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Nichts geht mehr als über,
eine immer wieder kehrende Abwechslung, auch in der Musik. Und so widmen
wir uns heute einmal mehr dem klassischen, deutschen Krautrock. Und wer
könnte hierbei ein besseres Aushängeschild sein als die Münchner
Haus- und Hofband Amon Düül. Zur kurzen Erklärung sei lediglich
gesagt, dass sich aus den ursprünglichen Amon Düül in den Sechziger
Jahren mit Aushängeschild Uschi Obermeier, innerhalb eines Jahres Amon
Düül II heraus kristallisierte, bzw. parallel entwickelte. Und diesen
stand wiederum Chris Karrer voran. Während Düül Phase 1 mehr oder
weniger drauf los experimentierte, legten Düül II sehr viel Wert auf
den musikalischen Inhalt. Aber langer Rede kurzer Sinn, würde man jetzt
die komplette History von beiden Düüls hier aufzählen, dann wäre
damit jeglicher Rahmen gesprengt. Und dies hier soll schließlich eine
Live Review sein und keine Bio-Story. Deshalb verweise ich hier auch auf
http://www.germanrock.de/ wo man
jedes noch so kleinste Detail über jenes Kapitel findet. Tatsache ist, und back to the Action, dass Amon Düül heute Abend hier im Metropolis eine Home Party feiern mit allem drum und dran. Und eine weitere Krautrock Legende begleitet Chris Karrer und Co. dabei, nämlich Bröselmaschine. Aber es gibt auch einen weniger schönen Umstand, der dieses Event begleitet. Und das ist die Tatsache, dass es sich hierbei um die allerletzte Veranstaltung im Metropolis handelt, bevor der Laden ein für allemal seine Pforten schließt. Deshalb kann ich mich auch nicht eines leichten Wehmutsgefühls erwehren. Denn dieser Club birgt sehr viele Erinnerungen an etliche gute Konzerte, die hier stattfanden. Aber damit ist jetzt leider ein für allemal Schluss. Ca. 500 Gäste haben sich eingefunden. Und das sind zum Grossteil offensichtlich Freaks aus jener Epoche Anfang der Siebziger Jahre, die anno dazumal Amon Düül schon live on Stage erlebt haben. Ich für meinen Teil war zu der Zeit noch etwas zu jung und wohnte außerdem fernab von den Metropolen des Krautrocks. Aber, dank weitervererbtem, musikalischem Kulturguts, hat jeder von uns bei Interesse die Möglichkeit gehabt, die Karriere und Musik all dieser Künstler nach zu verfolgen und kennt sich demzufolge einigermaßen aus. Und da Tote bekanntlich am längsten leben, kommen wir auch immer wieder in den Genuss solcher Fossilien. Und genau so ein Dino eröffnet unseren Nostalgieabend klassischer Krautrock Idylle. Bröselmaschine stammt aus der selben Epoche wie Amon Düül II und werden nach wie vor von Peter Bursch angeführt. Neben ihm, Willi Kissmer und Michael Dommers, gehören zu den heutigen Bandmitgliedern Helge Schneider (welcher aber nicht mehr, - oder nur hier nicht mit dabei ist), Tom Plötzer (Keyboard), Manni von Bohr (Drums), Detlef Wiederhöft (E-Bass), Klaus Dapper (Querflöte, Saxophon) und Anja Lerch (Gesang). Der Name der Band geht zurück auf eine Cannabis - Zerkleinerungsapparatur und das Geräusch eines Motorrads, das einem Freund des Bandmitgliedes Jenny Schücker gehörte. Die Bandmitglieder lebten in einer Kommune in Duisburg und gehörten Ende der Sechziger Jahre zu den deutschen Rock-Bands der ersten Stunde. Seitdem hat es einige Trennungen und Wiedervereinigungen gegeben. Im Mai 2008 hat die Band dann eine neue DVD und eine CD veröffentlicht, auf der Konzertmitschnitte des Burg-Herzberg-Festivals und des Rockpalast Konzerts Bonn sowie Interviews zu sehen und zu hören sind. Zeit also, sich auch wieder einmal im Süden Deutschlands blicken zu lassen – live on Stage, versteht sich. Und was soll ich sagen? – Im Prinzip nicht viel, außer dass ich äußerst positiv überrascht bin von deren Performance hier in München. Hier ist tatsächliche Musikalität am Start, allen voran Peter Bursch himself, der vor allem zwischendurch auf seiner Sitar brilliert. Jedes Kind weiß, dass dieses Instrument nicht unbedingt einfach zu handhaben ist, es sei denn, man heißt Bursch mit Nachnamen. Hervor sticht auch das fast 18minütige Drumsolo von Manni Von Bohr , der auch in der Randy Hansen Band mitspielt. Hut ab vor so viel Können. Was aber am meisten beeindruckt ist die Tatsache, dass nicht eine Sekunde dieses Schlagzeug Zaubers langweilig ist. Und das heißt was, denn normalerweise ist das immer so eine Sache mit überlangen Drumsoli. Und es geht nicht nur mir so sondern auch allen anwesenden Amon Düül Fans, die Bröselmaschine äußerst wohlwollend aufnehmen. Ich denke mal, dass es umgekehrt genauso ist und Peter Bursch und seine Truppe den Abend hier in München auch sehr positiv empfinden. Lässt nur zu hoffen, dass die Duisburger irgendwann wieder ihren Weg hier nach München finden, sofern ihnen noch ein längeres Dasein beschert ist.
http://www.broeselmaschine.de/ Derzeit gibt es das gute Stück
als Download auf der Band -
Seite
zu erwerben. In Laufe des
Jahres soll es aber noch als CD und auf Vinyl erhältlich sein. Das neue
Teil ist übrigens das erste in einer weitgehend kompletten
Stammbesetzung seit „Vortex“ von 1981.Und
mit diesem Konzert heute, soll die Legende weiter gefeiert, - Erinnerungen neu
belebt,- und der Zeitgeist als solches reanimiert werden. Aber er hat es getan, und
das ist es was in erster Linie zählt, egal wie er es gemacht hat.
1 zu 0 für ihn! Für den Rest der Show bedient übrigens Gerald
Carbonell die vier Saiten. Das Keyboard wird mit den Worten vorgestellt:
"Unser Keyboarder ist so neu, dass ich bislang nur seinen Vornamen
weiß, nämlich Jockl." |
Der größte
Charakterkopf da oben ist aber mit Sicherheit
Chris
Karrer, der nicht nur als Multi-Instrumentalist Eindruck schindet,
sondern allein durch seine bloße Erscheinung. Um es in einem Satz zu
beschreiben: der gute Mann muss ‚sehr’ viel erlebt haben in seinem
Leben. Er ist Gründungsmitglied von Amon Düül und bekannt für seine
Zusammenarbeit mit Embryo und Ernst Fuchs. Und er spielt sich mit
Gitarre, Oud, Violine und Saxophon und ich weiß nicht, mit was noch. Ich muss zugeben, Herr Karrer ist
ein äußerst attraktives Fotomotiv und natürlich offensichtlich ein
hervorragender Musiker.
Wie man der Setliste entnehmen kann, sind die meisten Klassiker dabei,
jene, die man bei einem Amon Düül II Konzert immer hören möchte, wie
zum Beispiel ‚Deutsch Nepal’ und ‚Metropolis’ etc. und das alles
herrlich schräg interpretiert. Mit gleich zwei Schlagzeugern wird der Rhythmus bestimmt, nachhaltig und mit Eyecatcher Effekt. Zuständig dafür ist vor allem Danny Fichelscher. (Anm. Bekanntlich ist Ur Drummer Peter Leopold 2006 verstorben). Was die Musik betrifft, so heißt es da
auf der offiziellen Website der Gruppe:
Düül 2010 sei „nicht Kraut“ und auch „nicht 70er“,
sondern „Musik für das neue Jahrtausend“. Nun darüber könnte man
streiten, aber dank der amüsanten Skurrilität der Klangstrukturen
ergibt das Ganze ein, wie soll man sagen? –Gesamtkunstwerk, das
irgendwie zeitlos rüber kommt. Fakt ist, Deutschlands Kommunen-Rockband
Nr. 1 hat ihre Wurzeln, ihr Können und ihre damalige Philosophie noch
nicht vergessen. Auch wenn gerade letztere in der gegenwärtigen Zeit
keine einschneidende Bedeutung mehr hat.
Lothar Meid hält, wie in der
Abendzeitung
berichtet, noch daran fest: „Düül war für mich immer Freiheit.“,
meinte er. Gitarist John Weinzierl - hingegen: „Da steht Lothar allein
mit seiner Meinung da. Man werde selbstverständlich
ordentlich dran bleiben, aber er identifiziert sich weiterhin mit dem
Anarcho-Charme des Düül-Clans: „Klar wir sind alle nach wie vor
nicht zivilisiert, höchstens industrialisiert.“
Wie auch immer, das heutige Amon Düül Konzert hier in ihrer
Heimatstadt München war wieder mal eine 2-stündige abenteuerliche
Zeitreise, die mit viel Musikverständnis!!! Erinnerungen und hohem
Nostalgiefaktor vor allem sämtliche Amon Düül Fans höchst befriedigt
haben dürfte. Ich für meinen Teil kann es nur so beschreiben: es war eine
durchaus interessante und noch amüsantere Erfahrung. Und ich möchte
sie auf keinen Fall vermisst haben. :-)) |
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