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Ein kurzer Sondervermerk sei hier voraus geschickt bezüglich der allgemeinen Heavy Metal Philosophie, die sich weit verzweigt in verschiedene Kapitel unterteilt. Da wäre zum Einen der gute alte Hardrock der Siebziger Jahre, oder sogar von noch früher, jener der als Evergreen und Kult nie aus der Mode kommt. Dann hätten wir den typisch deutschen Powermetal, oder wie so viele Leute zu sagen pflegen -  True Metal. Der, der in den Achtziger Jahren entstand und sich heute nur noch mühselig durch die Szene windet mit in etwa 3 – 400 Zuschauern pro Konzert und eventuell 5 -  max. 10.000 verkaufter Scheiben – nur mal über den Daumen gepeilt. Dann gibt’s noch all die jungen Verteter der hardrockenden Zunft, die zwar momentan zum Teil sehr gut ankommen, aber wer weiß, ob sie morgen noch da sind. Die unzähligen Klassifizierungen verschiedenster Unter-Stilistiken erspare ich mir an dieser Stelle.
Auf alle Fälle haben wir es hier und heute mit Vertretern der zweitgenannten Kategorie zu tun. Auf  immerhin satte 26 Jahre und 12 Alben können die Finnen von Stratovarius jetzt zurück blicken. Das ist ziemlich beachtlich in unserer, heutigen, doch sehr kurzlebigen Zeit. Zwar haben sie im Laufe der Jahre einen gewissen Status erreicht und der Name ist Begriff, wie man so schön sagt, aber vom Ruf einer Rocklegende oder gar Superstar-Status ist man halt immer noch so weit entfernt, wie die Erde vom Jupiter. Und das wiederum rührt nicht zuletzt von der True Metal Stilistik her.
Klar, keine Angst, jede Musikrichtung hat seine Daseinsberechtigung. Und wenn sich jemand eben im Power Metal, oder noch schlimmer im Melodic Rock bewegt, dann muss er sich darüber im Klaren sein, dass er damit nie die Olympiahalle füllen wird. It’s as simple as that. Aber wie behaupten doch die meisten Musiker: “we don’t care – we just make our music no more and no matter what“. – Na denn, dann ist ja alles kein Problem, und wir geben uns halt zufrieden mit der kleinen Wohnzimmer Atmosphäre, wie hier in unserem Fall in der Backstage Halle in München vor ca. grob geschätzten 400 Fans. Und letzteres ist wohlgemerkt, ohnehin noch ganz passabel für diese Gattung von Bands.

Den Prolog machen Tracedawn, die genauso wie ihre bekannteren Kollegen von Stratovarius aus dem Land der 1.000 Seen und noch mehr Elche stammen.

Nur sind die Jungs des Openers mindestens eine Generation jünger als die des Headiners. Wie immer mit wenig Licht und Saft versehen, stürzen sich die Youngsters ins Gefecht wie einst die Toreros in der Bizet Oper Carmen, nur nicht ganz so monumental und nicht annähernd so bombastisch. Und abgesehen von der Tatsache, dass ich die Kameraden schon mal live on Stage erlebt habe in nicht allzu ferner Vergangenheit, und das ebenfalls im Backstage – Werk (nicht in der Halle) sind Trace Dawn die Einzigen hier im Band Trio, die sich stilistisch etwas abheben und eine härtere, thrashigere Nuance anschlagen, weniger bombastisch, aber dafür umso härter aber ebenfalls nix neues. Ihr Vorteil ist einzig allein der jugendliche Enthusiasmus der sie nach dem Motto: wehe wenn sie los gelassen, zu einem Feuerwerk metallischer  Kleinkunst werden lässt, einem sehr jugendlichen Feuerwerk, das sich wohl erst noch die Hörner abstoßen muss . Ihr Nachteil: 35 Minuten... – zugegebenermaßen nicht sehr viel um voll zur Entfaltung zu kommen.


http://www.withoutwalls.albumit.fi/ 


Okidok – nächster Streich kommt von Dream Evil aus Svenska, wobei hier mein erster Gedanke ist: ja was tut denn Hardy Krüger jun. da oben?

Kein Scherz, - der Kerli namens Niklas Isfeldt geht tatsächlich locker als Doppelgänger unseres Herz-Schmerz-Schauspielers Nr.1 Hardy jun. durch.... wüsste man es nicht besser natürlich.... 
Wie auch immer, Dream Evil sind mit 11 Jahren bisheriger Lebensdauer auch keine sooooo Unbekannten mehr am Metal Himmel. Vor allem stehen die Schweden nun tatsächlich für den, etwas angestaubten Power Metal. Nein, nicht falsch verstehen jetzt. Das hat noch lange nichts mit mangelndem Talent zu tun, sondern lediglich mit musikalischer Vergangenheitsbewältigung, wenn man es so nennen will. Auf alle Fälle präsentieren uns Niklas und Co. heute Abend in erster Linie  ihr neuestes, gerade erschienenes, Kapitel namens ‚In The Night’. Ich muss gestehen, ich bin jetzt nicht so vertraut mit dieser Combo, der übrigens bis 2004 auch ein gewisser Gus G als Gitarrist angehörte. Und dieser Name ist spätestens seit der Kollaboration mit Ozzy Osbourne auch ein Begriff in weiteren Kreisen.
Wie auch immer, anfangs gehen mir die Brüder nicht wirklich im Ohr. Erst im Verlauf des, ebenfalls auf 40 Minuten beschränkte Set kann ich mich etwas einleben in Dream Evils Rhythmen. Und das Gleiche trifft auch auf das kleine, aber fein-ausgesuchte Publikum zu, das ebenfalls erst im letzten Drittel des Zaubers aufzuwachen scheint. Viel mehr gibt’s darüber nicht zu palavern. Fazit: einer von vielen, zwar halbwegs soliden Powermetal Gigs, der aber nicht außerordentlich aus der Reihe tanzt oder gar hervor sticht.




http://www.dreamevil.se/



Nun gut, ich hab mal nachgerechnet und festgestellt, dass der aktuelle Opus von Stratovarius namens ‚Polaris’ in vier Monaten auch schon wieder einjährigen Geburtstag feiert. 

Holareidulio, oder besser – Kinder wie die Zeit vergeht, kann man da nur sagen. Mir kommt ohnehin vor, je älter man selbst wird, desto schneller vergeht so ein Jahr. Und bei den Finnen sind das inzwischen schon 26 Lenze, die sie mehr oder weniger schadlos überstanden haben. Auf gut deutsch: mancher Fan hier drinnen war noch gar nicht geboren, als diese Band wie der Kuckuck aus dem geschlüpften Ei heraus zwitscherte. -
Seit meiner letzten Begegnung mit Suomis Power Metal Erben hat sich nur eines wesentlich verändert, und das ist die Tatsache: Timo Tolkki -  raus im Jahr 2008 und Matias Kupiainen rein. Einerseits spielt das bei dem regen Line up Wechsel, der im Lebenslauf der Finnen vermerkt ist,  keine, wirklich große Rolle. Andererseits war es aber eben ein gewisser Timo Tolkki, der zum großen Teil mitverantwortlich für Stratovarius bisherigen Musikkatalog und Eigentümer der Namensrechte, einen Abgang provoziert hatte. Und einige Zeit lang stand ein unsichtbares Fragezeichen in der Luft – ob und wie’s wohl weiter gehen würde mit der Gruppe. Nun, wie man gesehen hat, haben sie sich wieder gut aufgerappelt und machen, fast genauso – weiter als bisher, - aber eben nur fast....

Immerhin ist es denn doch letztendlich Timo Kotipeltos markantes Stimmorgan, das der Band eine etwas individuelle Note gibt. Man darf nicht außer Acht lassen, dass der gute Mann über ein vollendetes Gesangsstudium verfügt. Er passt sich der jeweiligen Tonschattierung exakt an, ob in hellen oder tiefen Tonlagen. Die Setliste hingegen könnt Ihr selbst studieren und werdet dabei schnell feststellen, dass neben den populären Standards wie ‚Speed Of Light’ und ‚The Kiss Of Judas’ oder das Stimmband fordernde ‚Forever Is Today’ auch neue Nummern wie ‚Deep Unknown’ und ‚Winter Skies’ von der aktuellen CD berücksichtigt worden sind – eh klar! Keiner kommt hier zu kurz, und auch diverse, fast schon akrobatische Bass und Gitarren Einlagen kommen zum Zug.

Eines muss ich denn doch sagen. Wüsste man nicht, dass Stratovarius ein finnisches Ensemble ist, dann könnten sie stilistisch auch hier bei uns in Germany beheimatet sein. Vielleicht macht das aber auch der Schlagzeug Beat, der mich ach so sehr an so viele andere deutsche Heavy Metal Bands erinnert. Aber kein Wunder irgendwie, sitzt doch seit 95 ein gewisser Jörg Michael auf dem Thron jenes Instruments. Und der ist nun wirklich unüberhörbar deutsch. Bleibt also alles irgendwie in der Familie.

Zum Schluss wird seitens der Band noch ein Loblied auf das deutsche, bzw. bayerische Bier gejodelt, das sowohl on Stage als auch off Stage  anscheinend reißenden Absatz findet. Also noch ein Grund, immer wieder mal zurück zu kehren ins (immer noch) Schlaraffenland des Powermetals. Aber who knows... wie lange noch…äh, ich meine natürlich den Zustandes des Schlaraffenlandes...
http://www.stratovarius.com/ 

weitere Fotos gibts unter: www.metalhammer.de