Nun, das was uns da heute
geboten wird ist mit Sicherheit nichts Neues oder gar Innovatives. Denn
spätestens seit die Beatles in den Sechzigern
für ihre Musik des öfteren
klassische Instrumente und Musiker hinzu gezogen hatten, ist es
in der modernen Pop/Rockmusik Gang und Gebe, mitunter diese Verbindung
zu schaffen. Wobei in den letzten Jahren das beste Beispiel mit
Sicherheit die, sehr populären Nokia Night Of The Proms darstellen.
Allerdings ist das, was hier heute Abend dargeboten wird, allenfalls die
Very Light Version der Nokia, und noch nicht einmal das. Und da nützt
es auch nichts, dass hierbei drei Rocklegenden ihre größten Hits vom
Stapel lassen.
Das Ganze passiert in unserer vornehmen Philharmonie im Kulturzentrum
Gasteig, die in etwa zu Dreiviertel gefüllt ist (ca. 1.500) mit Nostalgikern und
solchen Leuten, die mit der Musik von Nazareth, Toto und Foreigner groß
geworden sind. Und genau das ist es denn auch, nämlich eine reine
Nostalgie Veranstaltung, die durch die etwas andere Instrumentalisierung
zu etwas hochstilisiert wird, was es eigentlich gar nicht ist, vor allem
kein zweites Nokia.
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Showtime 20 Uhr
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Als erstes sind die desolaten Klangverhältnisse zu bemängeln. Glücklich
diejenigen, die noch mittig in der Nähe des Mischpults situiert sind.
Besucher, die rechts oder links seitlich oder gar oben sitzen, bekommen
nur Klangfetzen mit, und es hagelt denn auch etliche Beschwerden.
Ich selbst gehöre zwar zu den Glücklichen, da wir direkt vom Mischpult
auf halber Höhe fotografieren.
Aber alsbald frage ich mich, warum hier
eigentlich ein Orchester auf der Bühne ist. Denn dieses wird von der
sogenannten Classic Rock Band bei weitem übertönt. Übrigens, das 30
Mann/Frau starke Bohemia Symphonie
Orchester muss sich die eine Hälfte der Bühne teilen, während
vier Rocker sich die andere Seite teilen. (Anm: wie schrieb mein Kollege
Zoran Gjic in der Münchner TZ: „das Orchester wurde in die Ecke
gepfercht, damit ein Bassist und ein Gitarrist auf dem Rest der Bühne
breitbeinig die dicke Rockerhose machen können“) Nun gut, so krass
sehe ich das jetzt wieder nicht. Aber die Aufteilung da oben ist
eindeutig etwas, wie soll ich sagen, - eigenartig. Aber zurück zur
Frage, was das Orchester überhaupt für einen Sinn und Zweck erfüllt,
wo doch der Synthi so ziemlich das Meiste übernimmt. Na ja, es sieht ja
ganz nett aus da oben die vielen Geigen und Chellos und vor allem der
schmucke Dirigent. Ansonsten dominiert auf dem Altar anfangs vor allem
unser aller Bassist
Mat Sinner im schicken
Silber- Schwalbenschwanz und
blonder Wallemähne, der nebst Gitarrist
Henny
Wolter, die Classic Rock
Band dirigiert und auch die Rolle des Chefmoderators übernommen hat.
Nach einer kurzen Ouvertüre kommt auch schon Mr. Universe – Dan
Cafferty von Nazareth angewackelt, dressed in black wie das Orchester,
und mit schmucker, gestreifter Krawatte versehen.
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Sagen wir mal so... unsere erste
Rocklegende hier, ist derzeit noch die am meisten beschäftigte... zumal
Nazareth alljährlich nach wie vor bis zu 200 Auftritte absolvieren. So
hat es Mr. Cafferty jedenfalls im vorhergehenden Interview bestätigt. Auch die
Verquickung von klassischen Tönen mit Rockmusik ist ihm nicht fremd aus
der Vergangenheit. Trotzdem wirkt er etwas verloren da oben, irgendwo
freischwebend in der Twilightzone zwischen Pseudo Orchester und Band.
Aber die Trümpfe sind letztendlich die fünf
Nazareth Klassiker (siehe Setliste), die dank ihres hohen
Wiedererkennungswert den Großteil des Publikums für sich einnehmen.
Und das ist ja schließlich der springende Punkt genau wie bei den
beiden folgenden Kapitel.
Der zweite Dino heißt Bobby Kimball, ehemals Aushängeschild und
Frontvogel von Toto, einer Band, die bereits seit einiger Zeit das Zeitliche
gesegnet hat.
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Aber gut, sag niemals nie. Und wer weiß,
vielleicht gibt’s ja irgendwann und eines Tages die große Reuniontour.
Und in der Zwischenzeit erhalten wir die Hits am Leben, sei es
mit Bobbys neuer Band Yoso, oder eben mit Aktionen wie dieser hier. Auch
Bobby erscheint in vornehmen Schwarz. Macht schließlich schlank und
streckt... Und sowas kann nur von Vorteil sein.
Er
ist auf alle Fälle der Stimmungsmacher unter den Dreien, die allesamt
altersmäßig bereits die runde Sechzig überschritten haben. Aber
Hauptsache im Herzen jung und jugendlich, dann wirkt sich das auch
gleich auf die ganze Erscheinung aus – positiv oder negativ.
Bobby lässt die Puppen tanzen, vor allem
bei ‚Africa’, wo es dann auch umgehend Standing Ovations gibt. Das Ganze
gefolgt von ‚Hold the Line’.
Yep, das gefällt den anwesenden Gästen trotz der Klangdefizite. Und es
spielt dann auch keine Rolle mehr, ob jetzt die eine oder andere Fidel
zu hören ist, oder nur die prägnanten Gitarrenriffs. Bezeichnen wir
das Orchester also mal wage als Abrundung des vollen
Gesamt-Klangvolumens.
Nach der fast schon energiegeladenen Performance von Mr.Kimball ist erst
mal Sendepause, so wie es sich eben für eine Vorstellung im klassischen
Ambiente ziemt.
Der zweite Act beginnt wiederum mit einer kurzen Ouvertüre, die dann in
eine Einlage, der bislang noch nicht erwähnten, drei Background Sängerinnen
übergeht.
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Frau Sommerville - ganz
rechts
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Diese drei Damen, denen auch eine
gewissen Amanda Sommerville angehört (Anm.vielleicht ist der Name
einigen unter Euch geläufig) haben sich der kanadischen Gruppe Heart
angenommen und das mit sehr viel Inbrust und Liebe zum Detail.
Man muss schließlich Zeit füllen, denn für den zweiten Teil der Show
ist nur noch eine Rocklegende übrig. Und die heißt Lou Gramm.
Nun über seine visuelle Erscheinung kann
man mutmaßen was man will. Fakt ist, der gute Mann hat bereits 2 Gehirntumore überlebt, und Chemo und Kortison haben das ihrige getan,
um ihn zwar einerseits wieder gesund zu machen, aber andererseits hat
die Behandlung halt auch sein Tribut gefordert. Foreigner ist zwar für
Lou auch schon lange
Vergangenheit, aber die Rechte zu all jenen Meilensteinen mit denen die
Band Rockhistory geschrieben hat, die teilt er sich nach wie vor mit
Mick Jones.
Wie auch immer, und obwohl seiner
Erscheinung und der mangelnden Beweglichkeit in der Motorik, ist es dann
doch er, der die meisten Lorbeeren absahnt von Seiten des Publikums. Er
probiert auch gar nicht erst die früheren hohen Tonlagen zu erreichen,
sondern bewegt sich um mindestens eine, wenn nicht sogar zwei
Tonlagen tiefer. Aber auch das tut der allgemeinen Begeisterung keinen
Abbruch.
Lou ist gerührt von so viel Gegenliebe.
Und ich frage mich, ob er diese mit seiner jetzigen Lou Gramm Band, der
auch seine Brüder angehören, auch bekommen würde. Leider habe ich da
so meine Zweifel. Aber gut, noch gibt es leider keine konkreten
Europa-Tourpläne.
Last but not least – all together zum großen Finale, und jeder der
drei Oldies darf
noch einmal eine Strophe
eines seiner Klassikers schmettern.
Nicht ganz zwei Stunden hat der Zauber
gedauert, und er ist, wie schon erwähnt, ganz gut angekommen bei der
Besucherschaft. Trotzdem kann ich mich eines leichten schalen
Beigeschmacks an der ganzen Sache nicht erwehren, so nach dem
Motto: ein Event, dass als Lückenfüller dient und mittels etwas
verblasster Rocklegenden und einstigen Welthits nochmal so richtig
versucht, den große Reibach zu machen. – Und was soll’s ....
teilweise gelingt das ja auch und erfüllt seinen Zweck...zumindest was
unsere Breiten betrifft. Also so
what....?
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