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Es gibt sie doch immer wieder mal, diese seltenen, kleinen, funkelnden Juwelen unter all den musikalischen Events innerhalb eines Jahres. Jene, die fast schon überirdisch gut sind, und die absolut keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Aber es sind auch etliche Konzerte darunter, die mich fast zum heulen bringen vor Verzweiflung bezüglich so viel Ignoranz die nicht nur die Medien, sondern auch unsere, ach so tolle Musikgesellschaft an den Tag legt. – Okay, in unserem Fall könnte man als Entschuldigung noch den Montag, also Wochenanfang vorbringen, dazu das scheußliche Wetter, und last but not least das derzeitige kulturelle Überangebot hier in München. – Auf alle Fälle kann man es drehen und wenden wie man will, fest steht, da oben steht eine englische Rockband, die locker ¾ aller anderen existierenden Rockgruppen vom musikalischen Können locker in die Taschen stecken kann. 
Stilistisch ziehen Threshold in die Dream Theater Ecke, vielleicht nicht ganz so frickelig und nicht ganz so kompliziert wie jene, aber dafür eine Spur härter. – 
However - eventuell liegt der, vorhin erwähnte Zuschauermangel aber auch an dem, etwas unglücklich gewählten Zeitpunkt. Denn ein neues Studioalbum gibt’s nicht. Das letzte und immer noch aktuelle Teil stammt von 2007. Im Angebot steht lediglich ein neues Singles-Boxset mit vielen Extras, das in den Startlöchern steckt. -
Aber egal jetzt, Threshold sind nun mal hier und werden das Beste draus machen inklusiver der Tiroler Supportband Serenity.
Ach ja, es gibt natürlich auch noch einen Opener bei diesem Spektakel namens Spheric Universe Experience. Aber auf Grund von Terminüberschneidungen, habe ich es gerade noch rechtzeitig zum Auftritt von eben Serenity geschafft.

Schande über mich, aber um ganz ehrlich zu sein, meine Landsleute von Serenity kannte ich bis dato nur vom Namen her. Nun ja, bei dem Überschuss an Bands und Künstlern, vor allem wenn man so wie ich, nicht nur einen Musikstil betreut, kann man einfach nicht alles kennen und wissen. – Aber dafür gibt’s ja, wie man so schön sagt, immer ein erstes Mal. Und das ist für mich in diesem Fall eben heute Abend.
Was mir sofort ins Auge fällt, bzw. besser ins Ohr klingt, ist die wirklich glasklare Stimme von Georg Neuhauser, der übrigens abseits der Band gerade auf seinen Doktor Titel in Geschichte und Geographie hinarbeitet.  Er ist es auch, der da oben am meisten hervor sticht, auch visuell gesehen dank seiner Gardemaße. Die Band steht für straighten Powerrock mit einem etwas düsteren Anstrich. Aber im Prinzip kann sich da jeder selbst ein Urteil bilden. 

Positiv wirkt sich auch die Kommunikation  mit dem kleinen aber feinen Publikum aus, welches den Kameraden da oben das Echo gern wieder zurück gibt. Sänger Georg versucht sich im besten Hochdeutsch, bis ihm ein Fan da unten zuruft: ‚Euren Dialekt verstehen wir auch noch hier in Bayern’ – also was soll’s. – Aber zu dem Zeitpunkt ist das Spektakel schon fast wieder um. Im Mittelpunkt steht das – immer noch aktuelle Album ‚Fallen Sanctuary’. 

Man sollte noch erwähnen, dass Serenity bereits in der Vergangenheit mit Threshold on Tour waren. Und was einmal so gut funktioniert hat, sollte es doch nochmal und immer wieder tun. Und das tut es auch, wenngleich München auf dieser Tour mit der bislang schwächsten Zuhörerschaft aufwartet. – Zum Trost sei gesagt, unsere bayerische Landeshauptstadt war noch nie einfach in der Beziehung. Ich hoffe trotzdem Burschen, Ihr kommt bald mal wieder. Ich mein, soweit ist München ja auch nicht weg von Tirol.

http://www.serenity-band.com/



Und was dann folgt, ist, wie ich schon eingangs erwähnt habe, fast schon unwirklich gut. 

Ich habe diese Band zwar schon 2 oder 3 Mal in der Vergangenheit gesehen, hatte es aber nicht soooooo klasse in Erinnerung. Der musikalische Standard von Threshold ist fast schon dem von Dreamtheater angemessen. Vielleicht sind diese Herren hier noch nicht ganz so überperfektioniert als die Amis, aber eines ist sicher, sie besitzen definitiv den besseren Sänger. Bei DT denke ich mir oft, dass sie ohne Frontmann besser bedient wären. Hier aber ist jener sozusagen der Zuckerguss auf dem Kuchen. Und auch der besteht aus feinsten, extravaganten  Zutaten, wie sie diffiziler und ausgefeilter gar nicht sein könnten. Hier stimmt einfach alles, und jeder Ton sitzt. Aber Ihr liegt falsch, wenn Ihr jetzt denkt, dass das Ganze dadurch eine hochkonzentrierte Frickelangelegenheit ist, die stocksteif und steril da oben ihren Stiefel runter geigt. Im Gegenteil, die Freude am Tun ist deutlich zu spüren. Da explodiert der Schuh, und der musikalische Reigen ist ein einziges großes Feuerwerk an,  ins Ohr gehende Melodien bis hin zu verknoteten Soundstrukturen, die aber eher das Interesse noch schüren. Vielleicht liegt es an Gitarrist Pete Morton, der noch nicht allzu lange mit von der Partie ist, dass die Band einen gehörigen Touch mehr an Heftigkeit und Progressivität zugelegt hat. – 

Und wie oft Frontmann Damien Wilson die Band verlassen hat und wieder zurück gekehrt ist, wissen wir ja alle, bzw. zumindest alle bekennenden Fans. Und auch wenn manche Zungen behaupten, er bringe gewisse Songs nicht so rüber wie die anderweitigen, zwischenzeitlichen Sänger. Ich kann dazu nichts sagen, lediglich, dass Damien den Stoff sehr gekonnt interpretiert und dabei gleichzeitig noch Mädels im Publikum anflirtet. Und die entsprechende Gegenliebe bringt ihn nicht mal um einen Millimeter aus dem Konzept. Trotz des schwierigen Stoffs besitzt die Show einen sehr hohen Funaspekt. Keine Sekunde ist langweilig oder öde. Im Gegenteil, die Klangkaskaden von Threshold lullen einen ein, um uns im nächsten Moment wieder hoch- und aufzuputschen. Es fühlt sich an, als wenn man auf eine großen Welle reitet, dann in ein Tal fällt, aufgefangen und wieder hochgetragen wird. Zugegeben, das klingt jetzt etwas pathetisch. Aber nur so kann ich das Gefühl beim Konsum von Thresholds Musik beschreiben. Und ohne Übertreibung habe ich selten so viele verklärte Gesichter im Publikum gesehen als eben heute Abend.

Die Setliste spricht für sich und lässt vor allem keinen Wunsch des passionierten Progrock Fans offen. Hier kommt wirklich jeder voll auf seine Kosten. Ich erwähne hier nur das superbe 'Consume To Live', das von der allerersten Scheibe ‚Wounded Land’ stammt. Satte 16 Jahre hat das Ding am Buckel. Aber es klingt immer noch aktuell. 

Dann gibt’s da den ewig lang währenden Track ‚Critical Mass’, dessen Interpretation tatsächlich das Stück zu verkürzen scheint. Und die Nummer ‚Art Of Reasons’ wird von Damien Wilson gar als bester Threshold Track aller Zeiten angekündigt. Der allerletzte Song ‚Paradox’ führt wieder zu den Anfängen zurück. Genau wie der Startschuss, stammt auch dieses Stück von ‚Wounded Land’ anno 1993.

Zwei Stunden und ein paar Zerquetschte hat diese hardrockende Symphonie gedauert. Und nein, mir haben weder die Füße irgendwann weh getan, noch hab ich auch nur ein einziges Mal auf die Uhr geschaut. Ihr wisst schon, nur in diesem Fall ist ein Konzert wirklich gut, egal wer da oben steht und was er macht.
Mein Fazit: Threshold gehören mit Sicherheit zu meinen Top 5 in diesem Jahr. Und all Ihr Pappnasen da draußen, die nicht vor Ort waren, notiert Euch mal diese Band im Hinterköpfchen und kriegt Euren Allerwertesten vom Sofa hoch, wenn die Band das nächste Mal anrollt. Denn dann könnt Ihr wirklich mal erleben was die Kunst an der Musik darstellt. – Das hier war schlicht und ergreifend brilliant.

http://www.thresh.net/

cu soon