Scotty beam me up... äh… bzw. zurück ins Goldene Mittelalter mit all
seinen schillernden Fassetten, exotischen
Gestalten und wundersamen Klängen postmoderner Raubritter Kultur.
Postmodern deshalb, denn in unserem Fall hier, vermischt sich altertümliches
mit dem Rhythmus der Moderne zu einem rasanten Cocktail beschwingter
Fusion-Avantgarde.
Dass hier bei uns in Deutschland bereits seit etlichen Jahren ein gesunder
Bedarf an jener Stilistik vorhanden ist, wissen wir alle zur Genüge. Und
ebenfalls bekannt ist der Spruch, wo genügend Nachfrage besteht, wird
auch brav nachgeliefert. Ich für meinen Teil muss an dieser Stelle
gestehen, dass ich mich in diesem Metier nur bis zu einem gewissen Grad
auskenne und auch nicht unbedingt ein Hardcore Fan von Dudelsack Klängen
bin. Aber als Journie sollte man stets offen sein für alles und anderes
und vor allem neues. Und so passiert es denn immer wieder einmal, dass es
mich zu so einem De ja vu’ nach dem Motto: back to the future mit Laute,
Flöte, Trumscheit, Geige, und ich weiß nicht was noch, verschlägt.
Und das gilt nicht nur für die bekanntesten Vertreter aus diesem
Metier wie In Extremo, Schandmaul und dergleichen, wo oft auch ein
Fotoauftrag der Grund für einen Besuch ist, sondern ab und zu auch mal
aus einer Laune heraus, für unbekanntere Acts. Nun nennen wir es mal so,
- für mich unbekanntere Bands. Aber man hat ja gute Bekannte in der Szene
(gell Michi!) die einen mit Tipps und Hinweisen versorgen.
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Zugegeben, ich hätte heute Abend eigentlich bei einem anderweitigen
Konzert wirken sollen, aber dank einiger widrigen Umstände, der Tatsache,
dass die Neugier letztendlich gesiegt hat, und das Spectaculum Mundi keine
5 Autominuten von meiner Haustür entfernt situiert ist, haben mich überredet
hier her zu kommen. Abgesehen
davon freue ich mich auch immer mal, wenn ich sagen kann: diese Band
hab’ ich noch nie live gesehen. Und das kommt wahrlich nicht mehr oft
vor nach einem Vierteljahrhundert in diesem Geschäft.
Beide Vertreter der Mittelalter Avantgarde heute Abend sind keine ganz
unbeschriebenen Blätter mehr im Genre. Die einen kommen aus der
Rosenheimer Ecke, heißen Vroudenspil, (Anm. was im modernen Slang soviel
wie Zeitvertreib bedeutet), sind sehr jung, hübsch
anzuschauen und haben gerade erst angefangen, sich freizuschwimmen in der
Mittelalter Musikschiene. Die anderen, Cumulo Nimbus stammen aus Landsberg
am Lech und fusionieren die Epoche weitgehend mit modernen Rockklängen,
dank zusätzlicher E-Gitarre.
Aber lasst uns der Reihe nach durchstarten und die Pfeile der Kritik
abschießen in dieser Kultstätte, die mit schätzungsweise 150 Freunden
der Dudelsack Muse gefüllt ist. Gleich zu Beginn muss ich den ersten
Giftbogen spannen und zwar in Richtung Lichtmann, der dafür sorgt, dass
unsere Rosenheimer Kücken von Vroudenspil im Blindflug -Bühnen Nirvana
nur noch als schemenhafte Schattierungen zu erahnen sind.
In der Situation wäre jeder Fingerdruck
auf den Auslöser der besten Kamera reine Verschwendung gewesen. Aber
dieses Handycap ist Gott sei Dank in den Griff zu kriegen, weniger
dagegen, der, nicht ganz astreine Sound. Aber gut, da drücken wir ein
Auge zu. Wir sind hier schließlich nicht bei einem routinierten
Perfektions-Unterfangen, bei dem schon mit entsprechenden Erwartungen an
die Sache herangegangen wird, sondern bei einem kleinen lockeren Ständchen
ohne zuviel Tiefgang. Das hier sind ein paar junge Leute, die das Ganze
mit Spaß an der Freude angegangen sind und sehr viel Herz und
Enthusiasmus in ihre Vorführungen legen. Die Routine und Perfektion wird
sich schon noch von allein ergeben im Laufe der Zeit, sofern sie natürlich
durchalten bis in die Puppen und darüber hinaus. Erstmal heißt es
spielen, spielen, spielen was der Dudelsack hergibt. Dominiert wird der
Reigen vor allem von einem Herrn mit dem klangvollen Namen Ratz von der
Planke, der auf der offiziellen Website als Plankenläufer und 50%
Bandtrottel beschrieben wird. Letzteres wahrscheinlich deshalb, weil er
die meiste Arbeit machen darf da oben. Und die macht er gar nicht mal so
schlecht inkl. Saunaaufguss. Der
Rest vom Schützenfest hört auf Petz, Dax, Gomorrah,
Brabantus
und Phyra, im Stenostil aufgezählt. Die ganzen Zusätze sparen wir uns an
dieser Stelle. Sie sind aber der Homepage zu entnehmen, für alle die es
weiter interessiert.

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Zu den einzelnen Liedern selbst will ich
jetzt nicht allzu viel sagen, außer den Tipp geben, hörts Euch mal an.
Es liegt alles im Auge des Betrachters.... äh Zuhörers...
Fakt ist jedenfalls, dass sich da oben eine
bunte Gesellschaft befindet, die drauf aus ist die Welt zu erobern, dies
aber eher locker nehmen und vor allem Spaß an ihrem Tun haben, auch wenn
noch nicht alles perfekt klingt. Aber egal, wir haben noch viel Zeit, sehr
viel Zeit....
http://www.vroudenspil.de/
Cumulo Nimbus haben schon etwas mehr Erfahrung und Praxis.
Trotzdem befremdet mich der Prolog des
Intermezzos etwas, und ich finde in den ersten Minuten nicht ganz den
Zugang. Woran das liegt, weiß ich nicht genau zu sagen. Am ehesten ist es
noch mit einer anfänglichen Zähflüssigkeit zu beschreiben.
Aber das ändert sich spürbar von Minute zu Minute. Fakt ist,
Dornröschen ist denn Gott sei Dank doch
bald mal wach geküsst. Und der Zauber hier entwickelt sich zu
einem amüsanten Tete a Tete mit
der mittelalterlichen Moderne.
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Selbst beschreiben
Erik, Kaeptän Köhler, Pat, Carolynn, Lady Doro und Mathis
ihre Musik als Renaissance Melodien, verstrickt mit dem Mittelalter und
gepaart mit Heavy Metal. Nun, ich finde, am besten macht man sich selbst
ein Bild davon bei einem ihrer Liveauftritte. Das Ganze wird von Frontmann
Mathis Mandjolin angeführt, der mit exzentrischem Charme und schwarzen
Coco Chanel Lippen den Grundtenor bestimmt. Witzig gestaltet sich auch der
Schottenrocktanz von Gitarrist Erik, der sich als Gespenst von Ca... no
sorry, heute vom Spectaculum ganz gut macht, sowohl was die Muse und auch
die Haute Couture betrifft. Ein weiterer Blickfang sind natürlich die
beiden holden Damen, Lady Doro
an der Fidel und Carolynn bläst die Blockflöte. Leider halten sich die
beiden Hübschen viel zu sehr im Hintergrund. Ergänzt wird der Reigen
noch durch Pat am Schlagzeug und Kaeptän Köhler
am Bass.

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Nichts desto trotz, unsere Landsberger Hampelmänner steigern
sich im Verlauf der wundersamen Vorführung zu wahrer Bestform. Wer hätte
das gedacht?! Der Beweis ist
die Tatsache, dass es auch mit nur ca. 100 Hansln möglich ist, eine
Party zu feiern, die sich gewaschen hat. Mal im Ernst, aber es gab
schon so manche Rock’n’Roll Veranstaltung in der Vergangenheit,
die auch mit 1.000 oder mehr Zuschauern nicht diese Stimmung
erzeugten, die gerade hier explodiert. Und zu jener trägt nicht nur das
kleine elitäre Publikum mit bei auf dem Parkett, sondern auch die
Tanzkapelle, die den Scheiterhaufen bereits vorhin mit lieblich-herzzerreißenden
Mittelalterklängen angezündelt haben. Der Feuerteufel tanzt einen wilden
Reigen zur Mondsuchts Polka mit seinem Bruder, und das bis Mitternacht im
spectacumanischen Moor. Nach dem Motto – Komm mit, schwingt Stefanos die
Klöppel und vollführt den englischen Tanz hier im Wirtshaus. Der
Aderlass erfolgt umgehend und fließt in ein imaginäres Blumenmeer.
Abgeschlossen wird der Reigen durch den, vom Publikum gewünschten
Feuertanz.
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Okidok, beim Renaissance’n’Rock’n’Roll wird die
letzte Fackel ausgeblasen. Und zusammenfassend lässt es sich nur kurz so
beschreiben. Was mit einem zögerlichem Funkenflug begann, hat sich in ein
solides und sehr gut-wärmendes Feuerchen entwickelt, das unsere Gemüter
erhitzt hat und zum Ende hin fast nicht mehr zu löschen war. Cimulo
Nimbus sind mit Sicherheit eine Erfahrung wert.
http://www.cumulo-nimbus.de/
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