Live Review 594

München, 10.12. 2011


Alle Jahre wieder kommt das Chri.... äh nein, vorher noch die Nokia Night Of The Proms auch nach München. Unsere Stadt wird sogar als die Hauptstadt der Night Of The Proms bezeichnet mit gleich vier Abenden hintereinander in der Münchner Olympiahalle. Bis vor zwei bis drei Jahren waren diese Veranstaltungen auch immer komplett ausverkauft und erfreuten sich äußerster Beliebtheit. Die meisten Fans der Proms kauften nach so einem Abend sogar umgehend gleich die Tickets fürs Jahr drauf, ohne noch zu wissen, wer da dann auftreten würde. Die Nights of the Proms waren von jeher ein Garantieschein, dass es jedes Mal wieder ein einmaliges Erlebnis sein würde, bis eben zum vorletzten Mal. - Denn die allgemeine Produktion ließ langsam aber schleichend zu wünschen übrig. Und über die Jahre hinweg blieb dies nicht verborgen. Das Resultat war, dass bereits im letzten Jahr so einige Plätze leer blieben, und sich dieser Umstand jetzt 2010 fortzieht. An was es genau liegt? - Vielleicht liegt es an den nicht mehr ganz so spektakulären Dia Projektionen, oder an den nicht mehr ganz so glamourösen Gaststars, oder etwa gar an den individuellen Sparmaßnahmen von Otto Normalverbraucher. so ganz werden wir das nie erfahren. - Zudem ist dies heuer die letzte Tour zusammen mit dem Sponsor Nokia. Ob der Nachfolger medientechnisch dann besser zieht, als der alte, wird sich noch herausstellen. - Das Konzept der Night of The Proms wird sich jedenfalls vorerst nicht verändern. Und so haben wir auch diesmal Orchester, Chor, Elektroband und fünf Gaststars, wobei letztere in die Kategorien A - bis C Promis unterteilt sind. 
Ich habe mir für dieses Mal aus Zeitgründen nicht wie sonst üblich, den Samstag, sondern den Freitag ausgesucht für die Bild-Berichterstattung. Der Programm-Ablauf ist in untenstehender Setliste enthalten, wobei das fotografieren im Graben immer nur bei jenen Programm Punkten erlaubt ist, wo ein X davor steht. -  Und nachdem unser langjähriger Moderator Markus Otmar vom Bayerischen Rundfunk als erstes den Freitag mit dem Samstag Abend verwechselt hat, dies aber mit viel Charme umgehend berichtigt, geht's los mit der üblichen Overtüre und dem Walzer, gespielt vom selben Orchester wie all die letzten Jahre - Il Novecento, dirigiert von Robert Groslet, der vor 2 Monaten sein Single Da-sein aufgegeben hat - so wird es jedenfalls verkündet. 

http://www.notp.com/deutschland/home




Der erst 24jährige Engländer Charlie Siem macht den Anfang der Gaststars und könnte die brünette Ausgabe von David Garrett sein. Nur ist Siem noch nicht so bekannt wie sein deutsch-amerikanischer Kollege. In der Tat ist es die erste Konzertreise für Jung-Charlie in Deutschland, wo er sich jetzt dank der Night of the Proms einem großen Publikum vorstellt. Dass er Talent hat, ist unbestritten. Und für alle, die es interessiert: Charlie spielt bei seinen Konzerten eine Geige von Menuhin - bekannt als die D'Egville, gebaut 1735 von Guamerius del Gesu. Er begann im Alter von nur 3 Jahren mit dem Violine spielen. Und mit 16 zog er in die weite Welt, spielte mit dem Royal Philharmonic Orchestra, den London Mozart Players und der Israel Camerata. 2008 veröffentlichte Charlie Siem seine Debüt CD mit Violinsonaten von Elgar und Grieg. Derzeit gilt er als eines der größten Nachwuchstalente auf diesem Sektor. Übrigens in der Vogue war er auch schon mal abgebildet, fotografiert von keinem Geringeren als Bryan Adams. 
Was uns Charlie hier bei der Night of the Proms serviert, ist, wie soll ich es beschreiben? - ganz gut und ganz nett. Aber so glitzernd und charismatisch wie ein David Garrett ist er noch lange nicht. Und dieser Vegleich stellt sich unweigerlich.Aber er ist ja noch jung und Charlie Siems Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. 


http://www.charliesiem.com/

 


Viele von uns können sich noch an Boy George und Culture Club anno 1980+ erinnern, als dieser seine großen Erfolge mit Songs wie 'Do You Really Wanna Hurt Me' und 'Karma Cameleon' feierte. Er stieg damals als schillernder Paradiesvogel  wie Phönix aus der Asche hervor, und die Medien und Fans liebten ihn. Aber jeder Höhenflug geht einmal zu Ende. Und all die Exzesse und Abstürze samt Gefängnis-Aufenthalte, auf die sich Boy George  in den Jahren darauf  einließ, haben ihre Spuren hinterlassen. Was einst als Paradiesvogel begann, ist heute eine ziemlich aufgedunsene Karikatur seiner selbst, die da oben jetzt versucht, mittels der Proms Tour, seine Karriere wieder anzukurbeln. Eigentlich würde ich jetzt an dieser Stelle sagen: Stimme hat er noch, das muss man ihm lassen - wenn ich mir 100%ig sicher wäre, dass das, was Boy George da oben von sich gibt, auch live vorgestragen ist. Bin ich aber nicht, deshalb enthalte ich mich an dieser Stelle einer Kritik. - 


Dem Publikum scheint's trotzdem zu gefallen, zumindest als Rückblick auf die eigene Jugend. Und so erntet George Alan O'Dowd, so wie er mit richtigem Namen heißt, und mittlerweile übrigens 49 Lenze zählt, einen soliden Applaus und scheint sich sogar mächtig darüber zu freuen. - Boy George hat zwei Auftritte, einen im ersten Teil der Show und nach der üblichen Pause noch eine zweite Einlage. Nun mal schauen, ob Englands Fashion Victim Nummer Eins aus dem Proms Trip für die Zukunft etwas macht, oder ob er wieder in der Londoner Untergrundszene verschwindet. Die Zeit wird's zeigen.  


http://www.boygeorgeuk.com/

 


Lichtmond kommen aus München. Und ehrlich gestanden, habe ich von dieser Truppe, obwohl ich hier seit fast 20 Jahren lebe, noch nie etwas gehört. Aber vielleicht bewege ich mich auch nur zu selten auf diesem musikalischen Spartenteppich. Denn Lichtmond haben sich auf Ambient-Pop- und Chill-Out-Songs konzentriert und hüllen diese in voluminöse Klangwolken ein. Zu Beginn eines jeden Stücks erzählt zuerst ein Typ, der aussieht wie ein Großstadt Guru, mit beschwörerischer Stimme eine eigenartig-anmutende Story, um diese dann in den Gesang der hübschen Blondine und der chinesischen Heulboje übergehen zu lassen. Das Ganze wird durch etliche Lichtspielereien unterstrichen. Etwas eigenartig mutet dieser, fast schon esoterische Egotrip schon an und die Skepsis obgleich dieser Performance ist nicht unerheblich.
Der Vollständigkeit halber seien noch die Mitwirkenden genannt. Da wäre: Martin Koppehele (E-Bass und Esraj), Giorgio Koppehele (div. Synthesizer u. elektronische Instrumente), Thomas E. Killinger (Rezitation der Gedichte und Piano), Saskia Phillips (Gesang und Tanpura)
Nun, vielleicht gibt es tatsächlich Freunde des gepflegten Chill Outs, denen dieser Stilmix zusagt. Ich für meinen Teil lasse das mal dahin gestellt. 


http://www.lichtmond.com/

 


Einer der immer mit von der Partie ist bei den Night of The Proms ist John Miles. Nun ja, sagen wir mal fast immer. Denn vor zwei Jahren hat ihn die, gleichzeitig stattfindende Welttournee von Tina Turner von der Teilnahme an den Proms, abgehalten. Ansonsten gehört er und seine Elektroband quasi zum Inventar. Im Prinzip ist John Miles eine tragische Figur im Musikzirkus, so lebt er auch nach 30 und mehr Jahren Karriere, nur von einem einzigen Song, und der heißt 'Music' . Das Stück wurde damals zum Welthit und Evergreen und steht von Beginn weg auf der Setliste der Proms. Dabei hat Mr.Miles so viele andere bessere Songs in seinem Backkatalog. Aber die wiederum kennen die wenigsten. 


Also bleiben wir wie der Schuster bei seinem Leisten, performen erst mal Mac The Knife (auf deutsch - -.... Und der Haifisch, der hat Zähne...usw) - zusammen mit Charlie Siem, der übrigens fast die meisten Auftritte beim diesjährigen Ablauf bei den Proms hat-. 
Zum Dauerrenner 'Music' kommen wir erst später (siehe Clip weiter unten). Vorher interpretiert Miles noch 'The Show Must Go On' - alles dann nach der Pause in der zweiten Hälfte. 


http://www.john-miles.net/

 


Kid Creole & The Coconuts sind genauso wie Boy George ein längst verblasster Stern bzw. Relikt aus den Achtziger Jahren und feierten damals HIts wie ' Stool Pigeon' und 'Annie I'm Not Your Daddy'. August Darnell, mittlerweile auch 60 Jahre alt, hat seit 1997 kein neues Studioalbum mehr vorgelegt. Weltweit hört man heutzutage auch nicht mehr viel von ihm und dieser Formation. Nur in ihrer Heimat Großbritannien treten sie nach wie vor auf. Vielleicht soll der Job bei den Proms jetzt, genauso wie bei Boy George, ein frisches, neues Sprungbett zu einem zweiten Frühling schaffen. Man merkt auf alle Fälle, dass Kid Creole und seine Kokosnüsse sehr professionell sind und jede Menge Übung und vor allem Kondition besitzen. Die Choreographie ist perfekt inszeniert und es funkt, dass sich die Bühnendielen biegen. Das hier macht richtig Stimmung und gute Laune und nicht nur mir gefällt diese Einlage saugut.


Let's wait and see - also, ob demnächst ein weiteres Lebenszeichen von den Coconuts kommt, oder ob es bei diesem One Tour Stand bleibt. Nur eines ist sicher, an die alten Welterfolge werden sowohl Kid Creole als auch Boy George nie mehr heran kommen. Diese Epoche ist ein für alle Mal Vergangenheit. Und Zeiten und Trends ändern sich nun mal.  


http://kidcreole.com/



John Miles  "Music"

 


Geadelt von der Queen of England, ist der inzwischen 70jährige Cliff Richard immer noch präsent. Auf fast ein halbes Jahrhundert Karriere kann er zurück blicken. Und obwohl die meisten seiner Songs zur Kategorie Oldies zählen, sind sie immer noch unverwüstliche Evergreens. Bis jetzt gelang es Sir Cliff dank Frischzellenkuren am schönen Tegernsee in Bayern und anderen Mittelchen, seinen Jungbrunnen zu erhalten. Aber so langsam aber sicher sieht man ihm jetzt doch die fortgeschrittene Kettenreaktion der körpereigenen DNA an. Nur bewegen tut er sich immer noch schnell und souverän da oben auf den Brettern die die Welt bedeuten, auch wenn er heute keine großen Welt-Tourneen mehr durchzieht. Aber 5 Dekaden im Showbusiness haben ihn geprägt. - Cliff Richard beginnt seinen Auftritt in der zweiten Hälfte der Show mit einem Meldey seiner größten Hits, wobei 'Lucky Lips' natürlich in der deutschen Version - 'Rote Lippen Soll Man Küssen' von ihm interpretiert wird. Und das kommt selbstredend hervorragend beim vorwiegend konservativ-älteren Publikum an. Die ganze Halle singt demzufolge lautstark mit. Nun, nehmen wir's mal mit Humor. Lachen kann sogar ich über diesen Song noch allemal...


Es folgen die Stücke 'I Got You Under My Skin' und 'I Just Want To Make Love To You', beides Stücke, die beileibe nicht von Sir Cliff im Original sind. 


http://www.cliffrichard.org/


Und dann gibts das fantastische 'Devil Woman', das sehr wohl aus seiner Feder stammt. Es ist ein Stück, das bis heute weder angestaubt noch antiquiert klingt. (Anm: es gibt übrigens eine sehr originelle Coverversion von Devil Woman - von Cradle of Filth -
hier - diese wurde sogar von Cliff Richard akzeptiert:-) Abgeschlossen wird dieser Stint mit Cliffs allergrößtem Hit seiner Karriere - 'We Don't Talk Anymore', ein Stück Musik, dass immer noch zieht, aber sehr viel von seiner damaligen Aura verloren hat.

 


Und wie immer und jedes Jahr kommen zum großen Finale noch einmal alle teilnehmenden Künstler heraus und zelebrieren zusammen mit dem Publikum das Ende dieses Abends, aber erst nachdem das Orchester und der Chor seine immer wieder kehrende Hymne 'Land Of Hope & Glory' gespielt hat.


Für dieses Mal hat man sich Creedance Clearwater Revivals 'Proud Mary' ausgesucht, das den  Proms Abend beendet.


Danach ist endgültig Feierabend. Nur im Gegensatz zu den Vorjahren gibts heuer wohl keine Blumensträuße mehr für die teilnehmenden Künstler, die diese später dann immer ins Publikum geworfen haben. Hat eventuell auch ein wenig mit Einsparmaßnahmen zu tun.
Nun mal gucken, was das nächste Jahr, der neue Sponsor und die Zukunft bringt und wie lange es die Night of The Proms Tour noch geben wird.
In diesem Sinne  - Tickets für 2011 gibts bereits heute hier in der Halle. Aber ob das ein Garantieschein für eine Fortsetzung dieser musikalischen Familien-Veranstaltung ist, wird sich noch erweisen.




nix mehr mit Aftershow Party für Sir Cliff..... nur noch schnell weg und ab ins Hotel


John Miles genehmigt sich zumindest noch einen....,
bevor auch er den Laden verlässt - Prost und wohl bekomm's