442



Ja bist du deppert, wie der Bayer sagen würde..... Alles hätt’ ich mir jetzt erwartet, aber keinen braven Bilanz Buchhalter aus dem örtlichen Finanzamt, oder sollte ich eher sagen – eine Mischung aus Kiefer Sutherland meets Al Capone, und das auch noch mit mindestens 25 kg Gewichtsverlust seit dem letzten Mal. Ein Hoch den Weight Watchers – alle Achtung. Wenn man sich noch an den letzten Einstand von Herrn Bonamassa erinnert, dann hat man nunmehr den Eindruck, da oben steht eine ganz andere Person.

Erst wenn er beginnt seine 6 Saiten (in diesem Fall sind es anfangs sogar 12 Strings) zu bearbeiten, dann merkt man spätestens, nein, das is’ er immer noch, das Wunderkind aus Utica, NY, das im Jahr 2000, mit gerade mal 23 Jahren die Blueswelt von sich zu begeistern vermochte. Von da an und dem Debütalbum ‚A New Day Yesterday’ ging es steil nach oben. Und bis heute folgten noch weitere 6 CDs, wobei das jüngste Werk ‚The Ballad Of John Henry’ gerade erst erschienen ist. Inzwischen ist Joe 32 Jahre, und immer noch jung. Und abgesehen von dieser visuellen 180 Grad Veränderung, hat sich seine Selbstsicherheit da oben noch um etliche Nuancen mehr gefestigt. Ach ja, und eine andere Band als damals, hat er obendrein mitgebracht, eine, die sich um einen Mann vergrößert hat. Kurz vorgestellt sind das  Carmine Rojas am E-Bass, Keyboarder Rick Melick  und Bogie Bowles am Schlagzeug.

Aber es ist natürlich Joe selbst, der im konstanten Mittelpunkt steht und uns wieder einmal zeigt, was für ein brillanter Weltklasse Gitarrist er ist. Und wenn wir schon beim Vergleich zur letzten Tour sind, dann seien noch einige Dinge erwähnt, die sich maßgeblich verändert haben. Kurz und gut, - er fidelt nicht mehr so viel. Sprich aus den nonstop halbstündigen Saiten Orgien, die Otto Normalverbraucher im Kopf kaum aushält, sind solide Soli von einer maximalen Länge von ca. 5 – 8 Minuten geworden. Auch die Stimme ist deutlich gereift, und Joe zeigt auch ohne Gesangs-Mikrophon, dass er tatsächlich Kraft und Ausdruck in der Goldkehle sitzen hat. Die vorhin erwähnte Souveränität sticht in den vermehrten Ansagen zwischen den Stücken hervor.


„The Ballad Of John Henry“ eröffnet den Reigen  mit der Frage: „Who Killed John Henry?“ Ein schleppender Song mit kantigem Arrangement, druckvollen Soli und interessant gesetzten Keyboard Passagen und eben der 12 Strings, die er später dann nicht mehr benützt. Dieser Einstand setzt sich mit einer weiteren Nummer vom neuen Album namens ‚Last Kiss’ fort. Auch hier ist es vor allem die Intensität, die jedermanns Aufmerksamkeit fesselt. Es folgt ‚So Many Roads’ und ‚Mountain Time. Letzteres Stück  ist auf dem Album ‚So It`s Like That’ enthalten und entwickelt dank eines fast schon atmosphärisch-angehauchten Gitarrenepos ein exzentrisches Eigenleben mit dem Potential ein Klassiker für edelste Gitarren-Akustik zu sein. Und so setzt sich der Reigen fort mit dem Höhepunkt einer 10minütigen akustischen Solo-Performance da oben namens ‚Woke Up Dreaming’, die ihresgleichen sucht.

Mehrmal bedankt sich Joe beim Münchner Publikum, das übrigens sehr zahlreich erschienen ist. Unsere Muffathalle ist fast ausverkauft. Und er lässt nicht aus, wie stolz er ist, kürzlich zusammen mit Eric Clapton auf einer Bühne in der Royal Albert Hall in London gestanden zu haben. Seine Ehrfurcht gegenüber Mr. Slowhand ist offensichtlich. Eine weitere Veränderung im gegenwärtigen Set ist eine deutlich härtere Gangart als früher. Stand Bonamassa vormals für Blues only, so hat der Rockanteil jetzt um ein vielfaches zugelegt. Steht ihm zugegebenermaßen nicht schlecht. Und es macht die Performance zu einem wirklich abwechslungsreichen Trip in die Fusion Verquickung zweier musikalischer Urstilistiken.
Nach 2 Stunden Blues Rock inklusiver einer Zugabe ist Feierabend. Und als Fazit bleibt nur noch zu sagen: die Zeiten des B.B. King Supports und die Phase als Nachwuchskünstler hat unser bluesorientierter Rock’n’Roll Finanzbuchhalter endgültig hinter sich gelassen. Und man kann ohne Übertreibung behaupten, dass Joe Bonamassa zu den besten und wandelbarsten Bluesrock Gitarristen der heutigen Zeit zählt.

Wandelbar u.a. auch, weil er später dann, lange nach diesem Auftritt hier, auf einmal gar nicht mehr wie Al Capone vom Wirtschaftsamt wirkt, sondern wieder ganz, ganz jung, so als ob er gerade mal volljährig geworden wäre, aber das wiederum mit einem gewaltigen Schalk im Nacken. Siehe hier
http://www.jbonamassa.com/