Sag niemals nie wieder, heißt
ein schönes Sprichwort. Aber im Falle von Deutschlands größter
Rockband, den Scorpions soll jenes jetzt relativiert werden. Denn, so
beteuert Klaus Meine: es wird mit Sicherheit keine Wiedervereinigung
geben nach dieser Abschlusstournee. Schlagzeuger James Kottak gibt
allerdings zu bedenken: don’t worry, diese allerletzte Konzertreise
wird mit Sicherheit mindestens zwei Jahre dauern, wenn nicht sogar länger.
Also bleibt noch eine Menge Zeit, um den finalen Abschied ausführlichst
zu zelebrieren.
Und ein äußerst giftiger Stich in den Schwanz ist der Münchner
Auftritt dann auch im wahrsten Sinn des Wortes, vor allem für die erste
Supportband ‚Blowsight’.
Die amerikanischen Newcomer, die erst vor kurzem als Support von Kottak
im Backstage Club gastierten (hier),
erhielten vor Ort am frühen Abend die Ansage – kein Auftritt heute
und auch keinen weiteren mehr. Da kommt natürlich Freude auf, im
umgekehrten Sinn. Gerade für eine junge, noch relativ unbekannte Band wäre
so ein Opener Slot immens wichtig, um sich in größerem Stil zu
etablieren. Aber es sollte nicht sein. Die genauen Gründe entziehen
sich meiner Kenntnis, aber angeblich sollen sie produktionstechnischer
Art sein. So lautet jedenfalls das offizielle Statement etwas später.
Trotzdem ziemlich unfair wie ich finde, denn da lässt man erst eine
junge, hoffnungsvolle Rockband großartig einfliegen auf Selbstkosten
versteht sich, um ihnen dann, eine Stunde vor Stage Time die Hintertür
zu weisen.
Nächste Station: bekanntlich sitzt das Label
der Scorpions hier in München. Also gibt’s noch schnell eine
Verleihung zur Goldenen Schallplatte. Eine ‚nette’, etwas füllige
Dame von Sony Music zieht es allerdings vor, neben den unzähligen
Agenturfotografen, dann lieber noch zwei eher, unbekanntere Website
Knipser mit Pocketcams zum Photocall vorzulassen, als wie zwei namhafte
Zeitschriften. Aber wie sagt man so schön? Persönliche Beziehungen
gehen über alles, vor allem wenn’s hart auf hart geht.
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(Anm: danke Stefan, hast' was
gut bei mir)
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Und
die Olympia Gmbh. lässt es sich auf die Schnelle vor der
Verleihung nicht nehmen, die Brüder noch per Handabdruck in Beton zu
verewigen.
Es regiert das absolute Chaos und keiner
weiß am Ende noch wo vorne und hinten ist. Münchens Schicki Micki
Szene sonnt sich im Blitzlichtgewitter der unzähligen Agentur
Fotografen, die heute anwesend sind, allen voran Abi Ofarim, der sich über
etwas Beachtung der Presse sichtlich zu freuen scheint.
Eröffnen tun letztendlich dann „nur“ Edguy pünktlich um 20
Uhr in der ausverkauften Olympiahalle.
Und Sänger Tobias Sammet erinnert mich
in seiner anfänglichen Aufmachung und physischen Fortbewegungs-Technik
entfernt fast schon an Steven Tyler von Aerosmith. Seine Konstitution
ist erstaunlich, so ist es doch bekanntlich äußerst schwierig,
intensives Abtanzen und gleichzeitiges, inbrünstiges Singen unter einen
Hut zu bringen. Aber Toby, so klein und schmächtig wie er wirkt,
meistert das fast mühelos.
Der Einstieg erfolgt mit ‚Dead Or
Rock’. Es folgt ‚Superheroes’,
‚Price Of Creation’, ‚Ministry Of Saints’, Save Me’. ‘Lavaotry
Lovemachine’ und das Schlusslicht ‘King Of Fools’. Und dann ist
schon wieder Schluss mit lustig. Leider darf der Support selbstredend
nicht den Laufsteg ins Publikum benützen und muss seinen
Bewegungsradius schön hinten auf die Bühne, only - konzentrieren.
Aber keine Frage: Edguy haben ihre Sache
sehr gut gemacht, soweit es ihnen jedenfalls der eingeschränkte Rahmen
gewehrt hat. Und Klein-Toby tut dann noch seine andere Leidenschaft kund
und brüllt: hoch lebe der FC Bayern, geil is’ es und zur
Meisterschaftsfeier sind
wir alle am Marienplatz am nächsten Morgen.
http://www.edguy.net/
21 Uhr und die Lichter gehen aus, um die Scorpions mit Pomp, Klimborium
und Feuerzauber zu begrüßen.
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Und nach dem, etwas überflüssigen Intro
stürmen unsere betagten Rocker das Schlachtfeld, um sofort ihren
‚Sting In The Tail’ vom Stapel zu lassen. Und, soll ich Euch was
sagen? Geändert hat sich seit dem letzten Mal im Prinzip rein gar
nichts, wenn man mal vom beweglichen Schlagzeug Potest absieht und einem
neuen Album. Apropo Schlagzeug! Wieder einmal tritt die Ignoranz der Münchner
zu Tage im Rückblick auf James Kottaks kürzlichen Auftritt im Münchner
Backstage Club, wo gerade mal 30 ärmliche Seelen angetanzt kamen. Dabei
bringt jener mit seiner eigenen Combo eine Party on Stage, die die
Scorpions hier müde aussehen lässt. Diese Ignoranz ist schon traurig,
aber leider eben wahr. Ergo, es ist alles eine Frage der Reputation und
des finanziellen Aspekts. Ich bin auch vollkommen überzeugt, wenn man
die Scorpions auf so eine kleine Bühne wie im Backstage Club stellen würde,
(Anm. eben da, wo vor kurzem James Kottak seine ganz individuelle Show
abgezogen hatte), dann wäre
nicht mehr viel übrig vom Glamour der, ach so großen Rockband. Noch
eine Tatsache erweist sich als, eher befremdlich. Die Scorpions waren
eigentlich immer bekannt dafür, dass sie bei ihren Konzerten einen
glasklaren Sound produzierten. Nicht so heute Abend, wo die
Akustik teilweise in einen undefinierbaren Brei verwabbert . Natürlich ist es auch immer eine
Sache,- von wo aus in dieser Halle man die Fühler ausstreckt. Aber auch
im hintersten und schrägsten Winkel sollte es ‚so’ eben nicht
klingen.

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Zumindest hält Sänger Klaus Meine seine
Ansagen zwischen des Songs in deutsch und nicht in Englisch. Ich denke,
Ihr wisst was ich dsmit meine. Rudi Schenker erweckt hingegen den Anschein,
als ob er im dritten Frühling immer noch denkt, er könne es mit jedem
25jährigen aufnehmen. Wobei wiederum jung denken ja gut und schön ist,
aber nicht in einem Stile, dass es fast schon wie eine bewegliche
Karikatur wirkt,
zumindest was die physische Motorik betrifft.
Gitarrist Matthias Jabs macht eine
weitaus bessere Figur da oben, wogegen Bassist Paweł Mąciwoda
ziemlich im Schatten des Rests verschwindet mit wenigen Ausnahmen.
James auf seinem Trommelthron weit oben,
bekommt dann zumindest noch eine kleine, aber eher harmlose Sondereinlage
namens ‚Kottak Attack’. Und er bürgt für seinen Slogan: "Rock'n'Roll
Forever", sowohl auf dem T-Shirt, als auch unten drunter. (siehe
Clip)
Der Suppentopf
wird kontinuierlich mit Pyro-Effekten verfeinert, und der
Laufsteg von der Bühne ins Publikum hinein, kriegt fast schon Dellen
von der Hochfrequentierung unserer Oldies but Goldies. Das sind natürlich alles zusätzliche
Provokationen, die Eindruck aufs Publikum schinden, klar doch, so ist es
ja auch gedacht. Aber wie ich schon erwähnte, den aufmerksamen Zuhörer
und Kenner kann all dies nicht über die eigentlichen, noch vorhandenen
Qualitäten hinweg täuschen. – Andererseits soll so ein Konzert ja
in erster Linie Unterhaltung sein. Und das ist es für die meisten
Besucher hier auch, also so what?!
Wie Ihr hier ersehen könnt umfasst die
Setliste neben einigen neuen Stücken, natürlich die Klassiker ‚The
Zoo’, ‚Send Me An Angel’, ‚Holiday’ und ‚Big City Nights’.
Als Zugabe fungiert:
‚Still Loving You’, das unvermeidliche ‚Wind Of Change’ und last
but not least ‚Rock You Like A Hurricane’.
Die 12.000 konservativen Rockfans und
Otto Normalverbraucher sind jedenfalls beeindruckt und zeigen dies
anhand herzlichster und lautstarker Gegenliebe. Endresultat ist ein
durchaus gelungener Einstand für Band und den Großteil der Besucher. Für
mich selber hingegen hat der Umstand, von wegen mindestens 20 Mal vorher
schon live gesehen, dann doch einen etwas wankelmütigen Nachgeschmack
hinterlassen.
PS: ich muss auch gestehen, dass ich mich
bereits beim ersten Pfiff zu ‚Wind Of Change’ verdünnisiert habe,
nicht nur, damit ich vor den Massen
raus komme aus dem Gelände, sondern auch, weil ich genau bei
diesem Stück mehr als nur Gänsehaut bekomme. Aber gut, das sei jedem
selbst überlassen. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Und so
soll’s auch sein, sonst wär’s auf der Welt ja langweilig.
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