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2002 war Cindy Blackman das letzte Mal in München, ebenfalls im Nightclub des Hotels Bayerischer Hof. Und der einzige Unterschied zu damals und heute ist der Umstand, dass sie inzwischen die Schlagstöcke bei der Lenny Kravitz Band zur Seite gelegt hat, um sich nunmehr vorwiegend ihrer Solokarriere zu widmen. Denn bei aller Flexibilität  für sämtliche Musikrichtungen, ist es doch der Jazz, an dem ihr ganzes Herz hängt.  Nur hin und wieder springt sie noch sporadisch  bei Kravitz ein.

Die, inzwischen 49jährige Ausnahmeschlagzeugerin hat in der Vergangenheit mit so namhaften Künstlern wie Pharoah Sanders, Ron Carter, Sam Rivers, Cassandra Wilson, Angela Bofill, Buckethead, Bill Laswell und Joe Henderson gearbeitet. Tony Williams hingegen bezeichnet sie als ihre größte Beeinflussung. Im Laufe der Jahre hat sich Cindy Blackman einen soliden Namen im Genre erarbeitet, und alle Liebhaber qualitativ hochwertiger Jazzmusik wissen sofort, von wem hier die Rede ist
Fakt ist, die Dame ist eine wahre Rarität. Denn gerade im Jazz gibt es kaum weibliche Vertreter an einem Drumkit.
Wie auch immer, heute Abend ist sie und ihre Truppe wieder einmal im vornehm-gemütlichen Nightclub vom Bayerischen Hof zu Gast.(Anm. das Hotel, in dem momentan auch Metallica logieren, und die heute Abend zeitgleich in der Olympiahalle auftreten).  Und das Publikum besteht keinesfalls nur aus Hausgästen, die hier zufällig rein geschneit gekommen sind, sondern auch aus Kennern der Szene, die schon lange darauf gewartet haben, dass endlich wieder einmal der Name Cindy Blackman auf der Programmliste steht.
Punkt halb 10 Uhr geht es los mit dem ersten von zwei ca. 50minütigen Sets, unterbrochen durch eine etwa viertelstündige Pause. Übrigens ist Mrs. Blackman nicht allein da oben. Ihr zur Seite stehen first of all: Vernon Reid (Living Colour) ein brillanter und sehr bekannter Gitarrist, der das Talent besitzt, sich vom wilden Rocker umgehend in einen filigranen Fusion Frickler zu verwandeln. Am Bass ein nicht weniger bekannter Mann, nämlich Steve Jenkins. Und die zweite Gitarre bedient ein Herr aus New York namens Aurelin Budynek. Dieser war u.a. längere Zeit Mitglied der Paul Simon Band. Mit diesen Musikern hat Cindy ein kongeniales Power Quartet generiert, das den Nightclub aus den Angeln hebt.
Erwähnen muss ich noch, dass ich diesmal keine Profikamera  dabei habe,  und nur mit einer kleinen Compakt Cam diese, hier vorhandenen schummrigen Eindrücke im Bild festgehalten habe.

Nun, bekanntlich stehen Schlagzeuger nicht unbedingt im Vordergrund einer Performance auf einer Bühne. Aber die, höchstens 1,55 m große Drummerin ist ein so derartiges Kraftpaket, dass einem schier das 6 Euro teure Pils in der Kehle verdunstet, wenn man sie bei ihrem Tun beobachtet. Selbst sagt sie, dass ihre Power daher rühre, dass sie aktiv Kampfsport betreibe und sich rein organisch ernähre, weniger aber durch extensives spielen. Letzteres komme dann ganz von alleine und automatisch, meint sie des weiteren. Und ist es anfangs noch Vernon Reid, der die Vorreiterstellung an den sechs Saiten für sich beansprucht, so zeigt sein Gegenpol Aurelin Budynek im zweiten Set erst so richtig, was er drauf hat. Von Bassist Jenkins ganz zu schweigen, der in mehreren Basssoli zeigt, wo der Pfeffer gestreut wird. Das Programm von Cindy Blackman ist zwar zu, ich würde mal sagen, 80 Prozent auf Fusionjazz aufgebaut. Aber es ist, wie vorher ansatzweise schon erwähnt, gerade Vernon Reid, der immer wieder zwischendurch mal ein bluesiges Rock’n’Roll Riff durchsickern lässt. Mitunter gibt’s sogar noch einige Vocals von Mr.Reid.

Fest steht, auch wenn Cindys Name Programm ist, so ist dies hier doch eher eine Gruppen Performance, wo jeder zeigt was er drauf hat und weniger ein Alleingang der Künstlerin.
Zugegeben, man muss diese Musik mögen und sie vor allem verstehen, um daran Freude zu haben. Aber wenn man erst einmal den Zugang dazu hat, und das tun die meisten, der Gäste hier, dann kommt man rasch zu der Feststellung, dass das hier ganz großes Können ist, Und wenn jenes dann auch noch mit viel Freude am Spielen vorgetragen wird, dann könnte es perfekter gar nicht sein.


Well done, kann ich nur sagen, und es ist Mrs. Blackman nur zu wünschen, dass ihr Name der breiten Masse noch ein größerer Begriff wird.
Und wie sie sich als Frau in diesem Job verteidigt, begründet sie so:
“In terms of my goals, me being a female drummer has nothing to with anything except for the fact that I wear bras and panties and guys don't”
http://www.cindyblackman.com