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Endlich!!!!! Lange genug hats
ja gedauert bis unsere Urviecher des Punks wieder nach München gefunden
haben. Genauer definiert sind es jetzt satte fünf Jahre gewesen, mit
denen uns die Schotten mit Abstinenz bestraft haben. Warum es so lange
gedauert hat, kann Wattie, der Mann mit der kreativsten Frisur auf
diesem Planeten selbst nicht genau sagen, denn eigentlich waren sie doch
konstant on the Road. Tja Pech nur, dass dabei München immer
ausgelassen wurde. Langer Ansage, kurzer Sinn, the Exploited galten in
der Punkhistory immer als das Infant Terrible. Sie waren härter,
schneller und kompromissloser als die Sex Pistols oder gar die Ramones.
Die Band rund um Wattie Buchan macht keinen Happy Go Lucky oder Fun
Punk. Sondern das hier ist Hardcore, - aber hallo! Und zwar in einem
derartigen Ausmaß, dass sich die meisten Heavy Metal Bands dagegen
ausnehmen wie die Wiener Sängerknaben. Fakt ist, dass diese Punkcombo
zur zweiten Generation ihres Genres gehört, und der Song ‚Punk’s
Not Dead’ zur Hymne aller Punkfreaks avancierte. Buchan selbst geriet
während seiner Karriere allerdings immer wieder ins Kreuzfeuer von
Kritikern, die ihm selbst das Fördern dumpfer Stereotypen sowie eine
faschistische Grundhaltung vorwarf. Das rührte aber eher daher, dass
sich gerade in Großbritannien in den Achtzigern etliche Neo-Nazis als
Exploited Fans outeten. Wattie selbst bestreitet in Interviews immer
wieder rechtsextreme Tendenzen, und das wird auch in seinen Texten
unterstrichen, die keineswegs in einer derartige Richtung zielen.
Trotzdem bleibt er bis heute, eine in der Punkszene, aus mannigfaltigen
Gründen umstrittene Person. 2005 war die Backstage Halle zum platzen voll, und fotografieren war nur unter Lebensgefahr möglich. Heute ist das anders, denn das Backstage Werk, das normalerweise 1.200 Personen fasst, ist gerade mal von kläglichen 400 Fans besucht. Woran das liegt, kann man vielerlei auslegen. Nennen wir es den falschen Zeitpunkt am falschen Ort, oder ist es vielmehr der Tatsache der langen Abstinenz zuzuschreiben. Wir werden es wohl nicht wirklich erfahren. Aber zumindest kommt es durch den, vorhandenen Fotograben, nicht zu Ausschreitungen oder wildem Stage Diving und ich kann in Ruhe meine visuellen Impressionen einfangen. Drei Acts sind angesagt, wobei diese in ihrer Art nicht unterschiedlicher sein könnten. Nummer Eins kommt aus Michigan, USA und hört auf den klingenden Namen Al & The Black Cats. Und ich meine mich dunkel erinnern zu können, diese Truppe schon einmal live erlebt zu haben. Wie der Name schon anklingen lässt, haben sich die Black Cats dem Rockabilly verschrieben, aber diesen in Stahlbeton gekleistert in formreinster Punkmanier. Da tanzt der Contrabass einen Tscha Tscha Tscha, bedient übrigens von Hugh, Arno klopft die Felle und Tony macht den Rest, sprich singen und Gitarre spielen, und einen neuen Rekord im Hochsprung üben. Übrigens, für alle die sich jetzt fragen: ja und was ist mit Al? Nun, der hat sich inzwischen zur Ruhe gesetzt. Im Klartext: unsere drei Jungs hier waren eigentlich die Background Band für Al Krivoy. Aber als good old Al merkte, dass bei seinen Auftritten, die Mädels im Prinzip nur wegen seiner Boys angetrabt gekommen waren, zog er sich zurück und ließ dem Trio den Vortritt. Drei Alben sind seit dem Alleingang 2006 in Folge erschienen. Das wären: "The Fabulous Rockabilly Sounds of" & "Shakin' At the Knees" und "Givin' Um Something to Rock & Roll About". Und aus alledem wird denn auch reichlich geschöpft. Nicht nur ich stelle letztendlich fest, dass das hier, was die Black Cats fabrizieren, nicht von schlechten Eltern ist und absolut kein Zeitlupentempo besitzt. Im Gegenteil, hier bekommt der Rockabilly die Sporen verpasst und putscht uns in die Stratosphäre mit dem Verlangen nach noch viiielll mehr, und das sollten wir dann auch bekommen. http://www.myspace.com/alandtheblackcatsusa Und sie rühmen sich
selbst, die am längsten existierende Punkband mit Original-Line-Up zu
sein. Und
das sind immerhin schon sagenhafte 35 Jahre. Alle Achtung, das können
wirklich nicht viele Acts von sich behaupten. Bei ihrer Gründung 1975
nannte sich die Band anfangs Afterbirth, später The Pintz. Im Jahre
1977, durch Stanley Kubricks Film Clockwork Orange inspiriert, änderten
sie ihren Namen in The Adicts. Da es schon eine Band mit dem Namen
Addicts gab, ließen sie einfach ein d weg. Die Mitglieder übernahmen
den Stil und das Aussehen, sprich weiße Klamotten, schwarz-weiß
geschminktes Gesicht, von der Gang aus dem Film „Clockwork Orange“.
Der Backkatalog umfasst 11 Studioalben und etliche Best of’s..
und Compilations, wobei der aktuelle Longplayer mit dem sinnigen Namen
‚Life Goes On’ im vergangenen Jahr erschien. Der Fokus dieser Band
ist aber definitiv Frontmann Keith „Monkey“ Warren, der nicht wie
seine Kollegen in Black and White erscheint, sondern in fantasievollem
Glitzerlook. Und dieser Kasper, meine Herrschaften, macht das Backstage
Werk zum spritzigen Feuerwerk kunterbunter Konfetti Explosionen.
Vielleicht können sich einige von Euch noch an die Adicts im
Vorprogramm von den Toten Hosen im vergangenen Jahr erinnern. Aber natürlich
hat man dort als Support nicht jene Entfaltungsmöglichkeiten, die
Monkey jetzt an den Tag legt. Er und seine Kollegen stehen für einen
sehr melodiösen Punkrock, der nicht böse, aber dafür umso lustiger rüber
kommt. Heißa da kommt Freude auf, auch für mich in Sachen Fotografie.
Denn bei so einer Pracht, macht meine Kamera wahre Luftsprünge. Die
Adicts haben auch die Exploited Fans,zumindest einen Großteil im Griff,
und das Backstage Werk feiert eine einzige große Party, und zwar in
einem derartigen Maße, dass das hinterlassene Schlachtfeld dem von
Waterloo in nichts nachsteht. Und unsere hauseigenen Stagehands dürfen
sich erst mal als fleißige Putzlieschen nützlich machen, um den Altar
für die Exploited wieder zum blitzen zu bringen.
Und last but not least rollt Wattie an, unverkennbar seit eh und je mit
seiner knallroten Irokesen Haarpracht, die fast von Beginn weg, als
Markenzeichen für die Exploited diente.
Im Gegensatz zu den Adicts ist
von der Urformation der Exploited inzwischen nur noch Wattie übrig
geblieben. Aber das macht nichts. Denn ums straight auf den Tisch zu
knallen: Wattie ist the Exploited, und the Exploited sind in erster
Linie Wattie. Heute besteht die Band außer unserem ehemaligen
Berufssoldaten, noch aus Bruder Willie am Schlagzeug, Bassist Irish Bob
und Gitarrist Matt, dem Neuzugang. Und obwohl das letzte Studioalbum
"Fuck
The System" schon sieben Jahre auf dem Buckel hat, hat das
Pseudonym Exploited nichts von seiner Attraktivität eingebüßt. Und
Wattie zeigt mehr als deutlich was er von so Pseudopunkfuzzies wie Green
Day und the Offspring hält. Auf gut Deutsch heißt das: pfeif auf den
Kommerz, nur um damit berühmt zu werden oder Geld zu verdienen.
Hauptsache ist, dass die generelle Message rüber kommt und der
Kultstatus gewahrt bleibt.
Demzufolge schlägt Wattie auch umgehend und
erbarmungslos mit ‚Fuck The System’ zu und steht für Anachronismus
pur und natürlich Anarchy und Chaos, so wie es sich gehört. – Nun
gut, ich bezweifle, dass hier drinnen auch nur einer der 400 Schäflein
akustisch versteht, was Wattie da von sich gibt. Denn kein anderer
zelebriert den schottischen Dialekt so intensiv wie er. Und obwohl ich
selbst fünf Jahre meines Lebens in Großbritannien verbracht habe, tue
ich mich hier und auch später beim Smalltalk – backstage, ganz schön
schwer, alles sofort zu erfassen, was unser Pseudo-Irokese da von sich
gibt. Ich vermute ein Dialekt der Hopi Indianer ist auch nicht viel
unverständlicher als Watties Hyper-Slang.
Wie auch immer, der
Hexenkessel brodelt nicht ganz so übel wie beim letzten Mal, und das
liegt weniger an der geringeren Zuschauerzahl, als vielmehr an der, fast
unüberwindbaren Barriere des Grabens vor der Bühne, die von etlichen
Schutzengel bewacht wird. Und selbstredend kommt auch die Devise ‚Punk’s
Not Dead’ zum Zuge. Ach was rede ich da großartig. Der lebende Beweis
strampelt sich da oben die Kniegelenke wund und gibt seine bitterbösen
Kommentare zur Gesellschaft, Politik und Economy zum besten und das auch
noch äußerst glaubhaft und knallhart.
Fest steht, the Exploited
krempeln nach wie vor den Globus um im wahrsten Sinn des Wortes, auch
wenn internationale Hitlisten schon lange zum Fremdwort geworden sind
und ein neues Bibel-Kapitel noch aussteht. (Anm.: das soll aber
lt.Wattie noch in diesem Jahr verlegt werden. Fünf Songs sind schon im
Kasten.) Aber egal, wie bei allen Kultbands wollen die Fans bei den
Konzerten vor allem auch die Kultsongs hören. Und ohne Punk’s Not
Dead’ wäre eine Exploited Show kein Exploited Gig. Aus, Amen und
Feierabend. |