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Okay, jetzt wird’s schwierig. Nein, nicht was die Musik ansich angeht, denn die kennen wir ja zur Genüge, speziell hier in Deutschland. Nein, es ist vielmehr die Situation, die uns jetzt etwas zu schaffen macht. Betont sei, dass Saga gerade in Deutschland von jeher einen Sonderstatus eingenommen haben. Mann kennt sie, man liebt sie, vor allem der anspruchsvolle Musikkonsument älteren Semesters. Aber was ist jetzt, wo das Aushängeschild dieser Band entfernt worden ist. Nein, falsch, das stimmt so nicht ganz. Michael Sadler hat sich ja selbst verflüchtigt, um einen individuellen, eigenen Weg einzuschlagen. Und das meine Freunde ist nicht gut, - gar nicht gut für ein solches Flagschiff des sogenannten Neo-Progrocks. Denn mit dem Verlust einer so charismatischen  Figur, verliert eine Band auch eine Riesenportion ihrer Individualität. Bestes Beispiel dafür sind Queen. Der Tod Freddy Mercurys hat eine Legende beendet. Und ehrlich gestanden, statt mit verschiedenen Sängern und Projekten weiter herum zu reparieren am angeknacksten Image, sollte der Rest vom Schützenfest doch besser den lieben Gott einen guten Mann bleiben lassen. – 
Nun, Saga entsprechen zwar nicht dem Kaliber von Queen. Aber im Prinzip ist es die gleiche Story, eine Geschichte, die seit nunmehr fast zwei Jahren ihren unsicheren Verlauf nimmt. Und es gibt sogar noch weitere Parallelen. So war doch Michael Sadler ein Riesenfan von Freddy Mercury, und versuchte seinem Idol in einigen Dingen, wie z.B. in der allgemeinen Motorik, nachzueifern. – 
Aber wie auch immer, Tatsache ist, dass das schlimmste, was einer langlebigen Rockband passieren kann, der Abgang ihres Sängers ist, vor allem, wenn man anschließend gedenkt, die History nahtlos fortzusetzen.  Aber Saga mussten sich gedacht haben, probieren geht über studieren und haben lange und sehr sorgfältig nach einem ebenbürtigen Ersatz gesucht.
Bekanntlich sind die beiden Crichton Brüder nahezu pedantische Perfektionisten, und es benötigt vermutlich gigantisch viel, um ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Einer hat es dann doch letztendlich und unter unzähligen Auditons geschafft, Gnade vor dem Tribunal zu finden, und das war Rob Moratti, der bislang bei Final Frontier gepfiffen hatte. Ein erstes Album mit dem neuen Frontvogel wurde im vergangenen Jahr eingespielt, das den Titel ‚The Human Condition’ trägt. Aber leider erzielt dieses nicht das Echo, das man sich erhofft hatte.  Also gehen wir wieder mal auf Tour, schließen uns teilweise Foreigner  im Doppelpack an, um eine möglichst große Zuschauerschaft zu erreichen.

Gut, und jetzt sind wir hier in München, der, eigentlich, zweiten Heimat von Saga. Hier war unsere gute alte Muffathalle über viele Jahre hinweg immer restlos ausverkauft mit 1.500 Tickets. Und die Band hinterließ immer einen hervorragenden Eindruck und restlose Begeisterung. Aber, und das ist der Haken, das war eben nur so lange der Fall, solange Michael Sadler da oben das Kommando angeführt hatte. 
Die heutige Feuertaufe mit Rob Moretti steht jedenfalls unter keinem guten Stern. So hat man das ganze Event wegen mangelnder Ticketverkäufe nebenan ins, wesentlich kleinere Ampere verlegt, wo gerade mal 500 Genussspechte Platz finden. Und die, für diese Tour verpflichtete, Supportband Subsignal wurde kurzfristig mit einem feuchten Händedruck nach Hause geschickt. Ganz verstehe ich letzteres allerdings auch nicht. Denn ich habe in diesem Club schon etliche Supportacts erlebt, die ihren Stiefel vor dem Headliner runter eierten. Ich kann mir nur denken, dass es mit dem enormen Instrumenten Aufbau von Saga, auf der, doch relativ kleinen Bühne zu tun hat.  Nun gut, zumindest ist das Ampere dann noch rappelvoll, und zwar mit jenen Fans, die nicht wie der Großteil der anderen, wegen Voreingenommenheit, auf einen Besuch von Saga 2010 verzichtet haben. Übrigens, Saga selbst geben die Hauptschuld obgleich dieser Herabsetzung, vielmehr der allgemeinen Musik-Wirtschaftslage, kommen aber nicht auf die Idee, dass es vielleicht an der neuen Besetzung liegen könnte. (Anm: oder sie wollen es nicht so sehen). Und es gibt noch einen, leider sehr negativen Aspekt heute Abend. Es pfeift und zischt an allen Ecken und Enden. Hey, hey, was ist denn hier los? Saga sind eigentlich bekannt dafür, dass ihre Soundchecks bis zu drei Stunden dauern können. Ich sage ‚können’, denn das Intermezzo heute hat gerade mal 25 Minuten in Anspruch genommen. Ich war selbst dabei in Erwartung auf mein anschließendes Plauderstündchen mit Ian Crichton. Nun, von meiner Sicht aus hat das schon so gepasst, denn 3x 60 Minuten Soundcheck hätte ich mir sicherlich nicht angetan. Trotzdem wundern mich die akustischen Defizite ein wenig während der eigentlichen Show. Und was die Lage nicht gerade verbessert, ist der Umstand, dass die Stimme von Moretti stellenweise komplett im Soundbrei ertrinkt. 
Ums mal auf den Tisch zu knallen, er ist ein ganz lieber Typ, und er ist auch nicht unattraktiv. Aber er kann, was die Aura und das Espirit betrifft, seinem Vorgänger nicht mal 3 Millimeter hoch das Wasser servieren. Ihm fehlt diese herausfordernde Arroganz eines Michael Sadlers, die alles beherrschende Dominanz auf der Bühne und natürlich auch die Kraft in der Stimme. Nein, nicht dass Rob nicht singen könnte, das will ich gar nicht behaupten, aber es fehlt dieses gewisse Etwas. Und wenn das fehlt, dann wirkt der Rest leider ein wenig farblos. Da können die restlichen Musiker noch so eine perfekte Show abliefern.
Auf dem Programm steht übrigens das komplette ‚Heads Or Tales’ Album, sowie natürlich die größten Hits. Denn die wollen die wenigen Die Hard Fans auf alle Fälle hören, wenn sie sich schon erbarmt haben, heute überhaupt hier her zu wackeln. 


Tja, wer auf der Bühne zu eitel ist -Brille zu tragen, der braucht auch extra groß 
geschriebene Setlisten....

Tja, und last but not least sei noch erwähnt, dass die  üblichen 2 – 2 ½ Stunden Spielzeit auf gerade mal 90 Minuten zusammen geschrumpft sind und streckenweise von langen Instrumental Passagen dominiert werden Da fragt man sich natürlich, ob hierbei der neue Mann im Kutter, etwas geschont werden soll oder man die allgemeine Strategie verändert hat. Wir werden es wohl nicht erfahren.


Sicher ist sicher, falls der Text doch noch 
nicht so sitzt in den grauen Zellen

Im Gesamtüberblick sei noch gesagt, dass Saga zwar soliden Zuspruch erhielten von den 500 Seelen hier, schon aus reiner Höflichkeit,  sie selbst aber augenscheinlich höchst unzufrieden mit der gegebenen Situation sind. Irgendwie ist dies auch zu spüren, fragt mich aber bitte nicht genau wie und warum. Und die kuriose Annahme etlicher Saga Kenner, dass irgendwann Michael Sadler wieder zu seiner Haus- und Hofband zurück kehren würde, wird von Ian Crichton während unseres Gesprächs folgendermaßen kommentiert: „You Never know, - never say never again“!  
http://www.sagaontour.moonfruit.com/

Im Diary gibts einige Backstage Schnappschüsse