So jetzt wirds etwas kompliziert. Denn das hier sind nicht die Original
Earth Wind & Fire, sondern, wie man es oft und gern bezeichnet, eine
Splittergroup, die von einem ehemaligen Mitglied der legendären
Soulband ins Leben gerufen wurde. Dabei handelt es sich um Al McKay, der
von 1973 bis 1981 bei Earth, Wind & Fire war und zusammen mit
Maurice White deren bekannteste Hits, wie ‚September’ und ‚Singa
Song’ geschrieben hatte. Nach seiner „Earth, Wind and Fire“- Zeit
widmete er sich als alleinerziehender Vater ganz seinem Sohn.
Zu Beginn der 1990er
Jahre hatte er die Idee zu einem neuen Live-Projekt den „L. A.
All-Stars“ und den „Al McKay All-Stars“. Dazu holte er viele der
alten Mitstreiter ins Studio und auf die Bühne, wie Andrew Woolfolk
(Saxophon), Johnny Graham (Gitarre), Fred White (Schlagzeug) und die
Phoenix Horns.
Heute nennt Mr.McKay, der mittlerweile 61 Jahre jung ist, seine Band
Version schlicht und ergreifend Earth Wind & Fire Experience und
tourt fröhlich durch die Weltgeschichte. (Anm. dazu sagen sollte man
vielleicht, dass auch bei der Orig. Band nur noch zwei Urmitglieder mit
von der Partie sind.) -
Wie auch immer, heute Abend haben wir sie hier beim Tollwood Festival.
Und trotz des hohen Nostalgiefaktors und Soul Aspekts haben sich nur
etwa 300 Zuschauer eingefunden, vielleicht einmal mehr wegen der absolut
katastrophalen Wetterlage, die uns im Augenblick fest im Griff hat.
Vorher geigt aber noch Soullegende Solomon Burke auf.
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Und für jeden von
Euch, der jetzt fragt wer das ist, sage bzw. singe ich nur: „Everybody
Needs Somebody To Love“... und diesen Song kennen wir alle aus dem
legendären Blues Brothers Movie, - geschrieben und komponiert von eben
Solomon Burke. Der gute Mann ist auch schon 69 Jahre alt, hat 21 Kinder
und ist sogar schon Urgroßvater. Seit 1962 ist er musikalisch unterwegs
und hat satte 34 Alben in seinem Backkatalog stehen. ‚Like A Fire’
heißt die neueste Scheibe aus dem vergangenen Jahr, auf dem auch Eric
Clapton mit beigesteuert hat. Burke war das Vorbild für Mick Jagger,
Tom Jones und Rod Stewart. Und er ist in der Tat ein ausgezeichneter Sänger,
allerdings unter dem Aspekt, dass er fast bewegungsunfähig auf einem
opulenten Thron mittig platziert, sein Gastspiel abliefert. Ob letzterer
Umstand mit seinem ungeheuren Körperumfang zu tun hat, oder
krankheitsbedingt begründet ist, kann ich leider nicht sagen. Aber ich
vermute mal dass ersteres mit Schuld daran ist.
Bevor er aber noch von helfenden Händen auf seinen Thron gesetzt wird,
hat der blinde Rudy Copeland bereits seinen Platz an der Orgel
eingenommen und schlägt die Tasten zu einer Solo-Version von “Amazing
Grace” an, um dann ans Electric Piano zu wechseln und mit den
restlichen Musikern zu einem opulenten ‚What I’d Say’ anzustimmen.
Augen zu, und fast glaubt man, dass Ray Charles persönlich da oben auf
der Bühne fungiert. Gitarrist Sam Mayfield, der bereits seit 1973 in
Burkes Band ist, setzt zum ausschweifenden Solo an. Als Burke auf die Bühne
kommt wird das so geschickt gemacht, dass man effektiv nicht sieht, wie
er in seinen Thron gehievt wird. Die beiden Backgroundsängerinnen –
Tochter und Enkelin, bemuttern ihn nonstop, tupfen den Schweiß ab und
reichen die Getränke.
Ein Medley
aus “If You Need Me”, “Tonight’s The Night”, “He’ll Have
To Go” und “I Can’t Stop Loving You”, lässt einen geistig in
die Vergangenheit ausschweifen. Und den Song “I Can’t Stop Loving
You” kennen wir doch alle, oder?!
Den Abschluss des überlangen Sets macht Louis Armstrongs ‚What
A Wonderful World’ und wie sollte es anders sein.....sein größter
Welterfolg: ‚Everybody Needs Somebody.....“ Und genauso wie zu
Beginn des Gastspiels, wird auch der Abgang des letzten großen Meisters
des Souls erfolgreich vertuscht, dank zwischenzeitlicher Dunkelheit on
Stage.
Es lebe die Nostalgie, kann man hier nur sagen, und vor allem aber der
Soul...
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http://www.thekingsolomonburke.com/
Aber jetzt nehmen die Probleme ihren Lauf. Denn durch das extensive Überziehen
des Sets von Burke, (dessen Spielzeit betrug mehr als 90 Minuten) kommen
Earth Wind & Fire Experience schlicht und ergreifend viel zu kurz.
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Punkt 21 Uhr geht’s
los, und das bedeutet, sie haben gerade mal knappe 60 Minuten, um ihre
Show abzuziehen. Sieben der erfolgreichsten Alben von „Earth, Wind
& Fire“ hat Al McCay dazu als Koproduzent aufgenommen. McCay
erhielt dafür insgesamt 5 Grammy Award Auszeichnungen verliehen. Ein
triftiger Grund, diese Songs wieder und immer wieder zu neuem Leben live
on Stage zu erwecken. Ich nenne hier noch Meilensteine wie „Shining
Star“, „Fantasy“, „After The Love Has Gone“ oder eben
“September”. McKay hat 13 der besten Live- und Studiomusiker der
US-Funk`n Soul Szene um sich geschart, um das richtige Feeling von
damals möglichst orginalgetreu wieder zu geben. Die drei Frontmänner Claude Woods, Tim Owens und Devere Duckett heizen
die richtige Groove Mischung an.
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Abgesehen davon
gibt’s noch Zwei Keyboards,
Percussion, Schlagzeug, Gitarre, Bass, Alt-Saxofon und zwei Trompeten,
die für den richtigen Rhythmus sorgen. Ich entdecke während des
Photoshoots im Graben vorne, drei
Teleprompter, dezent versteckt in den Monitorboxen. Man kann davon
halten was man will, aber es ist zumindest ein Indiz dafür, dass hier
live gesungen wird und nicht per Playback... Denn wozu sonst sollte die
Text-Stütze sonst benötigt werden. Saxofonist Ed Wynne liegt im
ausgewogenen musikalischen Dialog mit Tim Owens und Michael Harris
(Trompete) entpuppt sich als
brillanter
Bläser der legendären "The Phoenix Horns.
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Die Stimmung ist gut und die 300 Schäflein hier schwingen das Tanzbein
zu den Soulklassikern. Und es hätte so schön sein können. Ist es ja
auch, aber eben nur bis Schlag 22 Uhr. Und trotz lautstarken Protesten
seitens des Publikums, eine Band auf der Bühne, die sich mindestens ein
Dutzend Mal entschuldigt für eine Auflage, die lediglich unseren Stadtvätern
zu verdanken ist. „It’s
Not Our Fault“ heißt es da, „we would love to play more“... Aber
es nützt alles nichts. Der Laden muss dicht gemacht werden.
Die Band verschenkt demzufolge, und um ihren guten Willen zu zeigen,
etliche CDs ans Publikum und kommt auch noch raus, um Autogramme zu
schreiben. Wem man jetzt den schwarzen Peter für diesen kurzen Zauber
zuschieben soll, sei dahin gestellt, - entweder einem Solomone Burke,
der heillos überzogen hat, oder den örtlichen Verantwortlichen die
nicht rechtzeitig durchgegriffen haben, damit das Curfew eingehalten
wird. – Zumindest musikalisch war die ganze Veranstaltung ein
Ohrenschmaus für alle Freunde des klassischen Souls. Mehr gibt’s dazu
nicht zu sagen.......
http://www.almckay.com/ |