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Hmmmm.... ich überlege gerade, wie ich hier am besten beginne?! Nicht ganz so easy, denn bei Winger handelt es sich um eine dieser typischen Hollywood Rocker (wie ich sie immer zu nennen pflege) die man bei jedem weiteren Wiedersehen unweigerlich mit ihrer längeren Vergangenheit vergleicht, einer Vergangenheit, die gleichzeitig auch der Höhepunkt in der Karriere dieser Band war. Vorausgesetzt natürlich man hat die Brüder auch zu ihrer Blüte- und Hoch-Zeit live-haftig miterlebt, so wie ich. Seitdem sind sehr viele Jahre ins Land gezogen, und die Truppe lag vorübergehend sogar mal eine Zeitlang auf Gefrorenem. Gott sei Dank war die Eisdecke letztendlich denn doch nicht so undurchdringlich, und fing nach satten neun Jahren Stillstand wieder an zu schmelzen.  Das war im Jahre des Herrn 2002, um dann nochmal eine Pause bis 2006 einzulegen, quasi nach dem Motto: eigentlich wissen wir noch nicht genau, wie das alles weiter – bzw. wieder gehen soll. Es ging weiter, und das auch noch im, - fast – Original Line up: Sänger/Bassist Kip Winger, Gitarrist Reb Beach, Drummer Rod Morgenstein, nur Gitarrist Paul Taylor war jetzt nicht mehr mit von der Partie. Für ihn sprang zum zweiten Mal John Roth ein, der Taylor bereits die letzten 3 Jahre vor der Trennung im Jahr 1993 ersetzt hatte.

Anyway, zurück zur Gegenwart. Vor  3 ½ Jahren gastierten Winger zuletzt hier in München im Metropolis. Und mein erster Gedanke ist heute, waaaasss, ist das doch schon wieder so lange her?! Ja, ja die liebe Zeit. Langsam bin ich wirklich überzeugt davon, dass, je älter man selbst wird, desto schneller verfließen 12 Monate und dann nochmal zwölf und wieder und immer wieder...und eh man sich's versieht, sind die allerbesten Jahre passe'
Ich muss dazu sagen, dass Winger genau meiner Generation entsprechen und ich ihren Aufstieg und Karriere bewusst mitverfolgt habe damals in den Achtziger Jahren. Mit langen Mähnen und Glam-Klamotten haben sie vor allem die Damenwelt in Verzückung gesetzt. 


Winger 1987

Obwohl man da betonen sollte, dass es sich bei den Mitgliedern der Band um wirklich gute und professionelle Musiker handelte und es immer noch tut. (Anm: klar doch, sind ja dieselben :-))  Nur legen sie jetzt fast ausschließlich den Fokus auf ihr Können und weniger auf ihre Erscheinung, die wenngleich auch sichtlich reifer geworden, immer noch recht passabel ist. Und das ist auch der große Unterschied zu damals, wo Äußerlichkeiten eine riesengroße Rolle spielten. Heute will man ‚nur’ noch durch Können überzeugen. Und das ist auch gut so. Wir sind eben schließlich keine Teenieband mehr.          

Aber man kann es drehen und wenden wie man will, leben tun Winger nach wie vor von ihren einstigen Hits wie ‚Miles Away’, ‚Easy Go’,  und ‚Can’t Get Enough’, um die wichtigsten Songs zu nennen, nicht so sehr von der neuen CD ‚Karma’. Dieses ist zwar ein solides Hardrock-Album geworden mit dem Slogan: back to the roots, aber was der Bauer nicht kennt, nimmt er nun mal nur zögerlich an, vor allem hier in München..... Eieiei, München und sein Konzertpublikum – der Schrecken eines jeden Tour Promoters und ein Kapitel für sich. Und ich befürchte, das wird sich auch so schnell nicht ändern.
Ca. 200 bayerische Liebhaber der Melodic Rock Klänge haben sich hier in der Backstage Halle eingefunden. Und schätzungsweise haben mindestens  zwei Drittel davon die Achtziger Jahre-Winger-Hits  bereits nach deren Erscheinen damals mitgekriegt. Fakt ist, die Münchner Rock’n’Roll Schickeria hat sich die Ehre gegeben, gibt sich mondän und cool, um nach
etwas Small Talk unter Ihresgleichen, mit verschränkten Armen und wissend-konzentrierter Miene  den Auftritt von Winger zu verfolgen. Und hinterher gibt es dann selbstredend die schlussfolgenden, individuellen Analysen, von denen jeder Einzelne hier überzeugt ist, dass seine die einzig richtige ist.

So, jetzt aber genug geschwafelt über die Vergangenheit, Prognosen und  Münchens (Pseudo) Rock’n’Roll Society. – Sofort gestehen muss ich, dass mir die Supportband ‚Five And The Red One entgangen ist und ich deshalb dazu nichts weiter kommentieren  kann.

Hey, ich muss mich korrigieren, es haben sich doch ein paar verlorene Enthusiasten eingefunden, die sich zumindest bei den bekannten Tönen herablassen ihre Arme in die Stratosphäre  des Tempels hier zu erheben. Nun, ganz so schwungvoll und ganz so sexy wie früher is’ er nimmer, der gute Kip.

Und ich bin ja auch nach wie vor der Meinung, wenn ein Frontmann zusätzlich zur Stimme ein Instrument bedient, dann nimmt das so einiges von der Bühnen Energie weg. Positiv fällt mir einmal mehr Rod Morgenstein hinterm Schlagzeug auf. Man merkt, dass dieser Musiker, wie soll man es beschreiben? – vielseitig ist und den Anspruch gepachtet hat. Kein Wunder, dass er neben Winger noch bei drei anderen Projekten verschiedenster Stilistiken mitwirkt. Gitarrist Reb Beach kann sich im Gegensatz zu seiner anderen Band Whitesnake hier eher entfalten und steht auch mindestens 5 Meter weiter vorne. (Anm: ich habe mir einmal sagen lassen, dass bei Whitesnake jeder Musiker außer Coverdale himself einen bestimmten Radius an Bewegungsfreiheit erhält, der aber nicht überschritten werden darf) – So eine Einschränkung ist mit Winger sicherlich nicht der Fall. Ergo: more Room to move bedeutet meist auch mehr Spielfreude. Und das spürt man auch. Sein Gegenpol John Roth hingegen gibt sich da etwas bedeckter, wenngleich nicht minder aktiv – „aktiv“ in Anführungszeichen.

Kip beschwört sein Karma, vermischt es aber wohlweislich immer wieder mit jenen Songs, wegen derer die meisten Besucher hier erschienen sind. Und er erzielt im Endeffekt einen soliden, aber eben zurückhaltenden Zuspruch. Die einzig wirkliche Kritik die ich zu diesem Event aussprechen möchte, ist die Länge des Sets mit nur – exakt 75 Minuten. Denn das, meine lieben Freunde des gediegenen Ü – 40 Rock’n’Rolls, ist schlicht und ergreifend viel zu kurz.

Ansonsten  ist auch dieser Aufschlag von Winger in 2010 eine, zwar ganz passable Angelegenheit, hinter der hörbares Können steckt, aber auf Grund des etwas angestaubten Zeitgeists und dem leicht erlahmten Espirit fehlt mir einfach, wie soll ich es am besten formulieren? – der Pfeffer im linken Gehörgang :-)))
http://www.wingertheband.com/

Einige Off Stage Schnappschüsse gibts im Diary


PS: Eine kleine amüsante Anekdote gibts  noch am Rande zu diesem Konzert zu erzählen.-
So manchem Konzertbesucher wird die, aus ca 30 jungen Mädels bestehende, Gruppe am Haupttor vom Backstage aufgefallen sein, die es sich dort am Asphalt gemütlich gemacht hatten. Fast alle Girls trugen eine rosarote Haarsträhne und ähnliche Kleidung. - Nachts beim verlassen des Backstage Gelände bot sich mir das folgende Bild:

Sowas ist man normalerweise nur von den weiblichen Fans der Gruppe Tokio Hotel und dergleichen gewöhnt. - Irritierend war deshalb die Tatsache, dass die Mädels für diese Band hier eine eisige Nacht im Freien vor deren Show in Kauf nahmen:


und der Clue ist....
das ist eine japanische All Girlband, die auch nur in japanisch singen

Hmmmm.... kann mir einer sagen - wer das ist?!  Ich dachte immer, ich wäre gut bewandert, aber ... es scheint doch noch Schwachstellen zu geben :-)))
In diesem Sinne - "Es lebe die junge Musikgeneration" :-)))