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Lange ist es her, dass ich den ehemaligen Gitarristen der Climax Blues Band live on Stage gesehen habe. Genau definiert war es im Dezember 1990 in London bei der Night of the Guitars. Das war fast exakt zwei Jahre, nachdem sich seine Band aufgelöst hat, deren größter, und von Haycock geschriebener, Hit, wohl fast jedermann kennt – „Couldn’t Get It Right’.
Seitdem ist viel Zeit vergangen und dieser Ausnahmemusiker ist sogar nach Deutschland übersiedelt der Liebe wegen. Aber... und das ist der springende Punkt, in den vergangenen 15 Jahren hatte er sämtliche Live Aktivitäten auf Eis gelegt und sich ausschließlich der Studioarbeit gewidmet. Erst im vergangenen Sommer, als er durch puren Zufall in einem Frankfurter Club in den Genuss eines Auftritts von Glen Turner kam, erwachte das alte Feuer wieder. Und es war denn kein Geringerer als Glen, der ebenfalls aus Großbritannien nach Deutschland übersiedelt war, der Pete dazu brachte wieder auf die Bühne zu springen. Gut so, denn es wäre jammerschade, würde so ein Talent wie er, den Rest seines Lebens hinter den 4 Wänden eines Studios verbringen. Eingespielt haben wir uns inzwischen wieder.

Und das Resultat ist bereits als Live Cd erhältlich. Das Ganze nennt sich Pete Haycock & True Blues, feat. Glen Turner. Der Inhalt ist eine Mischung aus Haycock Solokompositionen und gelungenen Coverversionen bekannter Stücke. Und genau das ist es, was wir heute Abend im Village Club in Habach bei Penzberg geboten bekommen. (Anm. für alle Nicht-Bayern: der bekannte Musikclub liegt auf dem Weg nach Garmisch/ Bayern, - von München gerade mal eine gute halbe bis dreiviertel Autostunde entfernt.) Eine kleine, aber feine Location, in der sich schon so manche Größe aus Rock, Blues, Jazz und Worldmusic die Klinke in die Hand gegeben hat.) Es ist wieder einmal ein Wochentag, einer jener, wo Otto Normalverbraucher in der Regel nicht aus dem Haus geht, weil er morgens früh aus den Federn muss zwecks Brötchen verdienen. Demzufolge zählen wir hier nur in etwa 40 verlorene Seelen, die schon mal ein Hang Over in Kauf nehmen, um ein gutes Konzert zu erleben. Und das, liebe Leute tun wir auch allesamt hier.  Kurios ist, dass es zum Großteil Glen Turner ist, der den Fokus des Intermezzos darstellt. Zwar sitzend, aus was immer für welchen Gründen, aber dafür brillant in seiner Darbietung, sowohl an der Gitarre, als auch beim übernehmen der Leadvocals für den größten Teil des Sets. Und mit einem impulsiven Auftakt anhand der Doors Nummer ‚Roadhouse Blues’ steigt das Quartet in eine zweistündige Reise in die Vergangenheit ein, die sich in Form verschiedenster Perlen aus der Bluesrock und Rock’n’Roll History zusammen setzt. Zeitenweise übernimmt auch der Bassist (bitte fragt mich nicht nach dem Namen. Ich weiß nur, dass er aus Stuttgart kommt – aber ich bin dankbar für jeden Hinweis) - den Gesangspart.

Haycock selbst wirft zunehmend seine Soli an den sechs Saiten ein und zeigt eindeutig, dass er mit seinen, inzwischen 58 Jahren immer noch ein hervorragender Gitarrist ist. Und er unterhält die kleine Zuhörerschaft mit amüsanten Anekdoten.


'Die Story von der wieder gefundenen Gitarre'

Das Set selbst ist durch eine, ca. halbstündige Pause unterbrochen und sorgt dank seiner Vielseitigkeit für viel Abwechslung und keinesfalls für etwaige Langeweile.
Wie ich schon des öfteren erlebt und dann betont habe, ist mir immer wieder zum Weinen zumute, wenn ich solchen Klassemusikern über den Weg laufe, die dann vor so wenigen Zuschauern spielen müssen. Aber das liegt mitnichten in erster Linie an der Location oder am Termin, sondern lediglich am Mangel an entsprechender Promotion des Künstlers selbst, den das jüngere Fanklientel nicht mehr kennt, wohl aber die ältere Generation, die mit Bands wie der Climax Bluesband aufgewachsen sind.

Eine Frage meinerseits bleibt allerdings unbeantwortet. Warum spielt Pete seinen größten Hit nicht mehr – ‚Couldn’t Get It Right’. Die Rechte dürften auf alle Fälle bei ihm liegen. Aber genauso wie dieses Stück fehlt, fehlen auch jegliche andere Stücke dieser Band. Vielleicht will er nur nicht mehr mit der Vergangenheit konfrontiert werden, wer weiß.

Auf alle Fälle hat sich der Trip nach Habach ins Village wieder mal voll ausgezahlt. Und ich fahre weit nach Mitternacht mit dem Gefühl nach Hause, dort wieder einmal ein sehr gutes musikalisches Gustostück erlebt zu haben. Und ich glaube, ich bin da nicht die einzige die von diesem Gefühl beherrscht wird..
Und last but not least hoffe ich, dass Pete  Haycock wieder voll und ganz den Anschluss findet, und sein Name auch einer breiteren Masse wieder ein Begriff wird. Verdient hat er’s allemal.
http://www.petehaycock.com/



PS: Und als kleiner Tipp an alle südbayerischen Musikliebhaber sei das Village noch mal herzlichst empfohlen.
http://www.village-habach.de/