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... Also ich hab ja schon viel gesehen in den letzten 25 Jahren in Bezug auf Liveauftritte diverser Musiker. Aber selten habe ich erlebt, dass ein Haufen von Halbinvaliden da oben trotzdem noch so ein Donnerwetter los lassen, dass die Erde fast mit der Venus kollidiert, und einen Sänger, der 90 Minuten lang fast nonstop seine Bierflasche umklammert, als sei diese der letzte Strohhalm vor dem untergehen mit der Titanic.
Abgesehen davon ist die Devise wieder mal – rette sich wer kann. Denn sonst wirst du gnadenlos gelyncht, zumindest was die vorderste Artillerie betrifft, die gnadenlos zum Angriff auf jegliche umhergeisternde Eingeweide bläst. Das hier ist nämlich Punk pur in seiner reinsten Form, sehr englisch, äußerst britisch mit schottischem Timbre, aber dennoch, glaubt es, oder glaubt es nicht... ist aber so, - beheimatet im schönen Vancouver in British Columbia, Kanada. Es sind die Gene und die Wurzeln von Sänger Paul McKenzie, die auf das United Kingdom zurück zielen. Aber nicht, dass Ihr jetzt denkt, der Bandname rührt von Paulemanns Nachnamen her. Dem ist nämlich mitnichten so. Um der Richtigkeit willens und zur allgemeinen Aufklärung sei erklärt, dass McKenzie auch eine schottische Scotch-Whiskey Marke ist, und zwar so ziemlich der billigste Fusel, den es überhaupt zu kaufen gibt. Und ergo, das ist denn auch der Namensgeber der Band. 

Geben tut’s den verrückten Clan bereits seit 1992, und  6 Studioalben und 1 Livescheibe zieren dessen Lebenslauf. Trotzdem haben sich die Pseudo-Schotten nie von ihrem Underground-Status lösen können. Fazit ist: die Real McKenzies sind sechs Mal durch Nordamerika getourt und bis dato fünf mal durch Europa, wo sie ein großes Publikum angezogen haben, dank Supportslots für Rancid, Shane MacGowan, Flogging Molly, The Bay City Rollers, The Briefs und vielen anderen. Das Jahr 2003 war für die 'Kenzies ein Höhepunkt. Sie spielten über 30 ausverkaufte Shows auf der North American Fat Tour. Wenn sie sich in Europa auf einer Solotour befinden, dann herrscht aber großteils immer noch Clubatmosphäre mit Zuschauerzahlen, die sich um die maximal 200, zum Großteil Punkfreaks, bewegen.
In München passiert das Gebet wieder im Rahmen der Free & Easy Festival Wochen des Backstage Geländes, was im Klartext, um mich zu wiederholen, bedeutet: Eintritt umsonst, späte Auftrittszeiten, Getränkekonsum hoch. Dafür herrscht überall Partystimmung, und das auch noch bei herrlichstem Wetter.


Am Rande erwähnt wären die beiden Supportacts, wobei die Münchner ‚Gumbabies’ um 20.30 Uhr den Startschuss geben.

Jene gibt’s seit 2003 inklusive eines Minialbums mit dem passenden Titel ’How Can I Win?’ und dem ersten international vertriebenen vollen Album ‚This Is Plastic’.
Nun, ich finde, beim Punk ist das immer so eine Sache. Da genügt es nicht, seine Instrumente gut zu beherrschen und stilistisch-passende Musik zu offerieren, so wie beim Rock oder Pop. Punk muss man ausstrahlen und das in jeder Beziehung. Wenn diese Aura nicht vorhanden ist, dann wirkt das einfach nicht glaubhaft genug. Und das umherspritzen mit Bier und runter hüpfen von der Bühne in die nicht vorhandene Menge, gibt sich einer Art Belanglosigkeit preis. Die Gumbabies sind in meinen Augen eine neuere, junge Hardrockband, die, wie auch immer, ihren Stiefel runter eiern, mehr aber auch nicht, - zumindest bislang. Weitere Infos unter: http://www.myspace.com/thegumbabies



Der zweite Streich mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen ‚Spika In Süzz’, liegen zwar schon eher auf der Punkschiene, aber wirklich abgewinnen kann ich auch dieser Münchner Truppe nichts.

Ihre Besonderheit liegt in Frontfrau Resal, die mit durchdringendem Organ versucht, den Fokus auf ihre Darbietung und weniger auf ihre Silhouette zu legen. Denn die ist alles andere, aber mit Sicherheit nicht erotisch anziehend. Und auch wenn’s darauf nicht wirklich ankommt, so isst das Auge doch immer mit... nur um mich zu wiederholen aus diversen vergangenen Liveberichten. Eine CD gibt’s inzwischen auch, nur zur Vervollständigung aller Infos.
Nun, wie auch immer – gut ist was anderes, sorry Boys und Girls. Aber da fehlt’s noch weit bis zum Gipfel des Nanga Parbat. Auch was die allgemeine Motorik im Getriebe angeht, kommt hier nicht viel rüber. Und es braucht denn auch einige Fans, wie auf dem Foto, die bereits leicht beschwipst, für das nötige Amusement sorgen. Viel mehr gibt’s auch dazu nicht zu sagen. Wen es trotzdem interessiert der klicke auf:
http://www.spika-in-snuezz.de/

Und dann humpeln The Real McKenzies im wahrsten Sinn des Wortes auf die Bühne, um dort nach einem akustisch-relativ melodiösen Prolog den Backstage Club zu zerlegen.

Wie oben bereits beschrieben, ist der Ausdruck Invaliden noch harmlos ausgedrückt. Zwei, der acht Schottenrock Träger müssen diese Show hier sitzend absolvieren, weil sie nicht in der Lage sind, jene auf zwei Beinen durchzuackern. Den Dudelsackpfeifer, der auf den Namen Matthew James "MacNasty" Hawley hört, sah man off stage noch mit Krücken rum humpeln. Und ein weiterer Pistenheini trug bis fünf Minuten vor Beginn den Arm noch in der Schlinge. – Die Sitzorgie der beiden Gitarreros will ja noch akzeptiert sein, aber Krückstock und  Stützverband haben nun wirklich nix verloren da oben. Obwohl, lustig wäre diese Camouflage bestimmt gewesen. Lediglich Feldwebel Paul McKenzie stützt sich ausnahmslos mittels einer konstant wechselnden Bierflasche an sich selbst ab. Mal ist es Augustiner Hell, aber kritisch wird’s dann, als Paulchen zu König Ludwig Dunkel wechselt, das bekanntlich um einige Prozent und Stammwürze kräftiger ausfällt.
Aber sie halten sich alle wacker, wobei man nicht vergessen darf, dass einige der McKenzies mit Sicherheit die 45 schon überschritten haben, wenn nicht sogar die 50. Wir wollen mal nicht so sein...

Aber trotz all dieser bewegungshemmenden Umstände, explodiert da oben gerade der Andromedanebel in all seine ionischen Einzelteile und lädt den Nabel des Clubs so abartig auf, dass die meisten, wildgewordenen Punkverfechter wie elektrifizierte Wischmobs wirken. Eine Bildberichterstattung am Bühnenrand gestaltet sich als Unmöglichkeit. Deshalb ist die Flucht nach hinten, bzw. nach oben auf den Balkon angesagt. Und dieser Schachzug erweist sich als gar nicht so übel, da man von dort die Lage sehr viel besser im Überblick hat. Ich danke dem heiligen Bonifazius, dass  es hier im Club eine solche Aussichtsplattform gibt.Kurz und gut, The Real McKenzies schenken sich aber auch absolut rein gar nichts. Stoisch prügeln sie ihren 100 Prozent - durch und durch Punkrock auf die treu ergebenen Schäflein nieder. Jeder Song stilgemäß 2 Minuten lang, tut das seinige, um den Donnerschlag zu vervielfältigen. 

Punk ist nichts anspruchsvolles und auch nichts hochwertiges. Aber es ist eine Lebensphilosophie. Punk spielt man nicht, man lebt ihn, ob mit Irokesenhaarschnitt oder Schottenrock. Und solange es noch Bands wie die UK Subs, The Exploited, Toy Dolls, die Sex Pistols-wieder, oder eben die Real McKenzies gibt, solange wird auch der echte Ur-Punk am Leben bleiben, auch wenn er nur noch in der Underground Szene vertreten ist. Und seien wir mal ehrlich, gegen ein richtiges Punkkonzert mit all seinen Nebenerscheinungen, nimmt sich auch so manche Heavy Metal Show noch wie ein Kirchenkonzert aus. In diesem Fall macht good old Nessie Dampf in allen (Ohr)Kanälen, auch wenn die Highlands in Vancouver verankert sind. Aber wen kümmerts......
http://www.realmckenzies.com/