Jetzt mal im Ernst,
aber wenn man einen deutschen Musiker der jüngeren Heavy Metal
Generation wirklich bewundern sollte, dann ist das Tobias Sammet. Und
das nicht nur, weil er etwa ein begnadeter Sänger ist. Es ist auch eine
ertaunliche Tatsache, dass er, trotz seiner nicht gerade üppigen Figürlichkeit
auf der Bühne eine Ausstrahlung ala’ Elvis meets Steven Tyler an den
Tag legt,im übertragenen
Sinn, versteht sich. Dazu kommt noch seine Vielseitigkeit, die neben der
straighten Hardrockband Edguy noch sein Kunstprojekt Avantasia
beinhaltet.
Das Besondere an letzterem liegt im Opern-ähnlichen Grundkonzept, dass
sich durch die, bislang fünf erschienenen Longplayer zieht. Und diese
Strategie samt allem was da dran hängt und es zu berücksichtigen gilt,
ist alles andere als leicht. Die Musik von Avantasia erzählt
Geschichten, die in verschiedene Rollen eingeteilt ist. Und dabei gilt
es jeden Part entsprechend zu besetzen. – Nun, Euch Fans da draußen
muss ich das alles wohl nicht mehr groß erklären. Fakt auf jeden Fall,
dass es derartiges im Heavy Metal Bereich in einer so reichhaltigen
Besetzung, bis 1999 nicht gegeben hat, eben bis dahin wo Tobias Sammet
Avantasia aus der Taufe gehoben wurde.
Die gerade stattfindende Tour beruht auf den beiden Alben Part
II: The Wicked Symphonyund
Part III: Angel of Babylon aus der Wicked Triologie die in diesem Jahr
heraus kamen. Teil 1 war bereits 2008 in Form von The Scarecrow
erschienen.
Und die fantastische Reise nennt sich die – „The Metal Opera Comes
To Your Town“ Tour. Mitwirkende sind: Tobias Sammet – (Voc), Michael
Kiske – (Voc),Jorn Lande
– (Voc),Bob Catley – (Voc),Kai
Hansen – (Voc/Git), Oliver Hartmann – (Voc/Git), Amanda Somerville
– (Voc), Sascha Paeth – (Git)Miro – (Keyb.), Robert Hunecke-Rizzo
– (Bass) und Felix Bohnke – (Drums).
Nun entgegen dem Tour
Slogan, kommt dieser Trek allerdings nicht in unsere Stadt hier. Und
somit müssen sich Musik-interessierte Genussspechte wohl oder übel auf
den Weg ins schöne Allgäu nach Kaufbeuren machen, und das alles bei–15 Grad Außentemperatur. Weiß der Geier warum Herr Sammet München
immer außen vor lässt. Dabei ist er doch bekennender FC Bayern München
Fan. Oder gehört er doch zu den Wenigen, die mit der Zeit geschnallt
haben, was für ein schwieriger Boden unsere Stadt doch für deutsche
Power-Metal Bands ist. Mit seiner Band Edguy war er zuletzt als Support
von den Scorpions in der Münchner Olympiahalle zu Gast. Die Scorpions
stehen natürlich als Kultband über diesem Standardproblem. Somit war
es auch für Edguy kein Risiko sondern eher eine willkommene Chance sich
einem ‚sehr’ breiten Publikum zu präsentieren. Und das haben sie
dank einem genialen Einsatz auch weidlich ausgenützt. – Aber wenn man
kein Zugpferd wie die Scorpions im Rücken hat, wird die Sache schon
problematischer, vor allem wenn es sich, so wie bei Tobys Seitenprojekt
Avantasia um so eine aufwendige Produktion handelt. Da muss man schon
auf Nummer Sicher gehen, um zumindest die Unkosten wieder halbwegs rein
zu arbeiten. Bekanntlich ist die Provinz gerade für deutsche Heavy
Metal Acts immer schon ein wesentlich besserer Boden gewesen als die Großstadt.
Und da Kaufbeuren nicht unbedingt tiefste Provinz -, aber auch nicht zu
nahe an München liegt, und zudem die passende Örtlichkeit für eine
Avantasia Show anbietet, wird nicht lange gefackelt und der Zauber in
die sogenannte All-Karth Halle hingebucht. –
Die Auflagen des
Managements können sich sehen lassen, nach dem Motto: unsere
‚Superstars’ J)
sind unantastbar und unansprechbar... und wehe einer wagt es.... und
Backstage Pässe, auch wenn man so einen besitzt, gelten heute ebenfalls
nicht für jeden Hinz und Kunz, sondern nur für einige Auserwählte...
aber das jetzt nur am Rande erwähnt. Irgendein Image muss wohl
wahrscheinlich gewahrt werden, nehme ich an.
Jedes Mal wenn ich ein
Hardrock Event außerhalb unserer Bayerischen Landeshauptstadt besuche,
stelle ich jedenfalls fest, dass der Großteil des anwesenden Publikums
ein ganz anderes ist, als in der Stadt. Das trifft auch heute zu, wo man
sich beim Betrachten der ca. 2.500, (noch immer-) Kuttenträger und
Lange-Matten Headbanger, augenblicklich in die Achtziger Jahre zurück
versetzt fühlt. Ein amüsantes Dejavu mit einem Hauch von Nostalgie,
der sich hier dem aufmerksamen Auge des Beobachters bietet, samt der
Gewissheit, dass der treu-deutsche Power-Heavy Metal noch immer nicht
tot ist. Im Gegenteil, gerade dieses momentane Avantasia Projekt holt
unter anderem so manchen Mit-Vierziger wieder hinterm heimatlichen Ofen
hervor. Aber auch etliche Kiddies der nächsten Generation haben sich
eingefunden, um das Konzept des True Metal zu studieren und vor allem
abzufeiern. Der Gerstensaft fließt in Strömen, und während das
Thermometer außerhalb der Hallenmauern noch einige Grade tiefer als
–15 gesunken ist, breitet sich in der guten Stube eine wollige Wärme
aus, gerade richtig für den 20 Uhr Startschuss des, mehr als
bombastischen Avantasia Spektakels.
Und wie ich schon
eingangs erwähnte, ist es vor allem der Schöpfer dieses Zyklus himself,
alsoTobias Sammet, dem der meiste Respekt gilt. Denn während die True
Metal Helden Jorn Lande, Michael Kiske, und der Erfinder des deutschen
Heavy Metals -Kay Hansen (Anm. so hat ihn Toby jedenfalls vorgestellt)
und Magnums Bob Catley immer nur zeitweilig ihren Einsatz zelebrieren,
steht Klein-Toby, bis auf wenige kurze Ausnahmen, die vollen 3 Stunden
seinen Mann am Gesangsmikro. Dies gilt natürlich auch für die Backing
Band, die hierbei unabstreitbar solide Arbeit leistet. Der Cheffe
plaudert gern, hält sich aber erstaunlicherweise bis zum letzten
Drittel der Show eher zurück, bevor er dann allerdings in einen wahren
Plapperrausch verfällt zwischen den einzelnen Arien.
1. Twisted Mind
2. The Scarecrow
(mit Jørn Lande)
3. Promised Land
(mit Jørn Lande)
4. Serpents in Paradise
(mit Jørn Lande)
5. The Story Ain't Over
(mit Bob Catley)
6. Prelude
6. Reach Out for the Light
(mit Michael Kiske)
7. The Tower Play Video
(mit Michael Kiske)
8. Death Is Just a Feeling
(mit Michael Kiske)
9. Lost in Space
10. In Quest For
(mit Bob Catley)
11. Runaway Train
(mit Jorn Lande,Michael Kiske,Bob Catley)
12. Dying for an Angel
(mit Michael Kiske)
13. Stargazers
(mit Jorn Lande,Michael Kiske,Oliver Hartmann)
14. Farewell
(mit Amanda Somerville)
15. The Wicked Symphony
(mit Jorn Lande,Michael Kiske,Oliver Hartmann)
16. The Toy Master
(mit Kai Hansen)
17. Shelter From the Rain
(mit Michael Kiske,Kai Hansen on *broken* guitar)
18. Avantasia
(mit Michael Kiske,Kai Hansen on *broken* guitar)
19. Sign of the Cross / The Seven Angels
(mit Jorn Lande,Michael Kiske,… mehr)
Hauptsache es donnert
eine breite Klangwolke von oben auf sie runter, die ihrem individuellen
Geschmack entspricht, und da oben stehen die Helden ihrer Achtziger
Jahre – Jugend, na ja, wenigstens zum Teil. Ich für meinen Teil bin
aber auch der Meinung, dass einige der Gastpartizipanten in dieser
Avantasia Tour eine willkommene Chance sehen, ihrer eigenen, etwas
nachhinkenden Popularität wieder etwas auf die Sprünge zu helfen. Ob
dieses Vorhaben dann geklappt hat, wird sich noch herausstellen. Nach 3
x 60 Minuten endet der Bandwurm mit einem bombastischen Finale, bei dem
jeder einzelne Mitwirkende noch ein letztes Mal zum Zuge kommt.
Wirkliche Kritikpunkte
gibt es eigentlich nur anhand der mehr als bescheidenen, allgemeinen
akustischen Verhältnisse, und wenn schon so eine fantastische Reise ins
musikalische Irgendwo hinführt, dann würde einigen der mitwirkenden Künstlern
eine etwas einfallsreichere Gewandung auch nicht schlecht zu Gesicht
stehen um das allgemeine Ambiente ein wenig stimmungsvoller zu
unterstreichen.Denn neben
Frack und Zylinder macht sich eine Bikerjacke, Jeans und Wollmütze
nicht wirklich peppig. - Klar Music comes first, aber das Auge isst
bekanntlich auch mit. Abgesehen davon war das Spektakel hier allemal
eine interessante Erfahrung auf gehobenen Niveau. – Rein persönlich
muss ich gestehen entspricht es nicht 100%ig meinem individuellen
Geschmacksnerv. Aber das tut hierbei ja nichts zur Sache.
Nachtrag:
Und die lautstarken Reaktionen der Fans zur späten Stunde, als der eine
oder andere Musiker das Gebäude verlässt und dabei gesichtet wird,
erinnert mich fast schon entfernt an die Affenliebe von Kiddies bei einem Take That
Konzert...... Nun, ich denke, wir sollten denn doch mal mit den
Quadratlatschen auf dem Perserteppich bleiben was den allgemeinen
Hype betrifft :-))))