“Die Haare sind ab“. – Jawohl, das kommt einem als allererstes in
den Sinn, wenn man Good Old Willie hier und heute Abend in München im
Circus Krone auf der Bühne stehen sieht. –
So waren doch seine ultralangen Zöpfe fast schon zum
Markenzeichen für die Country Ikone geworden. Aber die sind nun mal
nicht mehr. Und ehrlich gestanden, die neue Frisur, die sich Willie
jetzt endlich mit 77 Jahren zugelegt hat, steht ihm in der Tat
ausgezeichnet. – Viel mehr brauche ich zu diesem Mann, glaube ich,
nicht sagen. Denn nachdem Johnny Cash (Gott hab ihn selig) vor einigen
Jahren vorstorben war, kann man Willie Nelson gut und gerne als die
letzte große, noch lebende Country- und Blue Grass Legende in den USA
und sogar weltweit bezeichnen.
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Und wenn man sich den Tourkalender von
Mr. Nelson ansieht, dann Hut ab. Ich glaube, 150 gezählte Shows allein
in Amerika in diesem Jahr reichen nicht. Und dazu kommen jetzt noch jede
Menge Auftritte in Europa. Fit ist er immer noch, das muss man ihm
lassen. Aber es gibt dennoch einen riesengroßen Unterschied zwischen
Tourneen von Willie Nelson in Amerika und hierzulande. Und der heißt
schlicht und ergreifend ca. 10 – 50.000 Fans, die er drüben in der
Heimat mehr hat bei einem einzigen Auftritt. Wogegen es hier in München
z.B. geradem mal für knappe 1.000 reicht. Aber während andere US
Country Superstars es erst gar nicht erwägen Europa zu beehren, weil es
sich schlicht und ergreifend finanziell nicht rentiert, kommt Willie
alle paar Jahre wieder auf einen Katzensprung herüber und infiziert uns
mit seiner Country Nostalgie. Und das, obwohl diese musikalische
Stilistik bei uns ein mehr als nur stiefmütterliches Dasein fristet und
er selbst es weiß Gott nicht nötig hätte. Denn Willie ist, wie gesagt
in Amerika ein Idol, eine lebende Legende und der Allergrößte seines
Faches. In Zahlen sind das mindestens ein Dutzend Grammys, und etliche
Auszeichnungen wie der American Music Award, CMA Awards u.a.
Übrigens auch als Schauspieler
profilierte er sich über die Jahre hinweg, wie unter anderem in ‚Der
Elektrische Reiter’ mit Robert Redford oder in der TV Serie’Ein Duke
Kommt Selten Allein’. Alle Aufzählungen
seiner verschiedensten Tätigkeiten würde hier den üblichen Rahmen
sprengen, deshalb belassen wir es bei den gegenwärtigen, nackten
Tatsachen, dass Willie Nelson just eben da oben die Bühne betreten hat
mit seinem kleinen, aber feinen Ensemble, das er selbst als Family
bezeichnet. Stimmt auch gewissermaßen, denn am Piano sitzt niemand
anderer als Willies Schwester Bobby
Nelson, die bereits
beachtliche 80 Jahre zählt. Ergo: die Nelson Family scheint gute Gene
zu besitzen.
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Willie selbst pocht auf Minimalismus, und
im Mittelpunkt und einem einzigen Scheinwerferlicht steht lediglich er
selbst mit, wie eingangs erwähnt, neuem Haircut, einem Cowboyhut und
seiner uralten »Martin«Gitarre aus dem Jahr 1969, die er liebevoll
Trigger nennt. Diesem Instrument ist anzusehen, dass es schon viel
erlebt hat. Und es heißt sogar, dass es an einer Stelle sogar ein
Einschussloch hat. Wenn Willie nicht on Tour ist, dann steht diese
Gitarre im »Willie Nelson Museum« in Nashville, ausgerechnet dort, wo
er mit Johnny Cash die Outlaw-Bewegung gegen die kommerziellen Fesseln
der Musikindustrie gegründet hat. Und so
klingt er noch heute: nach Rebellion und Außenseitertum,
wenngleich er auch inzwischen eher leiseren Töne anschlägt.
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Der Cowboyhut ist nach den ersten 2 Songs
Geschichte, und seine neue Haarpracht ziert er mit einem Stirnband, das
ebenfalls nach kürzester Zeit einen Fan in der ersten Reihe sehr happy
macht. Und es sollte nicht bei einem Band bleiben während der Show.
Willie übt sich nonstop im Understatement trotz seines Superstar
Status. Sogar das Bühnenbild wird lediglich durch eine amerikanische
Flagge geziert. Mit seiner typisch-nasalen Stimme gibt er der Musik eine
ganz spezielle Note, wobei sein breiter Texas Slang so manches Wort
schlichtweg verschluckt. Aber genau das ist der Clue und ein weiteres
Markenzeichen eines Willie Nelson.
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Selbstredend dürfen die Klassiker natürlich
nicht fehlen: „Don’t Let Your Babies Grow Up To Be Cowboys”,
“You Were Always On My Mind”, “On The Road Again” oder “Beer
For My Horses” um nur einige zu nennen. Das Publikum, übrigens zum
Großteil stilgemäß in Cowboy Boots - und Stetsons gewandet, dankt es
dem kleinen, großen Mann mit Standing Ovations. – Bei vergangenen Auftritten auf diesem Deutschland Trip hatten
sich einige Zungen beschwert, dass es bei seinen Shows keine Zugaben gäbe.
– Tut es auch in München nicht. Aber legen wir mal die Fakten auf den
Tisch. Mit 77 Jahren eine fast 2stündige Performance runter zu rasseln,
um dann noch mindestens 25 Minuten vom Bühnenrand aus Autogramme zu
schreiben für eine absolut enthusiastische Menge, da ist doch eine
ausbleibende Zugabe nun wirklich mehr als verzeihbar.
Fakt ist, man muss schon eine gewisses Verständnis für traditional
Country Music mitbringen, das Ganze versehen mit einer gehörigen Prise
Blues und sogar gewisse Jazzanleihen. Aber ansonsten kann ich nur sagen:
gut war’s Willie, und wir sind alle dankbar, dass Du noch einmal hier
bei uns warst in Europa. Es könnte das letzte Mal gewesen sein, - oder
auch nicht. Ich meine bei der Konstitution ist noch so einiges drin,
wenn nicht sogar sehr viel..... Howdy, ich habe gesprochen.
http://www.myspace.com/willienelson |