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Jetzt sind wir wieder mal beim, ich möchte schon fast sagen, verteufelten Thema ‚Melodic Rock’. Verteufelt deshalb, weil auf diesem musikalischen Stil bereits seit Jahren ein Fluch liegt. – Dabei, seien wir mal ehrlich, ist doch Melodic Rock ein eher weitgefächerter Begriff. Im Prinzip ist diese Musik doch eigentlich auch nichts anderes als Rock, nur eben nicht ganz so hart, dafür mit einer klaren, melodischen Struktur und eventuell etwas Bombast. Und dazu kommt dann vielleicht noch die visuelle  Erscheinung der Darsteller, die meistens auf lange Engelslocken und gepflegtes Äußeres zielt und sich trotzdem diesen leicht verwegenen Hauch von Verruchtheit verpasst, der nun mal einfach zum Rock’n’Roll gehört.
Aber wie auch immer, fest steht, der sogenannte Melodic Rock hatte seine Hochzeiten irgendwann Mitte bis Ende der Achtziger Jahre, rettete sich dann auch noch halbwegs in die Neunziger, um dort dann aber leider ganz im Sumpf und Dickicht all der anderen unzähligen Musikstile abzusacken. Lediglich sogenannte Kultbands hielten noch halbwegs mit. Die meisten Gruppen aber wurden auf Eis gelegt, um, man möchte es kaum glauben, im neuen Jahrtausend wieder aus dem Dornröschen Schlaf zu erwachen. Und es wird dort angeknüpft, wo damals aufgehört wurde, allerdings meist mit mäßigem Erfolg. Denn, um es mal straight auf eine Linie zu bringen: der Melodic Rock war noch nie so tot wie heute. Traurig aber wahr.
Die deutsche Band Jaded Heart hat zwar zwischen 1991 und heute nie zwischenzeitlich eine Pause eingelegt, aber außer einem gewissen Renomee’ in Deutschland, ist auch ihnen nie der ganz große internationale Wurf gelungen.  Bekanntlich hat Sänger und Mitbegründer der Band, Michael Bormann die Band aus internen Gründen 2004 verlassen, um fortan auf Solopfaden sein Glück zu versuchen. – Aber bei allem Gesangstalent, dass dieser Herr offensichtlich besitzt, ist es trotzdem, oder bzw. sogar deshalb, noch schwieriger, den Melodic Rock weiter zu tragen und sich solotechnisch auf ein weiteres und höheres Level zu katapultieren.
Aber Bormann scheint ein Stehaufmännchen zu sein, der nicht so schnell das berühmte Handtuch wirft, außer vielleicht mal ins Publikum. Und wenn man sich seine Diskographie ansieht, dann gehört gerade er zu den, wahrscheinlich fleißigsten Rock’n’Roll Künstlern, die good old Germany zu bieten hat.
Wie auch immer, heute haben wir ihn hier in München in unserem guten alten Garage Rockclub. Und jener ist denn auch ganz gut gefüllt, wenngleich nicht brechend voll. Ich würde mal schätzungsweise zwischen 100 und 150 Gäste zählen.

Die Vorhut macht die Schweizer Truppe Sahara Rain.

Die sechs Musiker sind in Zürich in der Schweiz zu Hause und haben sich 2007 zur Band zusammen gerauft. Im Rucksäckli gibt’s denn auch ein Album namens ‚Sand In Your Hands’. Musikalisch gehen die Eidgenossen in eine, etwas eigenwillige Richtung, die zwar zum Großteil vom Melodic Rock bestimmt wird, aber einige exotische Zwischentöne enthält. Um ehrlich zu sein, allzu viel kann ich zu diesem Einstand hier nicht sagen, weil ich ziemlich verspätet, erst gegen Ende des Sets im Club eintreffe. Und aus dem wenigen, das ich noch mitkriege kann und will ich mir nicht wirklich  ein Urteil bilden. Aber ich konnte zumindest noch den nachstehenden Clip mitfilmen, damit Ihr selbst entscheiden könnt, ob Sahara Rain Eurem Geschmack auf den ersten Blick entspricht oder nicht.

Weitere Infos zur Band gibt’s unter: http://www.sahararain.com/




Michael Bormann ist das, was man unter einem richtigen Sunnyboy versteht.

Er sieht (immer noch) gut aus mit seinen 43 Jahren, und strahlt stets eine Lebensfreude aus, als ob kein Goldfischteich, diese jemals trüben könnte. Ergo, hatte er stets, und hat sie immer noch, die zahlreichen weiblichen Fans, die ihn anhimmeln, wie andere das mit Brad Pitt oder George Clooney tun (ich z.B.). Ihm kann’s nur recht sein, denn genau das ist seine hauptsächliche Zuhörerschaft, gefolgt von, selbstverständlich auch noch so einigen männlichen Fans seiner Musik. – Ich muss gestehen, ich bin heute Abend selbst, ohne große Erwartungen hier her gekommen, werde aber ziemlich schnell eines besseren belehrt. Denn das was uns Herr Bormann hier heute Abend bietet, hat wirklich großes Niveau und zeigt deutlich wie viel Talent in ihm und natürlich auch seinen Mitmusikern steckt. Ach ja, ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass dies hier das Ersatzkonzert ist für das, wegen seines Unfalls, ausgefallenem Termin im Frühjahr. Und er entschuldigt sich heute nochmal für die Misere inklusive der Begründung, bzw. Erkenntnis, dass man nicht aus der Badewanne steigen sollte, um sich einen Drink zu holen und um anschließend wieder hinein klettern zu wollen. Autsch, das hat sicher fürchterlich weh getan. Und ganz in Ordnung scheint Adams... äh sorry, Michis Rippe noch immer nicht zu sein. Aber als kleiner Trost sei vermerkt, im Alter braucht die Gesundheit nun doch etwas länger, um sich zu regenerieren. – Andererseits sind wir auch keine 100 Jahre alt, und das Zipperlein hat uns denn doch noch nicht ganz eingeholt.

Abgesehen davon sei auch noch etwas anderes an dieser Stelle vermerkt. Und Michael legt auch großen Wert darauf, dass die Leute das wissen. Entgegen aller Gerüchte, und derer gibt es leider nur allzu viele, habe er nie auch nur ein schlechtes Wort über seine ehemalige Band verloren und würde dies auch nie tun. – Wahrlich eine glaubhafte Feststellung, denn unser Sunnyboy hier ist wahrscheinlich alles andere, aber kein Intrigant, der böses Blut herauf beschwört.
Aber jetzt back to the Action, die sich auf der Minibühne der Garage sofort in allen Fassetten entfaltet. Mit Bormännchen auf der Bühne hamma da noch einen tatsächlich superben Gitarristen, der auf den Namen Andreas Rippelmeier hört. Ich kann zu seiner Person leider nicht viel sagen, weil mir sein Alterego bislang unbekannt war. Aber er gehört lt. My Space der Band Heavenwood an, der auch Bassist Oli Müller und Marco Grasshoff angehören. Am Schlagzeug haben wir dann noch 
Per Helge
'Peppa' Bruvoll aus Norwegen, der noch in der Gruppe Rain trommelt.

Auf alle Fälle funktioniert das Zusammenspiel hervorragend. Und das Programm, dass wir hier offeriert bekommen, ist eine originell-interessante Mischung aus Bormann Solo-Stücken und Musik seiner verschiedenen Bandprojekte. Und was das wichtigste ist, es wird keine Minute langweilig. Das einzige was ich persönlich tatsächlich bemängeln könnte, sind die bescheidenen Lichtverhältnisse zur visuellen Erfassung meiner Review hier. Aber das sind wir von diesem Ort bereits gewöhnt. Und deshalb ist man auch drauf eingestellt.

Ansonsten ist diese Show hier mit Sicherheit für alle anwesenden Zaungäste ein voller Erfolg und gute Unterhaltung anhand einer Band, die den Kontakt zum Publikum wortwörtlich nimmt. Und nicht zu vergessen, inklusive unserem Albert, der heute wieder mal so voll und ganz in seiner Rolle als Stage- Fellini

aufgeht. – Heulen könnte ich dann letztendlich nur bzgl. der Tatsache, dass ich es immer wieder, und so wie eben heute auch, erlebe, dass so gute und engagierte Musiker einfach auf keinen grünen Zweig kommen wollen. Und das liegt mit Sicherheit nicht an mangelndem Können. Schuld daran ist lediglich der, zum Tode geweihte, Melodic Rock. Aber wer weiß, vielleicht erlebt er doch irgendwann wieder einen zweiten, bzw. sogar dritten Frühling. - Also hört mal rein in Michael Bormanns Musik. Es lohnt sich allemal. -  


http://www.michaelbormannpage.de/   http://www.myspace.com/michaelbormann


Siehe auch
Diary für einige Aftershow Schnappschüsse