vermacht. Zu bezweifeln ist allerdings, ob die Holde es später auch behalten durfte. Liam und Noel springen mit dem letzten Ton off Stage, hinten raus und in den Bus. Und weg sind sie, dank der, bereits vorsorglich getroffenen Absperrung hinter der Halle, schneller, als der erste Fan die Halle verlässt, ganz im Stil von schillernden Superstars.
Nun, abschließend bleibt nur zu sagen, für die Die Hard Fans war's wahrscheinlich das Ereignis des Jahres, während Leute wie meiner selbst eher die Meinung vertreten: okay einmal hamma sie gesehen, aber nochmal muss nicht unbedingt sein. (Anm. außer es lockt natürlich wieder ein lukrativer Fotoauftrag, versteht sich
))))))
http://www.oasisinet.com/