Live Review 592 |
Jetzt mal im Ernst,
aber wenn man einen deutschen Musiker der jüngeren Heavy Metal
Generation wirklich bewundern sollte, dann ist das Tobias Sammet. Und
das nicht nur, weil er etwa ein begnadeter Sänger ist. Es ist auch eine
ertaunliche Tatsache, dass er, trotz seiner nicht gerade üppigen Figürlichkeit
auf der Bühne eine Ausstrahlung ala’ Elvis meets Steven Tyler an den
Tag legt, im übertragenen
Sinn, versteht sich. Dazu kommt noch seine Vielseitigkeit, die neben der
straighten Hardrockband Edguy noch sein Kunstprojekt Avantasia
beinhaltet. Nun entgegen dem Tour Slogan, kommt dieser Trek allerdings nicht in unsere Stadt hier. Und somit müssen sich Musik-interessierte Genussspechte wohl oder übel auf den Weg ins schöne Allgäu nach Kaufbeuren machen, und das alles bei –15 Grad Außentemperatur. Weiß der Geier warum Herr Sammet München immer außen vor lässt. Dabei ist er doch bekennender FC Bayern München Fan. Oder gehört er doch zu den Wenigen, die mit der Zeit geschnallt haben, was für ein schwieriger Boden unsere Stadt doch für deutsche Power-Metal Bands ist. Mit seiner Band Edguy war er zuletzt als Support von den Scorpions in der Münchner Olympiahalle zu Gast. Die Scorpions stehen natürlich als Kultband über diesem Standardproblem. Somit war es auch für Edguy kein Risiko sondern eher eine willkommene Chance sich einem ‚sehr’ breiten Publikum zu präsentieren. Und das haben sie dank einem genialen Einsatz auch weidlich ausgenützt. – Aber wenn man kein Zugpferd wie die Scorpions im Rücken hat, wird die Sache schon problematischer, vor allem wenn es sich, so wie bei Tobys Seitenprojekt Avantasia um so eine aufwendige Produktion handelt. Da muss man schon auf Nummer Sicher gehen, um zumindest die Unkosten wieder halbwegs rein zu arbeiten. Bekanntlich ist die Provinz gerade für deutsche Heavy Metal Acts immer schon ein wesentlich besserer Boden gewesen als die Großstadt. Und da Kaufbeuren nicht unbedingt tiefste Provinz -, aber auch nicht zu nahe an München liegt, und zudem die passende Örtlichkeit für eine Avantasia Show anbietet, wird nicht lange gefackelt und der Zauber in die sogenannte All-Karth Halle hingebucht. – Die Auflagen des Managements können sich sehen lassen, nach dem Motto: unsere ‚Superstars’ J) sind unantastbar und unansprechbar... und wehe einer wagt es.... und Backstage Pässe, auch wenn man so einen besitzt, gelten heute ebenfalls nicht für jeden Hinz und Kunz, sondern nur für einige Auserwählte... aber das jetzt nur am Rande erwähnt. Irgendein Image muss wohl wahrscheinlich gewahrt werden, nehme ich an. Jedes Mal wenn ich ein Hardrock Event außerhalb unserer Bayerischen Landeshauptstadt besuche, stelle ich jedenfalls fest, dass der Großteil des anwesenden Publikums ein ganz anderes ist, als in der Stadt. Das trifft auch heute zu, wo man sich beim Betrachten der ca. 2.500, (noch immer-) Kuttenträger und Lange-Matten Headbanger, augenblicklich in die Achtziger Jahre zurück versetzt fühlt. Ein amüsantes Dejavu mit einem Hauch von Nostalgie, der sich hier dem aufmerksamen Auge des Beobachters bietet, samt der Gewissheit, dass der treu-deutsche Power-Heavy Metal noch immer nicht tot ist. Im Gegenteil, gerade dieses momentane Avantasia Projekt holt unter anderem so manchen Mit-Vierziger wieder hinterm heimatlichen Ofen hervor. Aber auch etliche Kiddies der nächsten Generation haben sich eingefunden, um das Konzept des True Metal zu studieren und vor allem abzufeiern. Der Gerstensaft fließt in Strömen, und während das Thermometer außerhalb der Hallenmauern noch einige Grade tiefer als –15 gesunken ist, breitet sich in der guten Stube eine wollige Wärme aus, gerade richtig für den 20 Uhr Startschuss des, mehr als bombastischen Avantasia Spektakels.
Und wie ich schon eingangs erwähnte, ist es vor allem der Schöpfer dieses Zyklus himself, alsoTobias Sammet, dem der meiste Respekt gilt. Denn während die True Metal Helden Jorn Lande, Michael Kiske, und der Erfinder des deutschen Heavy Metals -Kay Hansen (Anm. so hat ihn Toby jedenfalls vorgestellt) und Magnums Bob Catley immer nur zeitweilig ihren Einsatz zelebrieren, steht Klein-Toby, bis auf wenige kurze Ausnahmen, die vollen 3 Stunden seinen Mann am Gesangsmikro. Dies gilt natürlich auch für die Backing Band, die hierbei unabstreitbar solide Arbeit leistet. Der Cheffe plaudert gern, hält sich aber erstaunlicherweise bis zum letzten Drittel der Show eher zurück, bevor er dann allerdings in einen wahren Plapperrausch verfällt zwischen den einzelnen Arien.
Sagen wir mal so, - Konzept-Saga hin oder her, dem headbangenden Publikum ist die eigentliche Thematik und das Rollenspiel so ziemlich irgendwas...
Hauptsache es donnert eine breite Klangwolke von oben auf sie runter, die ihrem individuellen Geschmack entspricht, und da oben stehen die Helden ihrer Achtziger Jahre – Jugend, na ja, wenigstens zum Teil. Ich für meinen Teil bin aber auch der Meinung, dass einige der Gastpartizipanten in dieser Avantasia Tour eine willkommene Chance sehen, ihrer eigenen, etwas nachhinkenden Popularität wieder etwas auf die Sprünge zu helfen. Ob dieses Vorhaben dann geklappt hat, wird sich noch herausstellen. Nach 3 x 60 Minuten endet der Bandwurm mit einem bombastischen Finale, bei dem jeder einzelne Mitwirkende noch ein letztes Mal zum Zuge kommt.
Wirkliche Kritikpunkte gibt es eigentlich nur anhand der mehr als bescheidenen, allgemeinen akustischen Verhältnisse, und wenn schon so eine fantastische Reise ins musikalische Irgendwo hinführt, dann würde einigen der mitwirkenden Künstlern eine etwas einfallsreichere Gewandung auch nicht schlecht zu Gesicht stehen um das allgemeine Ambiente ein wenig stimmungsvoller zu unterstreichen. Denn neben Frack und Zylinder macht sich eine Bikerjacke, Jeans und Wollmütze nicht wirklich peppig. - Klar Music comes first, aber das Auge isst bekanntlich auch mit. Abgesehen davon war das Spektakel hier allemal eine interessante Erfahrung auf gehobenen Niveau. – Rein persönlich muss ich gestehen entspricht es nicht 100%ig meinem individuellen Geschmacksnerv. Aber das tut hierbei ja nichts zur Sache.
Nachtrag: |