…..und jawohl, sie galten tatsächlich neben den Rolling Stones als die böseste Rockband der Sechziger Jahre. Imagegerecht hielten sie anno dazumal jedes Klichee des Rock’Rolls aufrecht, das man sich nur vorstellen kann. – Wie hieß es einmal?: Die Beatles waren die Lieblinge der Mütter, die Stones ein noch zu ertragendes Übel, aber die Pretty Things wurden gehasst! Die Presse traute sich nicht einmal, sie als abschreckendes Beispiel zu benennen. – Und dafür liebte die Jugend sie.
Heute hingegen, mal vom Umstand abgesehen, dass ohnehin nur noch zwei Originalmitglieder bei dieser Band mitorgeln, sind die Pretty Things zwar immer noch hochpräsent, aber doch inzwischen eine solide, gesetzte Institution,  deren Musik vor allem eins soll, - nämlich musisch unterhalten.
Vorausschicken möchte ich noch einen weiteren Umstand. Unter all den, noch existierenden Oldie-Rockbands gibt es solche und solche. Da wären jene, wo unsereiner sofort den Eindruck gewinnt von wegen abgehalfterte müde Rentnercombo, die eigentlich sonst wohin, - aber nicht mehr auf einer Bühne stehen sollten. Und dann gibt es diejenigen, die musikalisch wirklich nach wie vor was drauf haben und trotz fortgeschrittenen Alters noch so richtig abrocken können. Ich meine, nehmt mal die Rolling Stones. Die größte Rockband der Welt erhebt Kultstatus hoch 3, ruht sich aber mitnichten drauf aus, sondern sie touren sich auch noch mit über 65 Jahren  den Allerwertesten auf, und das obwohl der Rubel nun mal überhaupt keine Rolle mehr spielt. Und von wegen Playback, bei so viel schiefen Tönen, die Kultfigur Keith Richards da immer von sich gibt, - who cares, aber das ist genau das, was man im Normal Jargon – Herzblut nennt. -


anno 1967

Die Pretty Things genießen ebenfalls eine Art Kultstatus, wenngleich nicht in dem Ausmaß, den die Stones genießen. Aber erstens sind sie ebenfalls nach über 40 Jahren noch aktiv, zweitens produzieren sie auch immer noch gute Musik, und drittens geben sie immer noch alles live on Stage. Nur ganz so böse wie damals, das sind sie heute wohl nicht mehr. Naja, wir werden alle nicht jünger, aber dafür gesetzter und eventuell auch etwas vernünftiger was die Gesundheit betrifft. Übrigens ganz so ohne ist der Vergleich zu den Rolling Stones gar nicht. So war doch Gitarrist Dick Taylor vor seiner Pretty Things Gründung, der erste Bassist der Stones, bevor ihn Bill Wyman da ablöste, bzw. er von selbst ging. Nun, während all der Jahre ihrer Existenz (mit einer kleinen Unterbrechung) gab es stets die beiden musikalischen Köpfe - Dick Taylor und Sänger Phil May. Alle anderen Musiker wurden über die letzten 4 Jahrezehnte kontinuierlich ausgetauscht.
Obwohl die Pretty Things in kommerzieller Hinsicht nie wieder an ihre Anfangserfolge in den 1960er Jahren anknüpfen konnten, übten sie beträchtlichen Einfluss auf andere Musiker aus. Robert Plant, der spätere Led Zeppelin-Sänger, studierte als noch unbekannter Besucher bei Pretty Things-Auftritten Phil Mays Bühnenshow genau. David Bowie, ein erklärter Fan der Band, coverte für sein Album Pinups (1973) gleich zwei Pretty Things-Hits, Rosalyn und Don't Bring Me Down. Der Stil und das Gebaren des ersten Pretty Things-Drummers Vivian Prince, der sich nach seinem Ausscheiden aus der Band und einigen erfolglosen Versuchen als Solist zwischenzeitlich den Hells Angels anschloss, übten einen unübersehbaren Einfluss auf den exzentrischen Keith Moon von The Who aus. Das skandalöse Auftreten der Band in der Anfangszeit diente in den späten 1970er Jahren auch vielen Punkbands als Vorbild.
Anyway, zwar ist seit dem 2007ener Epos ‚Balboa Island’ kein weiteres Album erschienen, aber das hat die Pretty Things nicht daran gehindert, erneut auf Tour zu gehen. Und seit dem letzten Besuch vor 3 Jahren hat sich beim heutigen Einstand im Prinzip auch nicht viel verändert. Aber dazu später.....

Erstmal sind die Fuzztones dran.

Diese Indierock Band wurde 1980 von Sänger Rudi Protrudi in New York gegründet. Neben Eigenkompositionen nahm sich die Band auch Coverversionen von größtenteils vergessenen Liedern aus den Sechzigern vor. Das verlieh ihnen in Kürze eine Art Indie-Kultstatus. Garage Punk meets Psychodelic Rock heißt es immer in der allgemeinen Beschreibung bezüglich ihrer Musik. Allerdings finde ich das relativ grenzwertig, sondern ich würde die Band vielmehr in die reine Independent Ecke schieben. Aber lassen wir das mit dem Schubladen Denken. Soll sich doch jeder ein eigenes Bild machen von der musikalischen Stilistik der Amerikaner. Vom Orignal Line up ist nur Sänger Rudi übrig geblieben. Der Rest der derzeitigen Gang, die in diesem Line Up seit 2006 existiert, besteht aus: Mike Czekaj(Drums) Lana Loveland (Keyb.)  Lenny Silver (git) Screamin Bo (Bass) und  Vince Dante (Git).

Auf alle Fälle feiern die Fuzztones in diesem Jahr 30jähriges Bestehen. Und deshalb hat man sich auch dieser ausführlichen Tournee angenommen. Das neue Studioalbum ‚Preaching For The Peverted’ kommt etwas verzögert im Januar 2011 in die Läden. Auf den derzeitigen Shows kann man es aber bereits am Merchandise Stand erwerben. Ich persönlich finde diese Band gar nicht so uninteressant mit ihrem, doch etwas eigenwilligen Tenor im Getriebe. Es handelt sich hier um eine Art Rockmusik, die nicht alltäglich ist und einen automatisch aufhören lässt. Andererseits ist sie aber nicht wirklich auf- bzw. eindringlich, und vor allem beginnt sich der Sound im Verlauf der Show etwas monoton anzufühlen. Die nicht gerade üppige Zuschauerzahl von ca. 350 Nostalgikern hier im Backstage Werk, und die dadurch evovierte zurückhaltende Stimmung tun auch nicht unbedingt das ihrige, die Bühnenaura explodieren zu lassen.

Nun, eine interessante Erfahrung sind die Fuzztones allemal, aber meine Doc Martins haben sie mir nicht ausgezogen, wenn Ihr wisst was ich meine.
http://www.fuzztones.net/


Okay, und hier haben wir unsere junggebliebenen Opas, und um mich zu wiederholen, - nix von wegen abgehalftert oder müde.

Die beiden Oldies Dick Taylor und Phil May widersprechen ihrer äußerlichen Erscheinung um Welten und sind der beste Beweis, dass man auch mit Mitte und Ende Sechzig noch genauso rocken kann, wie anno dazumal. Unterstützt werden die Beiden nach wie vor von Frank Holland, der uns vom letzten Mal kein Unbekannter mehr ist. Dann wären da noch Jack Greenwood (Drums) und Neuling George Perez, der Wally Alen ersetzt, und die beide locker und noch mehr Dicks und Phils Sprösslinge, wenn nicht sogar Enkelsöhne sein könnten. Übrigens Perez spielte auf der letzten Tour als Support der Pretty Things mit seiner eigenen Band den Malchicks. In unserem Fall hier ergänzt sich der Generationen Clash vorzüglich. Die Alten steuern die Qualität und Erfahrung mit bei, während die Jungen den physischen Energiefluss sprudeln lassen.

Das Programm ist eine Zeitreise in die Vergangenheit, wobei der Blues den maßgebenden Ton angibt. Der neueste Song ist noch ‚The Beat Goes On’ vom 2007er Werk ‚Balboa Island’, der den Spirit der wilden Sechziger und den Blues zurück beschwört vom englischen Dartford, dort wo die Geburtsstätte der Pretty Things und auch der Rolling Stones liegt. Dem Blues wird übrigens Tribute in Form eines Muddy Waters Songs namens ‚I Can’t Be Satisfied’ und dem Robert Johnson Klassikers  ‚Come On In My Kitchen’ gezollt. Jeder beflissene Blueskenner weiß natürlich, von was ich hier spreche. Außerdem hören wir heute Abend die Stücke "S.F. Sorrow Is Born" und "She Says Good Morning", die vom Album ‚S.F. Sorrow’ aus dem Jahr 1968 stammen, übrigens der allerersten Rockoper, die jemals komponiert wurde. – Auch Gitarrist Dick Taylor ergreift zwischendurch das Gesangsmikro und gibt den Song "Baron Saturday" zum Besten. Alles in allem präsentieren uns die Pretty Things vor allem Musik aus frühen Tagen, die aber dank modernem Arrangements ziemlich up to date klingen. Inzwischen sind auch die großteils älteren Semester im Zuschauerraum vollends bei der Sache und schwingen die morschen Knochen zum hart-rhythmischen Sound der ehemals verruchtesten Rockband der Beat Generation.

Die Party ist voll im Gange, und den Funkenflug zwischen Bühne und Publikum kann im Prinzip nichts mehr stoppen. Letztendlich gibt es eigentlich nur einen Kritikpunkt an der heutigen Pretty Things Show. Ihre beiden, wohl größten Hits stehen nicht auf dem Programm. Und was könnte das anderes sein als ‚L.S.D’ und ‚Buzz The Jerk’. – Aber dank des äußerst zufriedenstellenden Gigs, wird dieser kleine Missstand geflissentlich übersehen. Warum diese beiden Gassenhauer diesmal ausgelassen wurden, beantwortet Dick Tayler sehr viel später ganz lapidar: „oh, I just can’t hear ‚em anymore“.-  Und das glaub’ ich ihm gerne. Letzter Kommentar meinerseits: - die Pretty Things haben einmal mehr gezeigt, dass trotz Haupthaarverlust und Wohlstandsbäuchlein kein Tropfen Energie verloren gegangen ist. Und dafür ist weder Biovital noch Viagra verantwortlich – vermute ich zumindest . – Well done, und was die Stones immer noch können, das können die Pretty Things mindestens genauso gut
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Pretty_Things

PS:
Zumindest im Augenwinkel spiegelt sich immer noch der Bad Boy of Rock'n'Roll :-)))