Live
Review 610 |
Das letzte Mal, dass ich diesen Musiker live on Stage erlebt habe, ist ca. 2 Jahre her und das wiederum vor etwa 12.000 Fans. Heute sehe ich ihn wieder, allerdings nur bei grade mal 30 Besuchern. Nein, keine Panik, so dramatisch sinken kann man fast gar nicht auf der Popularitätsskala, und die, vorhin erwähnte Tatsache, ist schnell und vor allem logisch mit einem Wort erklärt. Na ja, eigentlich sind es zwei, die da lauten: Peter Gabriel! Für keinen Geringeren ist David Rhodes seit fast 30 Jahren als Gitarrist tätig. Und er wäre schön dumm, wenn er den Job jemals an den Nagel hängen würde. Aber so wie jeder andere Mensch, hat wahrscheinlich auch Mr.Rhodes irgendwann das Bedürfnis verspürt sich selbst zu verwirklichen mit seinen ganz individuellen musikalischen Ideen. Nicht, dass er über all die vielen Jahre nur zu ‚Sledegehammer’ oder ‚Solsbury Hill’ die 6 Saiten strapaziert hätte, - im Gegenteil, David, übrigens ein leidenschaftlicher Hobby-Imker, zeichnet für so manche Melodie bei den TV Programmen ‚Discovery Channel’ und ‚National Geographic’ verantwortlich und steuert hin und wieder den einen oder anderen Song zu Kinofilmen und Videospielen mit bei. – Aber der gebürtige Londoner
musste erst 54 Jahre alt werden, bis er jetzt endlich ein eigenes
Soloalbum namens ‚Bittersweet’ am Start hat. Und jenes will schließlich
promotet werden, auch wenn sich das Unterfangen schwieriger als
angedacht, gestaltet. Dafür ist wiederum mitnichten nur der momentane
Fasching dran Schuld. Vielmehr liegt die Problematik in der simplen
Tatsache, dass keine Menschenseele den Namen David Rhodes kennt. Denn im
Gegensatz zu einem Tony Levin (Bassist von Peter Gabriel), der 1) zusätzlich
auf eine King Crimson Vergangenheit zurück blicken kann und 2) schon
seit langem eine eigene Reputation besitzt, muss Klein-David sich erst
noch frei fliegen, sofern er das auf lange Sicht hin überhaupt vermag.
– Dazu muss man aber erwähnen, dass diese Kurz-Tour aus ökonomischen
Gründen fast schon abgesagt worden wäre. Aber David will unbedingt
spielen, auch wenn er nur 10 Zuhörer damit gewinnen würde. |
Dass
München auch noch ein besonders schwieriges Pflaster ist was die
Zuhörerschaft betrifft, hat man ihm anscheinend bereits geflüstert.
Aber er nimmt es gelassen und freut sich über jeden einzelnen
Zaunspecht, der extra wegen seiner Person angewackelt gekommen ist. Die
bayerische Landeshauptstadt ist übrigens der erste Termin dieser
Mini-Tour hier in Deutschland, aber beileibe nicht das Debüt seiner
Soloaktiviäten. So hat David Rhodes sein Erstlingsbaby bereits im
letzten Jahr als Supportact auf der US Tour von Cindy Lauper
vorgestellt. In Runde 2 versucht er lediglich seine eigene Honigwabe zu
verteidigen ohne stadtbekannte Bienenkönigin. Begleitet wird der Gitarrist von Drummer Ged Lynch und Bassist Charlie Jones und Minimalistik bestimmt das Bühnenbild – 3 Musiker, 3 Instrumente, die üblichen Boxen , that’s it. – |
Und
schnell stellt sich heraus, dass seine Musik tatsächlich bitter – süß
ist. Nebenbei bemerkt: singen kann er auch. – Bitter – süß
deshalb, weil die Rhodes Kompositionen teils melancholisch, teils fröhlich
aufgestockt durch pure Verzweiflung. Die Struktur ist meist die Gleiche.
Die Lieder beginnen fast alle sehr ruhig, unterliegen aber
einer ständigen Steigerung bis hin zu einem heftigen Höhepunkt,
um dann wieder leise zu werden und in den Schwingungen des Raums zu
verhallen. Mitunter ist dem kleinen, aber feinen Publikum für den
Bruchteil einer Sekunde gar nicht bewusst, wenn ein Stück beendet ist
und David muss erst mit dem Kopf nicken, um die Sachlage zu
verdeutlichen. Das wiederum passiert zum offensichtlichen Amusement der
Besucher hier im Club. Auf dem Programm stehen sämtliche Songs von der neuen Erstlings-CD, sowie 3 weitere Tracks. Und auch wenn es sich beim kompletten Liedgut um Eigenkompositionen handelt, so lässt sich doch eine entfernt, wage Ähnlichkeit, oder sollte ich besser formulieren – Verwandtschaft, mit dem Espirit von Peter Gabriel nicht verleugnen. Denn auch er zeigt eine gehörige Portion Exzentrik in seiner Musik, einer Exzentrik, die man mögen und vor allem auch verstehen muss, um sie richtig zu schätzen. Das ist Extravaganza pur, nur eine Nuance’ leiser und nachdenklicher, verglichen mit dem Bombast des Chefs. David Rhodes’ Musik eignet sich weniger zum abtanzen und mitklatschen, als vielmehr zum besinnlichen Zuhören. Nenn’ ihn Singer-Songwriter oder einen musikalischen Poeten, - ganz egal. Fakt ist, wir haben uns trotz Wohnzimmer Atmosphäre gut unterhalten. Meine persönlichen Highlights unter diesen kleinen Juwelen sind der vielsagende Titel: ‚If It Could Only Be That Easy’ und ‚Crazy Jane’.
Und ein kleiner aber fein-besinnlicher Hummelflug a la` Rhodes geht seinem Ende zu. Mal schauen, wann und wie er uns das nächste Mal beehrt, - ob als Gitarrist in einer riesigen Band-Maschinerie vor einem Mega-Publikum, in der er nur eine kleine Arbeits-Biene in einem, fast unübersehbaren Stock darstellt, oder als Immen-König, der sein, zwar kleines, aber eigenes Regiment anführt. |
Der
Honig schmeckt so oder so süß, auf welche Art und Weise auch immer. Es
ist nur eine Frage der richtigen Vermarktung und einem gewissen
musikalisch-erweitertem Horizont. Wäre letzterer weitflächiger
verbreitet, dann hätte so mancher First Class Musiker, der sein Dasein
im Untergrund fristet, eine weitaus bessere Chance sein Können und sich
selbst zu behaupten. Aber leider steht auch in der Musik, so wie bei
vielen anderen Dingen der Spruch im Raum: „was der Bauer nicht kennt,
das kostet er nicht mal, geschweige denn, frisst es auf.“ – Traurig
aber wahr. http://www.davidrhodes.org/ |
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