Also wenn eine Rockband definitiv das widerspiegelt was man gemeinhin als extensives Rock’n’Roll Life bezeichnet, dann sind das, mal abgesehen von den Rolling Stones oder ähnlichem,  die Dänen von Pretty Maids. Heiland Sakra, den beiden Herren Atkins und Hammer ist es buchstäblich an der Tränensack-Falte anzusehen, dass sie wohl keine Party in ihrem bisherigen Musiker-Dasein ausgelassen haben. Zwei Jahre haben wir noch, bis das 30jährige Bandjubiläum gefeiert werden kann. Und bis dahin halten wir schon noch durch gelle?! Ich meine, das mit dem Party machen..... – Musikalisch scheinen sich die Brüder frisch gehäutet zu haben, und Ronnie Atkins meinte dann auch nach dem Auftritt, dass es hier in München wohl das erste Mal auf dieser Tour gewesen wäre, dass er so richtig Vollgas gegeben hätte.  Gut so, denn so selbstverständlich ist sowas auch wieder nicht, wenn man, so wie in Atkins und Hammers Fall, wacker auf die 50 zugeht, bzw. schon etwas darüber hinweg ist. Nun gut, auf alle Fälle ist es schon mal ein sehr positiver Aspekt, wenn eine Heavy Metal Band aus den Achtzigern noch satte 400 Schäflein zieht, so wie just heute hier in München. Erinnert Euch, wir hatten in den letzten Wochen so einige Vertreter der gleichen Gattung und Alters hier, die nie mehr als müde 50 angelockt haben. Demzufolge sind 8x so viele Besucher mehr als beachtlich. Und natürlich setzen diese sich zum Großteil aus Fans zusammen, die mit den Pretty Maids groß geworden sind, wie man so schön sagt und sich höchstens noch ein bis zwei Mal jährlich vom heimischen Ofen samt Kind, Maus und Kegel hinaus in eine Konzerthalle bewegen.
Und somit lässt sich dieser Abend mehr oder weniger als Nostalgie – Veteranen Treffen bezeichnen, und die Erinnerungen an ‚Red Hot & Heavy’ sind wieder aufgewacht, so als ob es den Dornröschen Schlaf nie gegeben hätte.



Hotwire aus Ingolstadt machen den Anfang und beglücken uns mit sogenanntem Melodic Rock.

Ist ja auch nichts falsches dran, außer dem Umstand, dass diese Stilistik mehr oder weniger seit geraumer Zeit die Radieschen von unten wachsen sieht, wenn Ihr versteht was ich meine. Nichts gegen Eure individuellen Talente meine Herren, aber mit dieser Art von Musik zieht man halt allenfalls ein paar übrig gebliebene Fossilien dieser Gangart und schon gar nicht ein junges Klientel, es sei dann man besitzt eine Art Kultstatus wie z.B. Journey, Styx usw. Aber vielleicht wollt Ihr ja auch gar nicht so hoch hinaus, sondern macht einfach nur das was Euch am meisten liegt zum eigenen Vergnügen. Und dann hat das ja auch  seine Daseinsberechtigung. Das alles beziehe ich natürlich auf jetzt und heute. Denn als Hotwire 1993 anfingen, da war der Melodic Rock auch noch recht lebendig. Andererseits, seien wir mal ehrlich: Rockmusik ist Rockmusik - egal ob melodischer oder härter. (Anm: Deshalb finde ich persönlich die Bezeichnung Melodic Rock ziemlich kleinkariert und sehr relativ.)  Eine EP und vier Alben später hat sicher der Zeitgeist halt eben verändert. Aber was soll’s. die Band ist wahrscheinlich froh und dankbar, dass ihnen jetzt die Auftritte mit dem Pretty Maids  ermöglicht wurde und es ist mit Sicherheit mit einiger Promo auf Bayern 3 belohnt worden. (PS: darum wahrscheinlich auch die 400 Zuschauer, und nicht weil die Pretty Maids noch so dolle ziehen – vermute ich jedenfalls ::-))

Hotwire geben alles in allem ein ganz passables Gesamtbild ab, wenngleich das Publikum sie eher als obligatorische Supportband hinnimmt, die nun mal dazu da ist den Headliner anzuheizen.

Für alle – immer noch -  Freunde  der melodischen Rockklänge ist Hotwire aber ganz bestimmt noch ein Thema. Alle Bandinfos gibt’s unter: http://www.hotwire-rock.de/


Die Pretty Maids, die übrigens, so kann ich Euch versichern, vor ihrem Auftritt tatsächlich noch stocknüchtern waren, steigen, wie fast bei jeder Show auf dieser Tour, mit dem Titelsong ihrer neuen CD ’Pandamonium’ ein.

Nun sagen wir mal so und wie oben schon erwähnt, Atkins und Hammer sind heute tatsächlich in einer ausgesprochen guten Verfassung, auch wenn ersterer die ganz hohen Töne nicht mehr wirklich schafft, dieses aber gekonnt überspielt, und letzterer eher über die Bühne rollt als dass er steht. Aber das tut er guten Stimmung keinen Abbruch.

Und zusammen mit dem Rest der Gang, der aus Schlagzeuger Allan Tschicaja und Keyboarder Morten Sandager (beide seit 2006 im Boot) und Bassist Hal Patino (seit diesem Jahr) besteht, macht das Gesamtbild eine, immer noch relativ  jugendliche Erscheinung – in Anführungszeichen versteht sich.


Die Setliste liest sich wie ein Best of... versehen mit 5 Tracks aus dem aktuellen Longplayer. Den Leuten gefällt es sichtlich, und unsere Backstage Halle feiert eine einzige große Dejavu Party.

Sagen wir mal so: die Pretty Maids leben auch nach fast 30 Jahren vor allem noch von ‚Back To Back’, ‚Future World’ und ‚Red Hot & Heavy’. Und da diese Songs nach wie vor gut einfahren und kaum an Aktualität und Qualität verloren haben sind sie für die Gruppe das Non Plus Ultra. Und auch ich fühle mich augenblicklich zurück versetzt ins Jahr 1985, da wo ‚Red Hot & Heavy’ erschienen war und ich die Band zum allerersten Mal live on Stage gesehen habe. Tja, und wie ich bereits sagte, außer ein paar Falten mehr und einem mehr als üppigen Doppelkinn hat sich, zumindest was Atikins und Hammer betrifft, nicht viel verändert. Es scheint, als ob die Zeit (fast) stehen geblieben wäre... aber eben nur fast...  Den einzigen Kritikpunkt den ich tatsächlich anzumerken habe, ist die relativ kurze Spielzeit von nur 75 Minuten. Aber wie gesagt, wir sind ja keine 25 mehr....




Alles in allem ist der Pretty Maids Einstand 2010 hier in München ein mehr als gelungener, einer den man nicht bereut, miterlebt zu haben und sei es, um mich zu wiederholen, lediglich aus Nostalgiegründen.
Und jawohl ja, es ist (noch lang nichts) faul im Staate Dänemark.....

einige Backstage Schnappschüsse gibts im Diary

http://www.prettymaids.dk/
 

PS: allerdings hat die zuvor kritisierte Pretty Maids Showtime von nur 75 Minuten in der Backstage Halle auch was Gutes. Und ich entscheide mich kurzfristig gegenüber im Backstage Werk noch ein wenig vom Kuchen von Amorphis zu schnabulieren, die just
an diesem Abend nebenan aufgeigen.

Und dank dreier Supportacts dort, sind jene, also der Headliner Amorphis, noch ca. 30 Minuten länger am jodeln. Ich schätze die Zuschauerzahl um die knappe 1.000, die hier eine der erfolgreichsten finnischen Metalbands der letzten 20 Jahre abfeiern. – Und so klein Sänger Tomi Joutsen in seiner Statur ist, so beeindruckend ist seine Erscheinung dennoch, nicht zuletzt dank der fast knielangen Rasta-Dreadlocks, aber auch in Hinsicht des impressiven Stimmvolumens. Klein aber oho, so ist Tomi am besten zu beschreiben. Also wundert es mich auch nicht weiter, wenn er die Musik zur antiquierten TV Serie ‚Loveboat’ und ‚A Whiter Shade Of Pale’ von Procul Harum als seine Lieblingsmelodien bezeichnet. Dabei stehen Amorphis doch eher für modern Post- Heavy Metal, der besonders ein jüngeres Publikum anzieht.
Aber um noch mal auf die außergewöhnliche Stimme zurück zu kommen. Amorphis kombinieren häufig gutturalen und klaren männlichen Gesang und waren 1994 auf Tales from the Thousand Lakes eine der ersten Death-Metal-Bands, die sich an dieser Mischung versuchten. Auf dem Album Elegy aus dem Jahr 1996 nahm der klare Gesang bereits eine dominante Stellung gegenüber dem gutturalen ein. Auf dem nächsten Album Tuonela tritt gutturaler Gesang nur noch bei einem Stück auf. Nach zwei Alben ohne Growlgesang mischt der neue Sänger Tomi Joutsen nun wieder klaren und gutturalen Gesang. Hast mi? – wie der Bayer jetzt sagen würde...... Na ja, genug der Klugscheißer-Fachsimpelei....:-)))

Das hier ist gelinde ausgedrückt nun  ganz was anderes als  Pretty Maids zuvor drüben  in der Halle. Und es gibt wahrscheinlich nicht wirklich viele Musik-Freunde, die sich sowohl mit der einen als auch mit der anderen Stilistik anfreunden können. Ich für meinen Teil kann das, glaube ich, ganz gut. Einerseits, weil ich zwar mit der Pretty Maids Generation mitgewachsen bin, andererseits, weil ich mich als Musikjournalistin stets auch mit anderen melodischen Gangarten befasst habe und u.a. auch mit jungen Bands mitgegangen bin. Und glaubt mir, es gibt derer etliche mehr da draußen. Man muss nur ein wenig die Augen und Lauscher aufsperren und vor allem offen für alles sein... Na ja für fast alles.....

End of Story...und um ganz ehrlich zu sein, diese letzte halbe Stunde von und mit Amorphis haben mir persönlich am allerbesten gefallen  an diesem ereignisreichen Abend....
http://amorphis.net/