So, jetzt tauchen wir wieder mal ab in die
imaginäre Unterwelt der leidenschaftlichen 666 Fans, die sich heute Abend
hier im Backstage Werk zum fröhlichen Happening in leichenblass noir’
eingefunden haben. Weihnachten ist Gott sei Dank vorüber und Ostern noch
lange nicht in Sicht, also keine Angst, dass uns ein christlicher
Heiligenschein die Höllen Party hier vermasselt. Unser Backstage Werk hat
sich einmal mehr zum Laufsteg verwandelt was die Münchner Fashion Week
betrifft. Die Vielfältigkeit kennt keine Grenzen und die Farbe Schwarz
schillert wieder mal in sämtlichen Fassetten, mal leicht schattiert, über
blass getönt bis hin zu blackest black. Dazu gibt’s den letzten Schrei
an Chanel Make Up, bevorzugt natürlich der Ton: natural white, blutrot
und Kohle pur rund um den Fledermaus-Blick. Vervollständigt wird das
vornehme Espirit durch eine verfeinerte Augenoptik, wahlweise in
Katzenlinse schräg, oder Frankenstein-Pupille bleu. Auch die
Haar-Kreationen können sich sehen lassen, hauptsächlich bestimmend durch
ein, ebenfalls bescheidenes Schwarz und so manchen Irokesen Jargon oder
ganz oben ohne. Kurz und gut, allein schon das, heute anwesende Publikum,
wäre eine eigene Fotostrecke wert. So viel zum allgemeinen Ambiente, das
auf eine, sicherlich nicht uninteressante schwarze Messe einstimmt.
Allerdings wird diese weniger von lieblichen Black Metal
Klängen bestimmt, als vielmehr von hartem Techno-Beat meets.....
ja was denn eigentlich?! Bezeichnen wir es einfach mal als Industrial
Techno-Metal. Was Besseres fällt mir jetzt nicht ein auf die Schnelle.
– Und diese Kings of the Road bzw. des Abends, kennen manchen von Euch
vielleicht schon von der Rammstein Tour her, wo sie jene, mehr oder
weniger erfolgreich supportet hatten.. Diesmal stehen die Combis selbst im
Rampenlicht des Geschehens, wenngleich auch in viel kleinerem Rahmen,
sprich statt Kathedrale ist jetzt Kapelle angesagt. Aber der Opferaltar
ist im Prinzip der gleiche, nur eben in Miniaturausgabe. Okidok, der Hexentanz kann beginnen und ehrlich gestanden, habe ich erst hinterher erfahren, wer die Ouvertüre hier eingeklingelt hat. Centhron nennen ihr heimatliches Nest
schlicht Bremen und sind dort im Jahr 2001 geboren worden. Sprich, man
feiert 10jähriges Bandjubiläum in diesem Jahr des Beezlebuben.
Das fröhliche Trio Infernal besteht aus: Elmar
Schmidt
(Mastermind),
Anette Schmidt (Live Synth) und Markus Vogler – (Bass). That’s
it. Einen Trommler braucht’s nicht.
Das erledigt ebenfalls der Synthi
mit links. Und außerdem ist es mal was anderes, zumindest was den
allgemeinen Vibe da oben angeht. Lang
lebe die Gasmaske, man glaubt gar nicht, was so ein Gummiding für eine
Wirkung erzielt und natürlich die holde Weiblichkeit, die in diesem Genre
nach wie vor Seltenheitswert besitzt. Viel mehr ist nicht drin, und nach
30 Minuten ist wieder Schluss mit happy go lucky. Zum letzten Mal hab’ ich die Brüder 2007 im Backstage als Support der Death Stars live on Stage erlebt. Und ich muss gestehen, ich war ziemlich angetan von deren Performance, und das wiederum nicht nur vom visuellen Aspekt her. Vier lange Jahre hat es gedauert, bis Håvard Ellefsen und Co. den Weg wieder nach München gefunden haben. Inzwischen gibt’s ein neues Album namens ‚Perfectly Defect’, und dieses kann man auch noch zum Nulltarif auf der official Website downloaden. Das ist Großzügigkeit pur, würde ich es mal nennen um mich gleichzeitig zu fragen, wovon der Satansbraten eigentlich gegart wird. Mortiis musikalischer Stil wird allgemein als Ambient Industrial Electro-Rock-Pop bezeichnet. Das bringt mich wiederum zum stöhnen obgleich dieser defizienter Nischentrennung in der Musik. Für mich klingt das Ganze in der Ohrmuschel um einiges mehr nach Heavy Metal, als wie die anderen beiden Partizipanten dieses Tour-Trecks. Und Håvard versteht es vorzüglich, trotz der wirklich beeindruckenden Maskerade, den musikalischen Erguss nicht ertrinken zu lassen. Im Gegenteil, das rockt buchstäblich wie’d Sau und wie beim letzten Mal, bin ich äußerst angetan von diesem Burschi, wobei mir hierbei die satanistische Aura piepegal ist.
Weniger egal sind mir die verheerenden Lichtverhältnisse, die die Knipserei zum apokalyptischen Alptraum werden lassen. Und ein höllisches Vater Unser, sprich eine gesegnete Fluchorgie ist die Folge der katastrophalen Umstände. Aber wahrscheinlich gehört all das zum passenden Ambiente, das sorgfältig von Castor und Pollux bewacht wird, damit auch niemand im Graben vorm Altar einen Heiligenschein nach oben wirft. Also müssen wir uns mit dem begnügen, was wir bekommen – aus Schluss und fidibus. Fast eine Stunde lang werden wir verwöhnt von Mortiis, wobei gesagt werden muss: Mortiis ist Håvard Ellefsen, und Håvard Ellefsen ist Mortiis, der Rest ist notwendiges Beiwerk. Genauso wie beim Opener Centhron ist auch
hier keine Setliste vorhanden, die man sich für’s Archiv hätte
ablichten können. Das is’ es denn auch schon wieder mit dem Power-Paket
aus Norwegen, dessen Energie im Dreiviertelschatten der gut gefüllten
Untewelt leider buchstäblich untergeht.
Interessant angerichtet in Sachen lebendiges Stilleben mit viel Magnesium im Allerwertesten, das wiederum als Feinstaub auf unsere Häupter rieselt, beginnen Combi Christ ihren monströsen Samba Pa Ti. Und es ist augenblicklich festzustellen, dass sie und der Opener heute Abend, in einer Liga spielen, stilistisch gesehen. Nur die Vorgehensweise ist selbstredend eine ganz andere Schiene, schon allein wegen des instrumentalen Beiwerks. Man setzt auf Paukenschlag pur, vorrangig in multipler Version. Der Rest wird auch hier per Synthie und Keyboard bestritten. Allerdings sind jene praktizierenden Zerberus-Apostel mehr zu erahnen als zu erspechten im Dunstkreis des Höllenvorhofs. Nur Meister Eder lässt ganz vorn’ seinen Pumuckl tanzen. Vielmehr hört er auf den bürgerlichen Namen Ole Anders Olsen und stammt ebenfalls aus dem Land der Fjorde und der Nordlichter. Aber die zahlreichen Fans von Combichrist kennen unseren King of the Road hier eher unter dem klingenden Künstlernamen Andy LaPlegua. Jawohl, jetzt schnackelts spätestens auch beim allerletzten aggrotechnischischen Rhythm-Noise Verfechter. – Selbstredend kommt die gemütliche Tanzkapelle hier wesentlich beeindruckender rüber, als damals, wo sie sich als Opener für die allmächtigen Rammstein mühselig abgestrampelt haben. Wie schon eingangs erwähnt, sind sie diesmal die Chefs des Supergaus, und letzteres im wahrsten Sinn des Wortes. Denn sämtliche Anhänger von Combichrist erproben just in dieser Minute die neueste Variante eines höllischen Quick Steps, der kein Erbarmen kennt für Chanels Flüssig Make up, den Liquid Lidstrich und Irokesen Cut und noch dazu alles nieder trampelt was im unsichtbaren Pentagram rum eiert. Ein Smashhit jagt den anderen aus dem combichristlichen Repertoire und entfaltet seine ganze Wirkung auf die wildgewordene Meute. Das individuelle Adrenalin der 750 Leiber
hier drin, hat einen neuen Höchstwert auf der Body Index Skala erzielt
und verlangt dringlichst nach einer Beruhigungsspritze. Aber nicht bevor
diese 80 Minuten und ein paar Zerquetschte vorüber sind. Und genau
letztere, werden von den Besuchern hinterher am meisten bekrittelt. Aber
bei so einer Dreier Paket – Orgie ist schlicht und ergreifend keine Zeit
für eine 2 Stunden Show.
It’s
as easy as that. Fazit sind insgesamt ca. 3 Stunden opulenter
Illusion einer schillernden Scheinwelt, unterlegt mit druckvollem
Techno-Metal, wobei für mich persönlich die Außenseiter Mortiis die
heimlichen Gewinner dieses Szenarios sind. Aber eben.... nur für
mich...so scheint’s..... |
Weitere Fotos bei Metalhammer.de |