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Und hier sind wir bei einem weiteren Kapitel in Sachen – versteckte Perlen der großen Gitarrenkunst. Jene, die in verschlossenen Austern tief am Meeresgrund schlummern, und deren Gehäuse sich einfach nicht öffnen lassen wollen, geschweige denn gefunden werden. Nun, ganz so krass ist es dann doch wieder nicht, zumindest was die, ach so berühmte Insider Bluesrock Szene betrifft. Denn da ist der Name Lance Lopez bereits ein Begriff. Geboren wurde der, inzwischen 32jährige 6-Saiten Zauberer in Shreveport/Louisiana, zog aber mit seiner Family im Alter von 12 Jahren nach New Orleans. Zwei Jahre später war Lopez bereits Berufsmusiker. Und nochmal drei Lenze später landete er in Dallas, Texas und wurde vom Fleck weg von Johnny Taylor engagiert. Lucky Peterson, Bootsy Collins, Little Richard und Jimmy Vaughan sind nur einige Stationen im bewegten Leben des Wahl-Texaners. Gerade mal  20 Jahre jung, heiratetete er und wurde schnell mal 3facher Vater. Wie viele Musiker war er von der Branche ziemlich frustriert. Er begann zu trinken und zu kiffen. Es folgten die härteren Drogen. Verhaftungen und Knast, und das im berüchtigten Gefängnis in Texas, wo die Gefangen vom Wachpersonal gedemütigt werden. Sie müssen dort in rosa Kleidung rumlaufen und als sogenannte "Chain-Gangs" aneinander gekettet im Steinbruch schuften. 2007 wurde er wieder "auf Bewährung" freigelassen. Das Gefängnis und die Schufterei haben ihm geholfen "clean zu werden" und zu bleiben. Im Mai-Juli 2009 kam er bereits erstmals zu einer ausgedehnten Tour nach Europa. Er spielte kleine Clubs aber er war auch als Support für ZZ TOP auf Tour. Billy Gibons betonte, dass sie sich dabei verdammt anstrengen mussten, um nicht von Klein-Lance von der Bühne weggefegt zu werden.

Lance Lopez wird nicht umsonst "the Killer Guitar from Texas" genannt.

Wie auch immer, in Amerika hat er sich inzwischen fest in der Bluesrock Szene etabliert, im Gegensatz zu Europa, wo er gerade eben mal dabei ist seinen kleinen Zeh in den Ozean der hiesigen Musikmaschinerie zu tauchen. Und das merkt man leider auch deutlich, vor allem hier in München, wo Bluesrock ohnehin mehr als stiefmütterlich behandelt wird, verglichen mit anderen Teilen von Deutschland. Also wackeln wir wieder mal frohen Mutes in unseren Haus- und Hofclub Garage, um uns vom vielbesagten Talent eines Lance Lopez mit eigenen Ohren und Augen zu überzeugen. Und um dort angekommen, freudig festzustellen, dass letztendlich doch ca. 100 Leutchen inkl. unserer Münchner TV –Tatort Kommissare (zumindest einer von ihnen) den Geheimtipp wörtlich genommen haben.

Den Auftakt machen einmal mehr die Münchner Lokalmatadore Boiling Ink, die wir noch von ihrem Auftritt zusammen mit Jimmy Bowskill (gleiches Genre, gleiches Problem) vor nicht allzu langer Zeit, gut in Erinnerung haben.

Es lebe Rory Gallagher, der posthum offensichtlich diese Truppe mit seiner spirituellen Eingebung gesegnet hat. Und ich kann mich vom letzten Mal nur noch einmal wiederholen. Hier sind drei wirklich erstklassige Musiker am werkeln, allen voran Gitarrist/Sänger Daniel Häne, gefolgt von Tobbe Kleemann am Bass und Andy Kossakowsky am Schlagzeug. Ihr Motto: „wenn die Chemie stimmt, dann springt auch der Funke über“. – Ach wie wahr, kann ich da nur sagen.

Deshalb kann ich Euch da draußen nur wieder empfehlen, Euch das Trio bei  nächster Gelegenheit einmal live rein zu ziehen. Alle Infos und Termine sind unter: http://www.boiling-ink.de/ zu finden.



Lance Lopez tritt ebenfalls in einer Trio Formation auf.

Und obwohl seine Begleitmusiker am Bass und Schlagzeug ebenfalls brillante Musiker sind, degradieren sie automatisch und umgehend in den Hintergrund. Notwendige Staffage nennt man so was.

Schade eigentlich, aber dank der, absolut überdimensionalen Genialität von Mr. Lopez, konzentriert sich die komplette Aufmerksamkeit selbstverständlich auf ihn, und zwar  nur auf ihn, bis auf ein einziges Bass Solo gegen Ende des Sets. Seine fünfte CD ist gerade dabei das Licht dieses Planeten zu erspähen, aber natürlich wieder mal nur in den USA – only. Bei uns heißt so was Import. Deshalb bezieht man sämtliche seiner Longplayer  am besten gleich am Merchandise Stand beim jeweiligen Konzert, - bei Interesse versteht sich. 
Und was soll ich noch groß schwafeln. Lance Lopez hält, was sein voraus geeilter Ruf versprochen hatte. Hier macht die Gitarre Luftsprünge und verlustriert sich in einen, fast schon abartigen Orgienrausch der Klangwelt, ohne allerdings das Auffassungsvermögen der illustren Gästeschar hier übermäßig zu strapazieren. Die Soli sind so konzipiert, dass sie zwar einerseits wunderbar schräg und komplizert klingen, aber trotzdem nie den Faden der eigentlichen Melodie verlieren.

Neben etlichen Eigenkompositionen zollt unser Heino des Bluesrocks u.a. auch Ray Charles und natürlich wieder mal Jimmy Hendrix Tribut. (Anm. Heino übrigens wegen der, auf der Nase festgewachsenen Sonnenbrille, die aber in Lopez Fall, weniger ein Augenleiden vertuschen soll, als vielmehr als Markenzeichen dient.) Und obwohl unser Held auch eine, etwas vollschlanke Figürlichkeit zu Tage trägt, scheint er unter keinerlei Anzeichen von Überanstrengung zu leiden, mal abgesehen von ein paar Schweißtropfen auf der Stirn. Inzwischen steht nicht nur unser Tatortkommissar Leitmeier a.ka. Udo Wachtveitl Kopf vor lauter Begeisterung.  Sondern wir restlichen 95 und ein paar Zerquetschte Blues Verfechter sind ebenfalls hin und her gerissen von so viel Können. Viel mehr gibt’s nicht zu klabautern, außer vielleicht, dass der ganze Zauber letztendlich sagenhafte drei Stunden gedauert hat. Und.... und das ist das beeindruckende,-  keine Millisekunde war langweilig. – Ihr wisst ja: - wie ich immer zu sagen pflege: egal wer da oben was und wie spielt: ein Konzert ist immer dann gut, wenn man die Zeit und seine schmerzenden Beine vom langen Stehen schlichtweg vergisst.  Und das meine Freunde, war heute definitiv wieder mal der Fall.  http://www.myspace.com/lancelopez 


PS: Deutschland wach bitte endlich auf und verbessere Dein Musikbewusstsein. Es wird allerhöchste Zeit!