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Es gibt Konzerte, und ich spreche in diesem Fall von kleinen Clubevents, wo mir wirklich zum weinen zumute ist. Das sind zum einen jene, die so schlecht sind, dass man noch geht, bevor die erste Träne aus dem Augenwinkel rollt. Oder aber es sind solche, die wiederum so gut sind, dass man sich fragt, warum solche brillanten Musiker immer noch in so kleinem Rahmen auftreten. Dabei hätten gerade sie es verdient, von der breiten Masse beachtet und bejubelt zu werden. Aber manchen gelingt es trotz ihrer Qualitäten einfach nicht aus dem Dunstkreis schummriger Clubatmosphäre zu entfliehen. Unser Gitarrenwunder hier ist mittlerweile 39 Jahre alt und begann seine internationale Laufbahn vor fast exakt 10 Jahren mit seinem ersten Album ‚Treat Me Right’. Bis heute sind noch drei weitere CDs erschienen, und Mr. Sardinas hat sich in der Zeit buchstäblich den Arsch aufgetourt, sowohl in seiner Heimat Amerika als auch hierzulande in Europa. Und es war, bzw. ist ihm egal, ob es sich dabei um Winzigclubs, so wie heute hier in München handelt. Es gehört zu den Musikern, die ihr ganzes Herz und die Seele in das legen, was sie da machen, egal ob sie für 100 oder nur für 10 Leute spielen.
Kurz und gut, Sardinas verkörpert die moderne Rekarnation von Robert
Johnson mit ein wenig Hollywood Rock Glamour garniert. Obwohl...
letzteres hat etwas nachgelassen, zumindest vom äußerlichen Aspekt
her. Das Glitzerhemd und den Cowboyhut mit Schlangenschmuck hat er
diesmal zu Hause gelassen. Und seine großflächigen, beeindruckenden
Bodytattooes hält er heute bedeckt von einem einfachen Shirt. Nur die
Lederhose scheint ihm angewachsen zu sein. Aber nicht nur das, sondern
zur Zeit verdeckt auch dichter Bartwuchs den Großteil seines Gesichts
und lässt ihn älter wirken als er ist. Warum er sich letzteren wachsen
hat lassen, lässt sich nur erahnen. Entweder ist das auf den berühmten
Flavour of the month zurück zu führen, oder einfach auf Grund der
Tatsache, dass die Lust zum rasieren während
dieser wochenlangen Tournee abhanden gekommen ist . Aber gut, das sei nur am Rande erwähnt.
Denn letztendlich kommt es darauf nun wirklich nicht an, mal abgesehen
von ein paar Mädels im Publikum, die den, sonst so smarten Eric,
nunmehr gar nicht mehr so attraktiv finden.
Unser kleiner Rockclub Garage ist, gelinde ausgedrückt, bis zum Bersten gefüllt, was schätzungsweise in etwa 150 Individuen bedeutet. Und der Meistro der Slidegitarre legt gegen 20.30 Uhr ohne Supportact los und lässt umgehend die Puppen tanzen. ‚Are we gonna have a party tonight, or what’? ist die anfängliche Frage, die zwar jeder kräftigst bejaht, aber gleichzeitig hilflos um sich blickt, im Bestreben etwas Platz für Bewegung zu finden. Kunststück, und vielmehr ist hier eher Ölsardinenstehen angesagt. Dabei hat man bei Eric Sardinas energiegeladenem Bluesrock das stete Bedürfnis mitzurocken. Seine zwei Babies scheinen auch schon mal bessere Zeiten erlebt zu haben, und eines der Instrumente macht tatsächlich den Anschein, als ob es antiquarischen Wert besäße. Allerdings ist dieser visuelle Aspekt kein Wunder bei der Tortur, die die Beiden bei jedem Auftritt über sich ergehen lassen müssen. Eric schenkt sich und seinen Gitarren nämlich rein gar nichts und bearbeitet diese mit einer Vehemenz und Geschwindigkeit, als ob er heute Nacht noch im Guinessbuch der Rekorde landen will.
Hier spürt man die Leidenschaft und die Liebe zum Blues, die sich sowohl plugged als auch unplugged zur vollen Blüte entfaltet. Auch sein heutiges Liedgut setzt sich hauptsächlich aus Stücken seiner vier CDs zusammen, sei es das schleppende ‚Can’t Be Satisfied’, das hardrockende ‚Down To Whiskey’, das treibende Instrumentalstück ‚Texola’ oder das langsamere ‚As The Crow Flies’, das übrigens, wie noch 3 weitere Stücke, vom neuen Album ‚Big Motor’ stammt. Levell Price bietet zwischendurch noch ein beeindruckendes Bass-Solo, und Bernie Pershey steht ihm seinerseits an den Fellen in nichts nach. Aber dennoch ist und bleibt Mr. Sardinas der Mittelpunkt des Geschehens mit seinem intensiven und unverwechselbarem 6 Saiten Gemetzel.
Und
genau da könnte ich, so wie eingangs erwähnt, tatsächlich heulen.
Heulen deswegen, weil sich so ein begnadeter Musiker nach mehr als einer
Dekade immer noch durch Clubszenen-Atmosphäre kämpfen muss. Dabei
hätte gerade er so viel mehr verdient. Schuld daran ist
letztendlich der Blues, dessen Marktwert leider Gottes im Moment nur ein
Randdasein fristet. Dabei wurde doch aus dieser Stilistik, jede
andere geboren. Aber Gerechtigkeit gabs noch nie auf dieser Welt, und da
macht auch die Musik keine Ausnahme, schon gar nicht in der heutigen
Zeit.
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