Jeder
halbwegs versierte Entertainment Freak kennt Chucky die Mörderpuppe.
Ihr wisst schon, dieser faschierte Plastikheini, der mit schielendem
Glas-Kullerauge und seinem dreckigen Kichergrinsen die Film-Fans das Fürchten
lernte, indem er so manchen frommen Kirchgeher und Betbruder um die Ecke
räumte, bzw. genüsslich abmurkste. – Nun unsere Murderdolls hier,
haben zwar nicht wirklich etwas mit Chucky zu tun, aber das Fürchten
haben sie mich heute Abend in München trotzdem gelehrt, wenngleich auch
etwas anderer Art.
Über sechs Jahre haben Joey Jordison und Joseph Poole a.ka. Wednesday
13 benötigt, um ihr Retortenbaby wieder aus der, buchstäblich
verstaubten Gruft zu buddeln, und um sich wieder mal in viele, kleine
Chuckys zu verwandeln. Dies gilt allerdings lediglich für die
Reinkarnation der lebendigen Individuen. Die, bereits 2010 erschienene
neue, und insgesamt zweite Bibel ‚Women & Children Last’ weist
bereits einen Abstand von acht Lenzen zum Erstlingswerk ‚Beyond the
Valley of the Murderdolls’ auf. Als Gründe für die lange Abstinenz
werden anderweitige Verpflichtungen angegeben, egal ob Slipknot oder
diverse Alleingänge. Aber wie sagt man so schön: Blut ist dicker als
Wasser..., – müssen sich jedenfalls die beiden Ober Dollies gedacht
haben, und schwups war der
Weg zwischen sunny California und Iowa nur noch ein schmaler Steg vom
Garten Eden in die Unterwelt, die nunmehr mit mörderisch-frischer
Energie und noch mehr Rock’n’Roll besudelt wird. Lang genug haben
wir warten müssen, aber jetzt wetzt Chucky und Co. seine Beißerchen,
im wahrsten Sinn des Wortes, und die Murderdolls sind bei ihrem zweiten
Rendevouz auf dieser Europa Tour, gleich in München in der Backstage
Halle angekommen. Eingefunden haben sich in etwa 350 Genussspechte des
gepflegten Horrorpunks, die man wiederum in, sagen wir mal: 50 Slipknot
Verfechter ,30 Wednesday 13 Fans und 270 kreischende Höllenbräute
unterteilen kann. Wobei letztere ohnehin nur einzig allein wegen ihres
absoluten Traums aller schlaflosen Nächste -
Joey Jordison gekommen sind. Mein lieber Schwan, bei so viel
offensichtlicher Gegenliebe, wie der gerade vorherrschende weibliche
Enthusiasmus in unserem Mausoleum hier, da würden sogar Brad Pitt und
George Clooney neidisch werden.
Aber bevor der Supergau an
Hysterie zum Ausbruch kommen sollte, versuchen die Schweden Marionette, die
Stimmung in den üblichen Maßen zu lüften.
Die anfängliche
Maskenparade erinnert allerdings eher an den berühmten Karneval in
Venedig zu jener Epoche, als Casanova dort mit seinem Charme die holde
Weiblichkeit beglückte, oder besser ausgedrückt, flach legte. – Nun,
ich denke nicht, dass dies der Beabsichtigung unserer Young Generation
Metalband aus Skandinavien entspricht. Jene zielt vielmehr auf die
musikalische Akzeptanz der Besucher auf dieser Konzertreise. Immerhin
haben Marionette schon fast 6 Jahre auf dem Buckel, aber dafür nur ein
Album (erschienen 2008) im Tornister. Ich vermute mal, das sogenannte
Freischwimmen im heimatlichen Schweden war Schuld an der langen
Wartezeit. Andererseits sind Axel Widén, Mikael Medin, Anton Modig,
Aron Parmerud, Linus Johansson und Jimmy Olausson noch relativ jung. Und
die Hörner müssen erst noch abgeschliffen werden. Steht nur die Frage
im Raum, wie dieser Feinschliff in Sachen Melodic Death Metal dann ausfällt.
Noch müssen sie um die notwendige Anerkennung kämpfen, und dieser
Fight umfasst auch diverse Sprünge in den Fotograben, um dem
allgemeinen Ambiente eine etwas besondere Note zu geben. Aber das und
die musikalische Darbietung sind nicht nicht das Hauptproblem für Sänger
Axel, sonder eher der Umstand, dass er eben nicht Joey Jordison heißt. Und das wiederum lassen ihn zumindest all die Grazien in dark
Noir’ hier, mit schlichter Ignoranz spüren. Für alle Freunde des
gediegenen Düster Metals gibt’s aber unter folgendem Link noch jede
Menge Infos über Marionette.
http://www.myspace.com/marionettesweden
Eine relativ lange Umbaupause lässt sämtliche Claudia Schiffers der Münchner
Unterwelt erst mal ihr Make Up aufpolieren, um dann an vorderster Front
zumindest einen Augenaufschlag von ihrem Märchenprinz zu erhaschen.
–
Das Fatale
an dieser Tatsache ist allerdings, dass die Murderdolls anscheinend das
gleiche Ansinnen haben in Sachen Aufputz. Denn bei der schwungvollen
Attacke des Backstage Opferaltars, ergießt sich als allererstes eine
Ladung weißer Feinstaub über meine Rübe und vor allem über mein
hochheiliges Kameragerät. Und hier sind wir an dem Punkt, wo ich
eingangs erwähnte, dass es mich das fürchten lehren würde. Aber
klappern mit den Gebeinen und fluchen wie ein Bartgeier können wir später,
denn momentan fehlt schlicht und ergreifend die Zeit. Minuten werden zu
Sekunden, während der, unsereiner, rasender Bildbericht-Erstatter
die Höllenbrüder auf Speicherkarte bannen will. Erschwert wird
diese Action durch eine momentane Blindheit und Keuchusten dank der
Moder-Mehl Ration, sowie der weiteren Tatsache, dass sich unsere Chuckys
anscheinend mit mindestens 5 Flaschen Chanel No. 5 einparfümiert haben,
abgesehen vom kunstvollen Dior Lidstrich. Halleluja, - ein Aromabad will
ich nun wirklich nicht zusätzlich nehmen. – Abgesehen davon herrscht
zusätzlich Tokio Hotel Atmosphäre im Miniformat, und Klein Joey wird
zur Ikone des neuen Schönheitsideals gekrönt von Münchens gruftiger
Damenwelt.
Ums nicht
außen vor zu lassen, unsere kleine Partycombo hier, besteht natürlich
nicht nur aus Figaro Wednesday und Mr. Jordison, der übrigens in seiner
Funktion hier, nicht hinterm Schlagzeug sitzt, sondern mit seiner Six
Strings an vorderster Front agiert - (Anm. schön für all seine
Verehrerinnen zwecks der physischen Nähe). Sondern da oben präsentieren
sich noch drei weitere Mörderpuppen, die auf die Namen: Roman
Surman (Git) Jack
Tankersley (Bass) und Racci Shai (Drums) hören.
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