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Okay, um es straight zu nehmen, die breite Masse kennt diesen Musiker,- wenn überhaupt, nur dank eines einzigen Songs, nämlich ‚Right Place – Wrong Time’. Ja, und eventuell noch ‚Let The Good Times Roll’, das da so manchem unter uns bekannt vorkommt. Abgesehen davon muss man schon ein Fan dieses Künstlers sein, um seine Musik wirklich zu kennen und schätzen zu wissen. Immerhin ist Dr.John alias Malcolm (Mac) John Rebennack Jr.) mittlerweile 70 Jahre jung, und hinter ihm liegen 42 produktive Jahre. Und dafür wiederum wurde er 2007 in die Blues Hall Of Fame aufgenommen. Eine ausführliche History kann man hier nachlesen.
Tatsache ist, dass sich Dr.John momentan wieder auf Tour in Europa befindet, um sein neues Album ‚Tribal’ zu promoten.

Und einer seiner Stop Overs heißt München, Bayerischer Hof, allerdings nicht wie sonst üblich, der kuschlige Nightclub, in dem just am selben Abend, Jazzlegende Ron Carter auftritt, sondern wir sind hier im Festsaal unseres Nummer Ein Hotels in München. Der Laden ist mehr als gut gefüllt mit schätzungsweise 1.500 – 2.000 Gästen. Das Ambiente stimmt, die Getränkepreise weniger, denn genauso wie im Club kostet ein Mineralwasser Euro 4,20 und ein Glas Wein 8,--  Aber wir sind hier schließlich nicht in irgendeiner Konzertlocation sondern auf noblen Niveau in gediegenere Hotelatmosphäre.
Dr.John hingegen lässt etwas auf sich warten. Und der Beginn des musikalischen Reigens zögert sich dann auch fast 20 Minuten raus. Supportact gibt’s wie immer bei Bayerischen Hof Konzerten keinen. Dafür ist die Show des jeweiligen, angesagten Künstlers stets in zwei Segmente aufgeteilt.

Nachdem seine Band bereits ihre Position eingenommen haben, wackelt auch Mac Rebennack auf die Bühne. Übrigens seinen Namen Dr.John hat der 5fache Grammy Gewinner anno dazumal von einem Voodoo Meister aus dem heimatlichen Louisiana adoptiert. Ihn musikalisch zu katalogisieren ist sehr schwierig, so ist seine Musik stets eine Mischung aus Blues, Jazz, Gospel, Funk und sogar eine Prise Honky Tonk ist heraus zu hören.
Das Ganze wird von seiner individuellen, nasalen Stimme unterstrichen, die der Melodie genau die richtige Note verpasst. Der Doctor der auch als Night Tripper bekannt ist, wird von Drummer Herman "Roscoe" Ernest III, Bassist David Barard und Gitarrist John Fohl  begleitet, allesamt Weltklasse Musiker für sich selbst Aber mit weniger würde sich Dr.John gar nicht erst zufrieden geben.
Genauso exzentrisch wie er aussieht, so gibt sich der Doktor auch da oben, meist sitzend vor dem Piano, aber dann in Anwandlungen von rhythmischen Energieschüben stehend und mitunter gar mit der Gitarre in der Hand lässt er uns an seiner Version des Südstaaten Funks teilnehmen.

Seine Musik zieht eine gekonnte Grenze zwischen individueller Einzigartigkeit und dem Kommerz, um nicht nur Insider zu ziehen, sondern auch Otto Normalverbraucher Und das wiederum kommt sehr gut an. Wie schon gesagt,
es ist die Magie des Voodoo Blues, sein eindringliches Pianospiel und seine "Grabesstimme" die für wirklich gute Stimmung sorgen. Und ich denke mal, dass Dr. John noch lange vom Ruhestand entfernt ist Und hier in München war er heute mit Sicherheit zur rechten Zeit am richtigen Ort. 
http://www.drjohn.org/


Interview mit Dr.John in der taz (Ausgabe 31.07./01.08. 2010)