|
|
Ich möchte wirklich
wissen, welcher geistreiche Kopf den Begriff Viking Metal erfunden hat.
Denn der ist in etwa genauso idiotisch wie der Ausdruck True Metal.
Nein, es ist sogar noch abstrakter, vor allem wenn der Titel auf
finnische Bands gemünzt wird. So ist doch allseits bekannt, dass die
Wikinger, die bis 1066 nach Christi die Weltmeere beherrschten, die größten
Feinde der Finnen waren. Mein lieber Schwan, ich für meinen Teil, werde
mich hüten, diesen Ausdruck zu verwenden und mich lieber auf die
Stilistik des Folk-Metals festlegen. Folk wahrscheinlich auch nur
deshalb, bei bei einigen dieser Bands ein, von mir so „heißgeliebter L“
Dudelsack verwendet wird, oder auch, weil zumindest teilweise in
skandinavischer Sprache, egal ob finnisch, schwedisch oder norwegisch
gezwitschert wird. Dazu
kommt noch eine, mehr oder weniger fantasievolle Kostümierung, die
allerdings nur ansatzweise an die Wikinger Kultur erinnert, wenn man’s
mal ganz genau nimmt. Fotogen ist es allemal, also warum nicht. Und los geht der Reigen mit Tracedawn, wie schon erwähnt, auch aus finnischen Breiten. Madonna, das sind ja
noch Kinder, ist mein erster Gedanke beim Anblick der Jungs. Ich wette,
da ist keiner älter als 21, wenn überhaupt. Eines steht fest, für den
Nachwuchs im skandinavischen Folkmetal ist jedenfalls gesorgt. – Und
sie lassen sich auch nicht lumpen und hauen, wie man so schön, banal
sagt, voll auf die Bretter der Backstage Gallere. Und ich muss gestehen,
für ihr jugendliches Alter, sind diese Knaben ganz schön
professionell, aber hallo!!!!
Das Posing stimmt obendrein bis ins kleinste Detail. Und es ist eine
Freude sie im Bild festzuhalten. Die Lichtverhältnisse sind wieder
einmal äußerst bescheiden und kommen vor allem von hinten. Da ich
Blitzlicht nur im äußersten Notfall verwende, meide ich unter den
gegebenen Umständen auch den Fotograben und versuche das Geschehen
vielmehr von etwas weiter hinten im Publikum per Zoom-Objektiv
festzuhalten. Eine weise Entscheidung, wie sich alsbald herausstellt. http://www.withoutwalls.albumit.fi/
Tja, und jetzt wird’s richtig folkloristisch. Anders kann ich’s fast nicht beschreiben. Hier stimmt der Look und auch der estnische Gesang, der beschwörend auf uns nieder prasselt. Dabei versteht hier drinnen kein arktischer Wüstenfloh auch nur eine Silbe von den dargebotenen, gejodelten Stories. 11 Jahre hat die Truppe auf dem Buckel inklusive 7 Alben im Tornister. Und auch hier ist vom Original nur noch Sänger Markus „Rabapagan“ Teeäär übrig geblieben. Der kuriose Bandname steht übrigens für ein Pseudonym des Wortes Wolf. Und jener Meister Isegrimm findet sich auch wiederholend in den Songtexten wieder deren Hauptthematik die Unabhängigkeitskriege des 13. und 14. Jahrhunderts behandelt. Metsatöll integrieren alt-estnischen Runengesang und traditionelle Melodien in ihre Musik ein. Und sie lassen sich wahrlich nicht lumpen in ihrer Inbrust und Spielfreude. Relativ beeindruckend finde ich auch die Darbietung von Lauri „Varulven“ Õunapuu (Anm. was für Namen!!!) der sich nicht nur an der Gitarre übt, sondern auch an Flöte, Dudelsack, bzw. nennt sich das estnische Sackpfeife, in der Landessprache – Torupill genannt, wie ich belehrt werde und am sogenannten Kannel. Und diese exotischen Utensilien werden von Lauri fast schon mit erotischer Hingabe bearbeitet. Da sieht man wirklich gern zu. Er verbiegt sich in anregende Posen mit einem Fast-Überschritt ins Publikum, den Fotograben überspannend. Und unsere Pseudo Wikinger im Publikum würden ihn am liebsten zu sich runter ziehen und im Stehgreif vernaschen – vor allem was die Mädels angeht. Metsatöll nehmen den nordischen Folk sehr ernst. Und diese eigenartigen Gesänge zum Death Metal Beat, erinnern tatsächlich an ein entferntes Wolfheulen. Zugegeben, das Ganze ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit etwas Einfühlungsvermögen, Liebe zu Details und Aufgeschlossenheit für jegliche Musik, ist die Darbietung von Metstöll sicherlich nicht uninteressant. http://www.metsatoll.ee/index.html
Schwerter tragen sie nur imaginär, nichts desto trotz geben sich Ensiferum anschließend äußerst progressiv. Allerdings erinnert ihr
Chanel Make up eher an die Hautbemalung von Meskalino-Apachen auf dem
Kriegspfad, als vielmehr an das von nordischen Götterboten. Nur die Röcke
(ohne Schottenkaro) nehmen sich interessant aus und lassen uns die Frage
stelle, - was sich da wohl darunter befindet?J)) Auch bei dieser Band ist lediglich Gitarrist Markus Toivonen von der Urbesetzung übrig. Er ist auch der hauptsächliche Songschreiber. Bassist Sami Hinkka ist für eine Anzahl der Texte zuständig und betont denn auch immer wieder, dass es keinesfalls Wikinger Stories seien, sonder vielmehr erfundene Legenden und Geschichten, bzw. persönliche Gefühle ausgedrückt in Worten und Songs. Sami ist on Stage definitiv auch der Blickfang. Denn er manövriert seine etwas füllige Figürlichkeit mit amüsant-komischen Bewegungen über die Bühne, so dass jede Bauchschwarte im Takt schwabbelt.
Aber was soll’s. Hauptsache da oben wird Lebensfreude pur ausgedrückt, auch wenn Sänger Petri Lindroos meistens ein Gesicht zieht, als ob er gleich jedem Einzelnen hier drinnen in den Allerwertesten treten wolle. Aber das gehört wohl zur musikalischen Imagepflege.
Alles in allem kommt der Auftritt von Ensiferum aber sehr gut bei ihren
Fans an. Und ich muss auch gestehen, die Finnen besitzen tatsächlich
einen hohen Unterhaltungswert. Da wird’s einem keine Minute
langweilig. Zugegeben, ich würde mir deren Musik jetzt nicht unbedingt
zur häuslichen Untermalung
im Wohnzimmer anhören, aber wie Ihr alle vielleicht wisst, - live ist
alles stets eine ganz andere Story als auf Platte. Und ich nehme mal an,
dass Ensiferum noch viel vorhaben in Sachen internationaler Eroberung
der Massen und Folk-Metal Verfechter. Wohl denn, da gilt dann nur noch
der Slogan – der Sieg ist unser! Lange lebe Ensiferum und die
finnische Nostalgie der Mitternachtssonne. |
|