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Also langsam würde ich dem
Franko-Kanadier vorschlagen seine Zelte in Toronto ganz abzubrechen und
einen Umzug nach Europa zu überdenken. Denn so oft wie Mr. Jones
hierzulande unterwegs ist, ist fast kein anderer Künstler dieses Genres
hier. – Der Witz bei der Sache ist aber eigentlich, dass der Grund
mitnichten der viel größere Erfolg bei uns hier ist. Denn zu Hause in
Kanada und auch in den Vereinigten Staaten feiert Danko gerade noch nie
erreichte Triumphe mit seinem neuen Album ‚Below The Belt’.
„Nein“, meint der, von sich selbst sehr überzeugte Musiker, „ich
toure einfach furchtbar gerne und mein größtes Ziel ist vorerst, auch
Länder wie Indien und Ostasien zu erreichen.“ (Anm. siehe Interview)
– Auf alle Fälle war Danko Jones in den letzten zwei Jahren
mindestens 4x in München, insgesamt des
heutigen Einstandes, zumal es dieses Mal auch einen triftigen
Grund gibt, und der heißt straight übersetzt – ‚Unter der Gürtellinie’.
– Das ist nicht nur ein dahergesagter Spruch, sondern trifft bei
Danko tatsächlich den Nagel auf den Kopf. Denn seine Provokation in
Text und Musik schießt des öfteren über den vornehmen Geschmack
hinaus und dividiert die Dinge bis in ihre Eingeweide auseinander. Das
wiederum bleibt für viele Konzertbesucher unerkannt, denn 1) beherrscht
ein Teil davon nicht mal ein simples Schulenglisch, und – bzw. oder 2)
ist der gesungene Wortlaut, der meist mit 180 Sachen raus gepresst wird,
ohnehin nur schwer zu verfolgen für unsereins, die englisch nicht als
Muttersprache ihr eigen nennen. – Keine Angst, das tut der phänomenalen
Stimmung keinen Abbruch. Denn der Rhythmus allein und der treibende,
harte, kompromisslose Beat eines Danko Jones lässt Opa seinen
Gichtanfall vergessen, um sich zu einer Höchstleistung im Hochsprung zu
puschen. Und da, meine Lieben, steckt einer den anderen an, wie bei
einer Kettenreaktion. Bei ca. 900 aufgeriebenen Hühnern hier drinnen,
ist der Hexenkessel schon vorprogrammiert bevor er den Siedepunkt
erreicht. Wie auch immer, als Vorspeise gibt’s erstmal ‚Young Guns’ pur und frisch aus Großbritannien importiert. Keine Ahnung, ob sich diese nach dem gleichnamigen Film benannt haben oder aus einer anderweitigen Inspiration heraus. Fakt ist, die Engländer gibt’s in der Form bereits seit sieben Lenzen. Im vergangenen Jahr erschien die Debüt EP ‚Mirrors’. Und jetzt ist endlich auch das Erstlingswerk ‚All Our Kings Are Dead’ da. Zeit ist es also geworden, sich außerhalb der Insel zu promoten. Und was kam da besser daher, als ein Supportslot für Danko Jones, der momentan angesagter ist als nur irgendwas. Young Guns sind: Gustav Wood (Voc), John Taylor (Git), Fraser Taylor (Git),Simon Mitchell (Bass) und Ben Jolliffe (Drums). – Die Band steht für Alternative Rock und Post Hardcore und damit legen sich die Fünf deutlich sicht- und hörbar ins Zeug. Eigentlich wäre das, was Young Guns da von sich geben, auch gar nicht so übel, aber nachdem man drei, vier oder fünf Stücke gehört hat, dann fällt leider auf, dass alles irgendwie, wie soll ich es am besten beschreiben? – gleich klingt. Ja, so is’ es. Eine individuelle Stilistik ist ja gut und schön. Aber
trotzdem sollte jene noch einige Ecken und Kanten haben, die sich von
anderen unterscheiden. Und das tut es nicht. Schade einerseits, und Gott
sei Dank andererseits ist der Zauber nach 40 Minuten wieder um. Danko Jones hat inzwischen seinen bequemen Jogginganzug gegen ein Designerhemd der Marke Boss (oder Versace – auch egal) eingetauscht, sowie ein Paar frisch gebügelte Levis Jeans, die ich selbst vor der Show noch fast ruiniert hätte, weil ich mich unbewusst drauf gesetzt hatte beim Interview. Aber Gott sei’s getrommelt und gepfiffen ist nichts passiert. Und jetzt steht Danko da oben, fein raus geputzt mit Fokus auf seinen extravaganten Gürtel, der für ihn anscheinend seit Beginn weg ein unbedingtes Muss bei Stage Shows ist. Und dann legt unser postmoderner Rebell da oben los, dass selbst die vorwitzigste Kellermaus vor lauter Einschüchterung in ihrer Schwanzspitze erzittert. - Nichts neues im Prinzip für alle, die das Trio rund um Danko himself, (Voc/git), John Calabrese (Bass) und Dan Cornelius (Drums) bereits in der Vergangenheit live on Stage gesehen haben. Aber es ist die Art und Weise der Interpretation, die wütende, fast schon selbstironische Grundstimmung, die kraftvolle Aura des, eigentlich schmächtigen Danko, der locker für Dolce & Gabbana modeln könnte, die eine DJ Show zu etwas besonderem machen. Und es gibt noch eine Besonderheit. Bei anderen Konzerten wird es oft sehr kritisch angesehen, wenn der Frontmann/Frau zwischen den Songs zu viel und zu lange labert. Bei Danko hier ist das anders. Er provoziert das Publikum, sticht ins Kontur wie eine zornige Hornisse und zerlegt sämtliche Gesellschaftsregeln in ein Puzzle extrovertierter Aggressionen, das nach prügelnder Zusammenfügung sofort wieder im Raum explodiert. – Nein man nimmt ihm die verbalen Attacken zwischen ‚Sticky Situation’ und ‚Baby Hates Me’ nicht übel, im Gegenteil, die Fans warten geradezu darauf.
Fünf Stücke vom neuen Teil
finden ebenfalls Platz im Programm (siehe Setliste) Und somit ergibt der
Reigen eine 10fach – und darüber hinaus gelungene Mischung aus Dankos
Schatzkästchen. – Nein, man kann wirklich nicht meckern. Unser
Tausendsassa hier, der nicht nur musiziert, sondern nebenbei noch eine
Radioshow bei einem schwedischen Sender moderiert und in der deutschen
Zeitschrift Rock Hard eine monatliche Kolumne verfasst, wird seiner
Reputation mehr als nur gerecht. Jener, im täglichen Leben, eher
gelassene Erdenbürger wird auf der Bühne zum Tier, das mit
Tollkirschen selbst den letzten Nerv konservativer Mitmenschen
zielsicher trifft. |