Okay, legen wir die Karten
mal auf den Tisch.- Thin
Lizzy war damals in den Siebziger- und Achtziger Jahren vor allem Phil
Lynott, und sonst niemand, auch wenn bei dieser Band so brillante
Musiker wie Brian Downey, Scott Gorham, Gary Moore, Snowy White und
dergleichen mitgemischt haben. Es war vor allem die, alles einnehmende
Aura und die unvergleichliche Stimme des einmaligen Aushängeschilds,
was diese Band ausgemacht hat. Aber gut, das ist ja jetzt schon lange
History, und über Jahre hinweg lag die Legende begraben. – Als sich
dann Ende der Neunziger Jahre ehemalige Thin Lizzy Musiker neu
formierten, um unter selbigen Namen weiter zu machen, gab es etliche böse
Stimmen, von wegen, das wäre nur wegen deren eventueller, finanzieller
Notstände usw. Nun, davon kann man halten was man will, und sehen
wir’s mal so: es gab schon viele Rockbands, die irgendwann ihre Frontmänner
verloren - und sie durch andere mehr oder weniger erfolgreich ersetzt
haben. Ist also auch nichts Neues. -
Aber genauso wie während Thin Lizzys erstem Lebensabschnitt,
wechselte auch nach der Wiederauferstehung das Line up konsequent, bis
auf den Fels in der berühmten Brandung, der er damals schon war –
Scott Gorham. Es war die erste Tournee, bei der Gitarrist John Sykes die
Hauptrolle übernahm. Sykes selbst gehörte der 1. Lizzy Generation mit
Phil Lynott lediglich ein Jahr an 1983, in welchem das Album ‚Thunder
& Lightning’ und zwei Livescheiben erschienen. Auf alle Fälle
lief diese erste Reuniontour relativ gut, da das Publikum schon allein
aus Neugier angetrabt kam im Sinne von: was kann das denn jetzt noch
sein.- Die zweite
Konzertreise lief dann schon nicht mehr so gut und die dritte Runde noch
weniger. Das Resultat war, dass es vor etwa 3 Jahren
zum Bruch zwischen Sykes und Gorham kam. Aber entgegen der
Annahme, dass diese Tatsache jetzt den endgültigen Schlussstrich nach
sich ziehen würde, hat sich jetzt der Phönix einmal mehr aus der Asche
erhoben, und das wiederum mit einem anderen Line up, mal abgesehen von
Scott Gorham.
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Mit im Boot ist diesmal Original Gründungsmitglied
Brian Downey (Drums), Keyboarder Darren Wharton, der sowohl anno dazumal in der
ersten Ära, als auch in der Sykes Phase zwischenzeitlich mit dabei war.
Und auch Bassist Marco Mendoza war ebenfalls zu Zeiten von Sykes schon
mit von der Partie. Neu hinzu gekommen sind Gitarrist Vivian Campbell (Def
Leppard) und als Frontmann hat man sich Ricky Warwick (ehemals bei den
Almighty) geholt. Und genau bei letzt Genanntem kommen manchen Leute
diverse Zweifel auf, da er im Gegensatz zum üblichen Lizzy Jargon doch
ziemlich aus der Rolle fällt. – Aber wie sagt man so schön? Man soll
sich immer erst selbst von etwas überzeugen, bevor man ein weiteres
Urteil fällt.
Unsere Theaterfabrik ist gut, wenn nicht sogar sehr gut gefüllt mit
allen Altersklassen, sprich mit ca. 800 Leuten. Und die sind wieder
genauso neugierig, wie damals, als Thin Lizzy das erste Mal 1998 wieder
aus der Versenkung gekrochen kamen, - viele Jahre später nach Phil
Lynotts Tod. Oft belächelt als finanzgierige Patchwork-Truppe, hat es
also Scott Gorham und Co. jetzt doch wieder geschafft, die einstigen
Fans und eine new Generation zu ziehen, zumindest hier in Germany.
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Support kommt von den Supersuckers, einer
Punkrock Band aus den USA, die sich selbst als ‚The Greatest
Rock’n’Roll Band on Earth’ veräppelt und das seit 1988.
Vom Orignal Line Up sind nur noch Sänger
Eddie Spaghetti und Gitarrist Rontrose Heathman mit von der Partie, und
das letzte Studioalbum ‚Get It Together’ hat ebenfalls schon zwei
Jahre auf dem Buckel.- Eigentlich
passen sie mit ihrem frechen Punk nicht wirklich zum klassischen Rock
von Thin Lizzy. Und anfangs zeigt sich die Menge auch noch relativ
bedeckt und verhalten. Aber siehe da, im Verlauf des 45 minütigen Sets
schaffen es die Amis tatsächlich, die Leute aufzuwecken und zum
mitklatschen zu animieren.
Ich persönlich hab’ mir zwar nicht wirklich viel erwartet, zumal ich
die Band bislang nur vom hören-kannte, aber Respekt: das was der Vierer
da oben abzieht, kann sich sehen, oder besser gesagt, hören lassen. Und
wie ich schon des öfteren erwähnt habe, gehört der Punk ohnehin zu
meinen kleinen Leidenschaften.
Eddie Spaghetti erinnert mich entfernt
ein wenig an Eagles of Death Metal Sänger Jesse Hughes, und das nicht
nur vom optischen Aspekt her. Ja, okay, vielleicht besitzt Jesse noch
eine Spur mehr Sexappeal. Aber unser liebenswerter Großkotz hier, steht
Jesse keinesfalls nach in Sachen schwüle Sprüche schwingen zwischen
den fetzigen Teppichklopfern. Und letztendlich muss man sagen, die
Supersuckers haben die Bude weich gekocht, im wahrsten Sinn des Wortes.
http://www.facebook.com/pages/The-Supersuckers/135339756866
Thin Lizzy, die Dritte – lassen sich denn auch nicht lange bitte.
Und es stellt sich ziemlich rasch und vor
allem hörbar, heraus, dass es vor allem Neuling Ricky Warwick
und Viv Campbell geschafft haben, aus Thin Lizzy eine – Fast
– Heavy Metal Band zu machen. Halleluja, kann man da nur kommentieren.
Ich meine, nicht dass Lizzy jemals eine Softrock Partie gewesen wären,
aber dank der zusätzlichen harten Gitarrenriffs von Campbell und des
rotzigen Organs und Auftreten des, nunmehr dritten Frontmannes der
Truppe, wird der einstigen
Legende ein rasant, metallischer Stempel aufgedrückt. Und die graue
Eminenz Sir Gorham hat sich dieser Gangart umgehend angepasst.
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Nun sagen wir mal so,
Vergleiche mit dem Original und dem absolut unantastbaren Phil
Lynott (Gott hab ihn selig) stellen sich hierbei gar nicht. Denn mit
jenem und den jetzigen Thin Lizzy lässt sich schlicht ergreifend nichts
vergleichen. Wohl aber können wir Vergleiche zur zweiten Epoche mit
John Sykes ziehen, da es sich bei jener und dem momentanen Kapitel um
eigenständige Formationen handelt, die zwar sicherlich einem gewissen
Qualitätsstandard entsprechen, aber eben nichts, aber auch rein gar
nichts mit Phils Philosophie zu tun haben. Kurz und gut, während John
Sykes Thin Lizzy eine eher gediegenere Note verpasste, aber dafür mehr
Charisma besaß, drückt Ricky Warwick dem Flagschiff einen straight
through the bone Stempel mit bösem Blick, zig Tattoos und viel Schweiß
auf der Stirn auf. – Noch eine Besonderheit kristallisiert sich heute
heraus. Während Sykes sich aus was immer für welchen Gründen
weigerte, den Klassiker ‚Whiskey In The Jar’ live zu performen,
steht er jetzt sehr wohl auf der Setliste neben vielen weiteren
Smashhits von Thin Lizzy back then. Darunter befinden sich auch die
richtig harten Knaller wie Massacre und etliche andere.....
Gorham und Campbell teilen sich die
Gitarren Soli, wobei es letzterem jetzt endlich gewährt ist, nicht nur
die langweiligen Parts, wie bei seiner Stammband Def Leppard zu übernehmen.
(Anm.lt eigener Aussage).- Für Bassist Marco Mendoza bedeutet Lizzy
nach wie vor: Job is Job. Und den macht er gut, denn er ist ein
Wahnsinnsbassist, der nach wie vor auch hart an seiner Solokarriere
bastelt. Zwei Alben hat er schon im Kanister, und das soll nicht so
bleiben. Der Mexikaner kommt on Stage fälschlicherweise immer etwas
arrogant rüber, was er aber beileibe nicht ist. Im Gegenteil, Speedy
Gonzales sorgt für die gute Laune in der Truppe.
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Und auch wenn Originaldrummer Brian
Downey schon etwas betagter wirkt wie der Rest des Vereins, so hat er
dennoch nichts, aber auch rein gar nichts von seinen Schlagzeugkünsten
vernudelt, genauso wie Darren Wharton, für den sich dieser Thin Lizzy
Job als ein willkommener Lückenfüller darbietet bis zum neuen
Studiowerk seiner eigenen Band Dare. Und das wiederum soll ja im April
geboren werden, also Zeit genug, um währenddessen ein paar Kröten
anderweitig dazu zu verdienen. –
Gegen Ende hin wird die Setliste, die übrigens
in zwei Variationen am Boden befestigt ist zur Sichtverbesserung für
alle einzelnen Individuen, von der Band spontan etwas abgeändert. Man fügt
‚Killer On The Loose’ ein und lässt dafür ‚Bad Reputation’ und
die allerletzte Zugabe ‚The Rocker’ weg. –
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Ist nicht weiter tragisch, denn die 90
Minuten sind auch so gut gefüllt. Um es zusammen zu fassen: Thin Lizzy
2011 sind zwar, wie schon beschrieben, keinesfalls mit irgendwas
vergangenem zu vergleichen, aber sie sind eine sehr gute Liveband, die
hier und heute eine Klasse Show abgeliefert haben. Das muss man ihnen
ohne wenn oder aber zugestehen.
Das war erstklassige Unterhaltung dank einer frischen, motivierten
Rockband, die mit den alten Lizzy Songs einerseits Phil Lynott
gedenken,- und andererseits auch versuchen ein junges Klientel für eben
jene Musik zu begeistern. Ob und wie es weiter geht nach dieser Europa-
und anschließenden US Tour, steht noch in den Sternen. Ob es jemals ein
Album mit ganz neuem Songmaterial geben wird, ist auch noch nicht raus,
aber nach dem Motto: nur der Augenblick zählt, kann ich diesen Dialog
lediglich abschließen mit: schön war der Abend mit einem schnittigen
Livekonzert und bester Unterhaltung. Viel weiter denken wir momentan
erst gar nicht......
http://www.thin-lizzy.info/ |