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... Hätt ich gar nicht gedacht, dass es die Kieler Band Smoke Blow tatsächlich schon seit 12 Jahren gibt. Die sind irgendwie an mir unbemerkt vorbeigegangen, dank ihres bisherigen Underground Status. Nun, was soll’s, was noch nicht war, wird jetzt schleunigst nachgeholt.  Bisheriges Fazit sind acht Alben, wovon die ersten zwei Longplayer lediglich in den USA als MCs auf dem Markt erschienen sind.
Einige von Euch dürften die Band denn auch im im vergangenen Jahr als Support der Toten Hosen auf deren ‚Mach Mal Lauter’ Tour, kennen gelernt haben. Aber es ist, wie ich schon oft zitiert habe, natürlich immer etwas anderes, einen Künstler als Support mit verkürzter Spielzeit in einem Riesenvenue live zu sehen, als so wie hier und jetzt im kleinen Rahmen unseren Backstage Clubs. Die Zuschauerzahl dürfte sich so um die 100 bewegen, grob geschätzt. Und in ihrer Headliner Funktion werden Smoke Blow diesmal von der, ebenfalls aus Kiel stammenden, Formation Tackleberry begleitet.

Die haben gerade ihr neues Album namens ‚Reinventing Appetite For Destruction’ am Start. Übrigens ihren Namen haben die Brüder anscheinend aus dem Film ‚Men In Black’ abgekupfert. Zumindest ist es ein Name, den man sich merkt, dank seiner Ulkigkeit. Die kleine Bühne hier ist unserem Figaro namens Hammer jedenfalls eindeutig zu klein. Und so macht er sich den zögerlichen Publikumsandrang nach vorne, zum Eigennutze und bemächtigt sich des Raumes vor der Bühne, wo er wie ein nervöser Tiger im Käfig seine Runden hin und her zieht, während er sein postaggressive Message auf die Fans los lässt. Er vergisst auch nicht, ordentlich über gewisse Einrichtungen her zu ziehen zwischen den einzelnenStücken, was dann so weit geht, dass einer im Publikum rein brüllt: „red’ nicht so viel, sonder spiel’ lieber“. Ich glaube, an dem Punkt hätte nicht mehr viel zu einer handfesten Prügelei gefehlt. Gott sei Dank ist jene dann aber doch ausgeblieben. Und es werden lediglich noch die Flippers (Gott hab’ sie selig) über den Tisch gezogen und damit auch die etwas betagtere Generation. Gott sei Dank gibt es hier drinnen nicht allzu viele, die sich davon angesprochen fühlen, außer meiner selbst vielleicht. Na ja, zumindest was das Alter betrifft J)) Obwohl, ums gleich richtig zu stellen, ganz so alt wie die Flippers inzwischen sind, bin ich dann auch wieder nicht.
Am Rande möchte ich wieder mal eine, so gut wie nicht vorhandene, Beleuchtung erwähnen, die mich diesmal zur unfreiwilligen Benutzung eines Blitzlichtes gezwungen hat beim fotografieren. Gott sei Dank gab's diesbezüglich keine Restriktionen. (Anm. Die gefilmten Clips sind von mir nachträglich aufgehellt worden, sonst würde man nur eine schemenhafte Bewegung erkennen).

Nun gut, ums kurz zu machen, Tackleberry machen knallharten, wütenden Metalcore, der aber trotzdem stark vom Punk beeinflusst ist und somit mitunter klare Melodienstrukturen aufweist. Aufhören lassen einen die Songs dieser Band allemal, aber es muss noch so einiges passieren denke ich, inklusiver der passenden Präsentation, um den richtigen Knopf gedrückt zu bekommen. Wenn Ihr versteht was ich meine. Aber sie sind eine junge Band mit einem jungen Publikum. Ergo man hat noch alle Zeit der Welt, um sich eigenständig zu profilieren, sofern man nicht vorher schon getrennte Wege geht. Letzteres ist ja nichts ungewöhnliches in der heutigen Zeit.

http://www.myspace.com/tackleberryhc



Smoke Blow hingegen fackeln auch nicht lange und bringen die Bude zum wackeln, und das mit gleich zwei Sängern mit den fantasievollen Namen Jack Letten und MC Straßenköter.


ausnahmsweise ein Bild ohne Blitzlicht, nur zum Vergleich

Nun, gerade letzterer Titel dürfte eher Geschmackssache sein, aber darauf kommt’s letztendlich nicht an. Ihre bislang 12jährige Existenz spiegelt sich in Smoke Blows selbstbewusster Performance wider. Und auch hier spielt sich irgendwann mehr mitten im Publikum ab, als wie oben auf der Bühne. Auch  ist der Club inzwischen deutlich voller geworden, und der Platz da unten zwischen all den Moshern ist ziemlich begrenzt, um sich als Frontmann auszutoben. Aber irgendwie geht alles, wenn man nur will. Ihren Sound bezeichnen die Kieler selbst als Noise, Doom, Stonerrock, Punkrock und Hardcore Gemisch, wobei ich das nicht wirklich zu differenzieren vermag. Deshalb überlasse ich das auch jedem selbst und seinem eigenen Geschmack. Ich muss gestehen, auch wenn ich mir anfangs nicht allzu viel erwartet habe, so bin ich doch im Endeffekt angenehm überrascht. Denn die Musik ist zwar ultrahart und kompromisslos, aber sie besitzt trotzdem eine Art Ohrwurm Effekt, etwas das definitiv im Mittelohr kleben bleibt. Und ein amüsantes Schauspiel ist es obendrein, wobei es für ausschweifendes Stage Diving eindeutig zu eng ist.

Der Vollständigkeit sei noch erwähnt, dass unsere beiden Sänger zudem noch von Kentucky an der Gitarre, Gerrard, The J.R.,  ebenfalls an den sechs Seiten, Greiff Hellhammer am Bass und Fabrizio sitzt hinterm Schlagzeug, begleitet werden. 


Hier dampft jedenfalls buchstäblich die Hütte, wo der Schweiß in Strömen fließt, um umgehend wieder in der räumlichen Hitze unseres Wohnzimmers zu verpuffen. Und der Großteil der Fans schließt sich der physischen Verausgabung an in Form eines kleinen aber feinen Moshpits. Eines steht fest, der heutige, junge Metal wird nicht mehr von, fast schon antik anmutenden, langhaarigen Kuttenträgern beherrscht, deren Bewegungsradius sich allemal auf ein ausgiebiges Kopfschütteln beschränkt, sondern von Youngsters, die mit bravem Kurzhaarschnitt, und allerhöchstens einem Logo-Shirt am Leib, ein Venue innerhalb von Sekunden in einen Hexenkessel verwandeln, im dem unmittelbare Verletzungsgefahr besteht.

Ich bin mir jedenfalls sicher, sofern sie nicht vorher das Handtuch schmeißen, dann werden wir von Smoke Blow noch so einiges zu hören bekommen in der Zukunft. Denn sie sind ja gerade erst mal aus dem Schatten des Undergrounds entwichen. Und ich könnte mir auch gut vorstellen, dass sie ihren Namen noch weiter etablieren und somit auch einer breiteren Masse nahe bringen. In der Zwischenzeit heißt es halt – touren, touren und nochmals touren bis der Allerwerteste wund gescheuert ist. Genauso, wie das nun mal so ist im Rock’n’Roll Life, wenn man zu etwas kommen will. Und das wollen wir ja schließlich alle... inklusive eines kleines Quäntchens Glück. Denn ohne jenes hilft der Rest auch nicht wirklich....

http://www.smokeblow.de/