Live Review 589

Um ehrlich zu sein, ich hatte bis zuletzt wage Hoffnungen gehegt, - Hoffnungen in jener Hinsicht, dass Mr. Lord möglicherweise schon zwei Tage früher in München da wäre und eventuell als Special Guest beim Deep Purple Konzert auftauchen würde. Hat er aber (leider) nicht, denn 1) war er da noch weit weg in Berlin, und 2) ist es eher unwahrscheinlich, dass er zu so einem Gastspiel überhaupt ja gesagt hätte. Dabei hat der Abgang von jener obskuren, englischen Rockband, wie sie Jon heute selbst bezeichnet, doch noch die eine oder andere Verbindung hinterlassen. Und sei das nur der Umstand, dass Mr.Lords Ehefrau just die Schwester von Purple Drummer Ian Paice ist. Aber generell gesehen, schmeißt man auch all die vielen Jahrzehnte mit den ehemaligen Kollegen nicht einfach in den Müll, nachdem man das Kapitel wegen anderweitiger, musikalischer Orientierung hinter sich gelassen hat. Das war und ist immer noch ein Teil von Jon Lords Leben. – Aber wie gesagt, es hätte ohnehin nicht hingehauen mit so einem kleinen Zwischenintermezzo wegen Termin Überschneidungen.
Auf alle Fälle zieht der ehemalige Tastenzauberer von Deep Purple auch deren Fans an, und  nicht nur Freunde der ernsten Musik. Okay, die Bude hier ist zwar nicht ganz ausverkauft, aber 1.500 Köpfe sind auch recht passabel. Da muss keiner meckern.

Unsere Philharmonie hier in München mit seinem gediegenen Ambiente  passt hervorragend zu Jon Lords Einstand. Unterstützt wird er vom Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Kapellmeister Scott Lawton und der Deep Purple Tribut Band Demon’s Eye. Und diese wiederum sind: Mark Zyk (Git), Maik Keller (Bass) und Andree Schneider (Drums).  Außerdem sorgen Kasia Laska und Steve Balsamo für die, mitunter orale Untermalung.

Nun, das ganze Spektakel besteht aus zwei Teilen mit einer ca. 30 minütigen Pause dazwischen. Der erste Akt ist zur Gänze Jon Lords 79er Concerto for Group And Orchestra Werk, sowie dem 1976er Klassikalbum ‚Sarabande’ gewidmet, das damals mit den Philharmonia Hungarica unter der Leitung von Eberhard Schöner aufgenommen wurde. Es handelt sich dabei um einen, fast könnte man sagen, Meilenstein in der modernen Klassik. Selbstredend, dass Herr Schöner ebenfalls, wenngleich auch nur als stiller Zuhörer anwesend ist. Zudem ist er im Münchner Umland auch noch beheimatet. – ganz nebenbei bemerkt. –
Zurück zu Sarabande, in seiner musikalischen Form der Suite aus der Barockmusik eines Johann Sebastian Bach anknüpft. Jeder Track erinnert an einen barocken Tanz: Fantasie, Sarabande, Aria, Gigue, Bourrée, Pavane, Caprice. Die Klassik überwiegt hier zwar, ist aber immer wieder durch a-typische Rockeinlagen gekonnt verstrickt. Das Orchester meistert Jon Lords Gangart fast schon perfekt. Allerdings habe ich mir von so manchem Konzerbesucher hinterher sagen lassen, dass sich der Parkour  phasenweise etwas gezogen hat. Und ich kann dies nur unterstreichen. Andererseits fehlt uns vielleicht nur das richtige Gespür und eine vermehrte Liebe zur klassischen Musik, um Sarabande in dieser Form richtig zu schätzen zu wissen.


(Anm: da das offizielle fotografieren nur eingeschränkt erlaubt war, gibt es
an dieser Stelle leider keine Bilder von Kasia Laska und Steve Balsamo)

Nach der Theaterpause geht es dann wesentlich schwungvoller weiter. Und dieser Teil von Jon Lords Concert for Group & Orchestra, enthält sowohl Solostücke seines Erfolgsalbums ‚Pictured Within’, sowie einige Deep Purple Songs. Herausragend ist die gesangliche Interpretation von ‚Pictures Within’ durch Steve Balsamo, der aber andererseits hier in München  den Purple Song ‚Perfect Strangers’ heute von der Liste streicht da er, wie berichtet wurde, etwas Probleme mit der Stimme hätte. Nun davon wiederum ist nun wirklich nichts zu merken. Er meistert seine Einlagen mindestens genauso gut, wie Kollege Doogie White, der bei anderen Jon Lord Konzerten die Rolle des Frontpapagallos übernommen hat. Auch Kasia Laska macht ihrer Reputation alle Ehre. Selbst muss ich gestehen, dass mir weibliche Opernstimmen nicht wirklich liegen. Aber das ist eine, eher persönliche Ansichtssache.
Auf alle Fälle ist deutlich zu spüren, dass dem Publikum dieser 2te, sehr viel rockigere Teil des Konzertes wesentlich mehr zusagt. Auch der Meistro selbst haut vermehrt in die Tasten und hierbei kristallisiert sich klar heraus, dass in Jon Lord doch noch nach wie vor der Rocker steckt.




Die Zugabe wird zuerst durch Purples ‚Soldiers Of Fortune’ bestimmt, und dann .... nach dem Motto: was Deep Purple zwei Tage vorher schmählich vernachlässigt, bzw. ignoriert haben, macht Lord hier zum furiosen Finale, nämlich ‚Child In Time’ und hinterlässt damit einen sehr soliden Gesamteindruck. -


Das hier war gutes Kino.... äh Theater – Konzert natürlich, und hat mit Sicherheit einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
http://jonlord.org/

Einige Afterhow Schnappschüsse gibts im Diary