Es ist schon kurios. Eben
habe ich noch über die abgehalfterten Metalbands aus den Achtzigern
philosophiert, die jedes Mal, wenn sie hier in München auftreten
buchstäblich abkacken. Und just werde ich eines besseren
belehrt. Denn bei Blind Guardian sind es immerhin 2.000 Figuren, die
ihren Allerwertesten ins Zenith geschoben haben. Und das ist sehr gut für
die, ebenfalls Achtziger Jahre Rocker. Andererseits gehen in den Laden
hier an die 6.000 Einheiten rein, wenn man ihn ausverkaufen will. Und
das wiederum verleiht dem Ganzen einen etwas trügerischen fahlen
Beigeschmack. Denn die Bude ist zur Hälfte mit einem schwarzen Vorhang
abgehängt, und es gibt absolut kein Gedränge oder Geschiebe, - alles
schön relaxed und happy go lucky.
Hier sind wir im Prinzip vor allem, um die neue Bibel ‚At The
Edge Of Time’ zu promoten, und natürlich, um sich wieder mal in
Erinnerung zu bringen. Denn es ist schließlich schon ein paar Jährchen
her, dass Hansi Kürsch und Co. in München aufgegeigt haben, damals
noch in der Tonhalle, die übrigens genau auf diese Band in ihrer Größenordnung
zugeschnitten ist.
Aber nun sind wir mal im
Zenith und versuchen das Beste draus zu machen, ich meine natürlich die
Band.
Wenn eine Rockband den Ruf – Otto Normalverbraucher wirklich verdient
hat, dann sind es mit Sicherheit Blind Guardian. Na ja, zumindest
lassen wir, im Gegensatz zu früher, wenigstens den Jogginganzug in
Schrank hängen und geben uns mit, doch schon etwas fortgeschrittenerem
Alter etwas mehr sophisticated – in gut deutsch gesetzter. Das
letzteres aber lediglich auf äußere Aspekte zutrifft, davon können
wir uns umgehend überzeugen, nachdem die beiden Fahnen-Vorausträger
Steelwing und Van Canto ihr Zepter geschwungen haben.
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Die erste Vorspeise liefern demnach
unsere schwedischen Nachbarn von Steelwing.
Wenn jetzt jemand fragt, wer das denn
eigentlich ist (Anm. auch ich selbst musste mich erkundigen) dann kann
man es niemanden verdenken. Denn Steelwing gibt es erst seit ca. einem
Jahr. Ihren Namen haben die Skandinavier von einem Judas Priest Album
namens ‚Screaming For
Vengeance’ gepachtet, weil auf dessen
Frontcover ein großer stählerner Piepmatz abgebildet ist. Naja, große
Inspiration hat die Band damit nicht gezeigt und aus dem üblichen
Klichee Topf geschöpft. Aber das soll natürlich kein Vorurteil sein.
Solange die Leistung stimmt, können sie von mir aus Hans Guck In Die
Luft heißen.-
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Wie auch immer, eine neue Band, und noch
dazu in so einem riesigen Venue neutral zu beurteilen ist äußerst
schwierig. Denn da fehlt die gewisse Nähe, die es vor allem bei
ungewohntem Terrain benötigt. Sagen wir so, der erste Eindruck im üblichen
Opener Schummerlicht ist kein schlechter, auch wenn das, was die
Schweden hier bieten schon 100 Mal da gewesen ist. Sie geben sich auf
alle Fälle rechte Mühe, um ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen und ihr
Debütalbum ‚Lord Of the Wasteland’ entsprechend zu promoten. Ich
bin mal gespannt, wann wir die Brüder wieder in deutschen Landen begrüßen
dürfen, dann hoffentlich in kleinerem Rahmen zum intimeren
Tete’a’Tete.Und dann reden wir weiter. - http://www.myspace.com/steelwing
Die Zweiten im Reigen sind keine so Unbekannten mehr, vor allem weil sie
etwas machen, was noch nicht viele für sich entdeckt haben. Die Rede
ist Van Canto, der einzigen a cappella Heavy Metal Band auf diesem
Planeten.
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Zumindest ist mir von keiner anderen
Gruppe dieser Art bislang etwas zu Ohren gekommen. Nur mit den Stimmen
und einem Schlagzeug produziert die Band einen so satten Sound, dass
man, wenn man die Augen dazu schließt, tatsächlich meinen könnte, da
wäre noch ein Bass und anderes Gerät im Einsatz. Ist es aber bis aufs
Schlagzeug eben nicht. Diese Technik des sogenannten a cappella Singens sieht zwar spielerisch, einfach aus, ist es aber
nicht. Im Gegenteil, da muss jeder Ton bis ins kleinste Detail sitzen.
Im Gegensatz zum Opener, habe ich Van Canto bereits in kleinem Rahmen
auf einer Headliner-Clubtour live on Stage erlebt und konnte mir ein
gutes Gemälde fabrizieren. Diese ungewöhnliche Strategie der
Performance beeindruckt nicht nur mich immer wieder aufs Neue. Auch wenn
es nicht jedermanns Kaffetasse ist, Geschmäcker sind bekanntlich
verschieden, so haben Van Canto eine neue Bandbreite erschlossen, eine
die es wirklich verdient, beachtet zu werden. Und das tut sie so oder
so.
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Auf alle Fälle hat die Band meinen ganz
großen Respekt und Hochachtung. Denn das was Van Canto da von sich
geben, ist klasse gemacht – keine Frage. ‚Tribe Of Force’ heißt
das dritte Album der Band, das z.T. hier live vorgestellt wird neben
etlichen anderen Tracks, teilweise Coverversionen berühmter
Rockklassiker. Den Abschluss macht aber immer Iron Maidens ‚Fear Of
The Dark’. Und das ist zugleich auch der Höhepunkt. – Hoffentlich
bis bald wieder, kann ich nur sagen....
http://www.vancanto.de/
Blind Guardian muss ich zuallererst ein ganz großes Kompliment
aussprechen.
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Wenn man bedenkt, dass diese Band schon
ganze 26 Jahre auf dem Buckel halten, dann alle Achtung Hansi: Du hast
Dich wirklich gut gehalten, und die schnittige Kurzhaarfrisur steht ihm
hervorragend und macht vor allem noch jünger. 25 und ein paar
zerquirlte würde ich ihm locker geben, wüsste ich’s nicht besser.
– Der Rock’n’Roll hält halt doch jung in jeder Beziehung, sofern
man nicht über die Stränge schlägt. Aber Blind Guardian waren noch
nie das, was man im allgemeinen als RR Animals bezeichnet. Wie ich
eingangs schon erwähnte, hier sind eher – die netten, unauffälligen
Jungs von nebenan – angesagt. Allerdings bläst augenblicklich ein
ganz anderer Herbstföhn durchs Gebläse, wenn die Truppe zu ihrem
musikalisch-opulentem Intermezzo ansetzt.
Und auch wenn Hansi (Anm: sorry, erinnert mich immer an Omas
Wellensittich) nicht unbedingt über einen Bewegungsradius ala’ David
Lee Roth oder Iggy Pop verfügt, so macht doch sein stimmliches Volumen
für vieles wett. Der Rest Kammerorchesters besteht nach wie vor aus
Gitarrist Andre´ Olbrich und Gitarrist Marcus Siepen, sowie Drummer
Frederik Ehmke, der 2005 für den, damals ausgeschiedenen Thomen Stauch
gekommen war. Keyboard und
Bass werden von Gastmusikern bestritten die die Namen Oliver Holzwarth
und Michael „Mi“ Schüren tragen. Allerdings sind jene schon so gut
wie Teil der Gruppe. Also was soll’s.
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Auch hier gibt’s einen musikalischen
Fokus mit dem Titel ‚At The Edge Of Time’. Es ist der neunte
Longplayer von Blind Guardian. Opulente Klangwolken treffen auf Hardrock
Riffs, um sich zu einem, fast schon symphonischen Gesamtwerk zu
vereinen. Jener Opus vermischt mit altbekannten Hymnen machen aus dem
Auftritt hier eine gehobene akustische Darbietung fortgeschrittener
Rock’n’Roll Kunst – von dezenter Zurückhaltung bis zu
ausschweifender Exaltiertheit, aber das stets vornehm bedeckt.
Hmmmm? Keinen goldenen Kupferschimmer, ob
das jetzt verständlich rüber gekommen ist. Aber fest steht, Blind
Guardian stehen mit Sicherheit für Qualität. Und das wissen die 2.000
Fans hier sichtlich zu schätzen. Was will das Rockerherz mehr. Lieber
eine saugute Stimmung bei dieser Größenordnung als Tote Hose bei
6.000. – In diesem Sinne.....
http://www.blind-guardian.com/
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