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Das ist ein typisches Sisters of Mercy Foto

 

"We are a rock'n'roll band and a pop band  and an industrial groove machine.
And intellectual love gods in our spare time.
We make records, sometimes.  -  We play concerts, sometimes. That's All"

So und nicht anders ist die Ansage von Andrew Eldritch, und das seit nunmehr fast 30 Jahren. Denn so lange gibt es die Sisters of Mercy inzwischen. Nun gut, was heißt – Sisters of Mercy? Dieses Pseudonym verkörpert im Prinzip ja nur eben Eldtritch allein und tritt live mit wechselnden Musikern auf. Aber er, bzw. die Sisters sind und bleiben ein Phänomen in Europa. Denn welche Band bringt es zustande, seit nunmehr 1993 kein einziges neues Album mehr veröffentlicht zu haben und trotzdem die Hallen bis zum Bersten zu füllen, wenn sie alle paar Jahre mal zum Live Appell schlagen, - Kultstatus hin oder her....
Ich habe  Eldritch jetzt insgesamt bestimmt schon 5 Mal live erlebt, und mal abgesehen von den fürchterlichsten Konzert-Fotografier-Gegebenheiten überhaupt, gibt’s da noch eine Kuriosität. Und das ist der Umstand, dass  just der größte Hit der Band, nämlich ‚More’ auf keiner Setliste Platz findet. Ich habe mal ein bisserl recherchiert und bin zu dem Ergebnis gekommen: entweder hat sich Sir Andrew selbst geschworen, die Nr. 1 Hymne nie wieder live zu performen, oder ein gewisser Mr. Jim Steinman (Co-Writer des Songs) verbietet ihm schlichtweg jenes Unterfangen. Ganz genau werden wir es wohl nie erfahren. Aber egal, es gibt ja immerhin noch ‚Vision Thing’ und ‚Temple Of Love’. Und ehrlich gestanden, viel mehr Hits hatten die Sisters Of Mercy’ auch nicht innerhalb ihrer bisherigen Karriere. Aber zumindest haben diese einen solchen Kultstatus erzielt, dass sich der große Meister wohl bis zu seinem Ruhestand  keine materiellen Sorgen mehr zu machen braucht. Allein schon vier Tributealben anderer Künstler sind inzwischen erschienen.
Fakt ist, die Sisters of Mercy sind gerade mal wieder einmal zum Leben erwacht für insgesamt vier Konzerte  hier in Germany, und diese sind wieder einmal brechend voll bis ausverkauft. In München ist das die Tonhalle mit schätzungsweise 2.000 Fans, in gediegenem Schwarz gekleidet und vornehm blass geschminkt. Und ich bereue es, nicht meine weiße Jeans und weiße Lederjacke angezogen zu haben. Denn damit wäre ich heute Abend, aber auch schon garantiert aufgefallen.

Den Anfang macht eine Band namens „IlikeTrains“.

Und anscheinend haben die Engländer ihren Namen tatsächlich aus der Tatsache gepachtet, dass deren Mitglieder eine Vorliebe für die Schienenfahrzeuge hegen.
Gegründet 2004 in Leeds haben
Guy Bannister, Alistair Bowis, Simon Fogal und David Martin inzwischen zwei Eps und eine komplettes Album veröffentlicht. Selbst nennen sie ihren Stil ‚Postrock’, was immer man sich darunter vorstellt. Ich empfinde die Performance eher als schwermütige Ode an das eigene Selbstwertgefühl, nach dem Motto, wie geb’ ich mir selbst am besten die Kugel, ohne dass es weh tut. Dementsprechend reagiert das Publikum auf jene Morbid-Arien, nämlich eher gelangweilt. Zumindest lässt es sich herab zum Höflichkeitsapplaus. Ich möchte hier gar nicht bestreiten, dass die Band in ihrer Musikalität schlecht ist, im Gegenteil. Aber mir ist das Ganze etwas zu monoton und, wie soll ich es beschreiben?, - stimmungsbezogen. Aber gut, im Endeffekt hat es jeder Support, der für die Sisters Of Mercy aufgeigt, schwer. Denn das Publikum hier ist zu sehr fixiert auf den Headliner. Und der lässt auf sich warten.
http://www.myspace.com/iliketrains


Eine Bühne ohne Schlagzeug ist ansich schon ungewöhnlich. Und bis ca. 30 Sekunden vor Beginn des Sets der Sisters... ist das auch deutlich ersichtlich.

Alles wartet auf die Dinge, die da kommen sollen und wundert sich, dass bis fast zum Schluss noch klare Sicht herrscht da oben. Denn zur Einnebelung des Ladens bis zur Unkenntlichkeit, wie man das ja von einem Auftritt der Sisters Of Mercy gewöhnt ist, würde es mittels Trockeneisnebel schon so einige Zeit benötigen. Tut es aber nicht, denn dieser Special Effect wird weniger mittels eines solchen Nebels hervorgerufen, als vielmehr rein allein durch Licht. Glaubt es oder nicht. Und wir Fotografen sind wieder mal gefordert bis zum Limit, um auch nur ein gescheites Bild zu ergattern. Außerdem darf nur der dritte und vierte Song geknipst werden, was keiner versteht und auch nicht weiter begründet wird. Und dann ist höchste Konzentration angesagt. Denn auch nur der kleinste Klarsicht-Augenblick muss genützt werden. Gott sei Dank weiß der Kern von uns Bildberichterstatter, nämlich ich und Freund und Kollege Stefan, was da auf uns zukommt. Und so sind wir mit allen Wassern gewaschen und drauf vorbereitet. Aber das sind nicht alle hier.
Anyway, es sollte noch betont werden, dass sich Eldritch stets von dem Stilbegriff Gothic distanziert hat. Das hätten lediglich die Journalisten erfunden, meint er. Aber gerade dank dieser Tatsache befinden sich im Publikum eine, fast schon Überzahl an Grufties, wie man so schön sagt.
Andrew Eldritch, inzwischen kahlköpfig, im schicken Psychodelic Sweatshirt gibt sich wie immer unnahbar. Das heißt, es gibt keine Begrüßung, keine Zwischenansagen und auch keine Verabschiedung. Begleitet wird er durch Chris Catalyst an der Gitarre und Doktor Avanlance am Bass.

Und das is’ es auch schon mit dem Minimalismus. Die Drum-Machine besorgt den Rest. Nur ein einziges Mal traten die Sisters in ihrer Karriere mit einem echten Schlagzeuger auf, und zwar bei einer Playback-Einlage in der Sendung Peters Pop Show im ZDF Anfang der 90er Jahre, nur ums erwähnt zu haben. Eldritsch spult sein Programm routinemäßig runter, so als ob es lediglich gelte, eine lästige Pflicht zu erfüllen. Aber gut, dank der visuellen Verhältnisse erübrigt sich ohnehin jegliche andere optische Action.

Was soll ich noch groß sagen?! Bei den bekannten Tönen, steht die Halle Kopf und feiert einmal mehr eine einzige große Party. Ich glaube da brauchts auch in Zukunft nichts Neues oder Innovatives, sondern nur immer wieder eine verdunstende sichtlose Atmosphäre mit einem Übergott als Kultfigur, (Anm. der übrigens fast akzentfrei deutsch spricht,  was aber wiederum kein Wunder ist.


'Something Fast'

So verbringt der große Meister einen Teil seines Lebens in Hamburg und das seit vielen Jahren. Aber das sei hier nur am Rande bemerkt.
Wie auch immer, der Kultstatus der Sisters Of Mercy hat wieder einmal einen Schubser nach oben bekommen, erfreut sich erneuter Beliebtheit. Und wenn er zwischenzeitlich nicht stirbt, dann lebt Klein Andrew in 20 Jahren immer noch on Stage mit ‚Vision Thing’ und ‚Temple Of Love’.... Nur von ‚More’, will er, aus was immer für Gründen, nichts mehr wissen... Es geht auch ohne... haben wir heute wieder einmal festgestellt... so what? – Und bis zur nächsten Dunstparty......
http://www.thesistersofmercy.com


'Vision Thing'