Okidok, jetzt kommen
wir zu einem Thema, auf dass einige Rockfans hier in Europa schon lange
gewartet haben, nämlich die Ankunft des Transsibirian Orchestra.
Bereits im vergangenen Jahr hätte dieser Tour-Trek schon auf dem alten
Kontinent landen sollen, hat es aber dann aus logistischen und
organisatorischen Gründen erst mal nicht getan und die Reise auf 2011
verschoben. – Seien wir mal ehrlich, so richtig hatte keiner mehr dran
geglaubt, dass TSO tatsächlich mal den Fuß nach good old Europe setzen
könnten. Warum auch? Seit ihres Bestehens tourt das Projekt, angeführt
von Paul’O’Neil und Jon Oliva regelmäßig um die Weihnachtszeit
sowohl an der Ost- als auch an der Westküste der USA. Und das Konzept
der Show scheint den Amis zu gefallen. Denn die bombastischen Auftritte
mit ihrem üppigen Laser- und Pyro-Zauber sorgten bislang für wahre
Triumpfzüge.
|

|
|
Die Musik ist eine
Mischung aus Hardrock meets Klassik, wobei hierbei wiederum so mancher
eingefleischte Metaller erst so richtig die Fünfte von Beethoven zu schätzen
lernt. Beethoven selbst hätte sich zwar wahrscheinlich in seiner
vermoderten Holzkiste fünf Mal und öfter ums taube Ohr gedreht bei der
Vernudelung seiner, ach so schönen Symphonien. Aber erstens waren
damals die Zeiten noch anders im 18. und 19.Jahrhundert, und zweitens
wird mit dieser Verquickung von alt und neu der Stoff einer jungen
Generation nahe geführt. – Also wie schon beschrieben, wird Rock mit
Klassik verquirlt, dieses Gemisch dann mit einer fantastischen Story
untermalt und durch viel visuell- beeindruckenden
Schnick Schnack aufgepeppt. Dass die Amerikaner ohnehin einen
Faible für Kitsch, Bombast und kunterbunte Vielfalt hegen, ist ja
allseits bekannt. Aber zieht das auch in Europa?? –
|

|
|
Nun, eine Sache lässt
sich schnell beantworten,
und das ist der Umstand, dass die momentane Tournee von TSO in unseren
Breitengraden auf alle Fälle sämtliche Savatage Fans von back then und
Jon Oliva’s Pain Verfechter anziehen würde. Da die Shows eine
Bestuhlung vorsehen zur aufmerksamen Verfolgung der Geschichte, passen
folglich bei weitem nicht so viele Leute in eine Halle, wie bei normalen
Stehverhältnissen. Auch dies gilt hauptsächlich für Europa. Denn in
den USA sitzt mal so oder so bei Rock-Events, ob man will oder nicht...
– Sprich, in unser Zenith, in das normalerweise bei ausverkaufter Hütte
fast 6.000 Leute Platz finden, ist heute Abend gerade mal mit knappen
1.700 Besuchern gefüllt, die da artig auf ihren Stühlen in Reih und
Glied Platz genommen haben. – Schwieriger hingegen wird’s für uns
Fotografen, denen Tourmanager Alan charmant die Anweisungen mitteilt.
Allerdings sind diese
weniger amüsant, denn so darf unsereiner nur vom Mischpult aus im
hinteren Teil der Halle die Szenerie im Bild festhalten, das allerdings
für fünf und nicht die üblichen drei Songs. Deshalb rät sich auch
ein 300er Objektiv samt Stativ, denn sonst bekommt man lediglich den Bühnen-Gesamteindruck
halbwegs passabel vor die Linse, nicht aber die einzelnen Partizipanten
in Nahaufnahme. Allerdings muss man dazu sagen, dass allein jener
Gesamteindruck sehr beeindruckend ist mit seinen vielen
Lichtspielereien. Dabei habe ich mir sagen lassen, dass die Special
Effects und die Pyros bei uns hier noch sparsam verwendet würden, da
unsere Stadträte bekanntlich nicht unbedingt Freunde solcher Spektakel
sind. Aber egal jetzt, denn die Hauptkonzentration soll denn doch eher
auf der Erzählung und der begleitenden Musik liegen.

|

für das Publikum....
mit Pocketcams ohne Blitz...? - na dann - auf ein
fröhliches Gelingen :-)))
|
Und der Geschichten
-Onkel ist in unserem Fall hier ein Gentleman namens Bryan Hicks, der
mit ausdrucksvollem Organ von Ludwig van Beethovens letzter Nacht und
der imaginären 10.Symphony fabuliert.
Zusätzlich laufen die
Stories links und rechts von der Bühne in großen Monitoren ins
Deutsche übersetzt, auf schwarzem Hintergrund von oben nach unten ab
zur allgemeinen Schützenhilfe. Zwischen den Kapitel gibt’s die
passende Musik, immer wieder von anderen Frontfiguren vorgetragen. Da
das Transsibirian Orchestra verschiedene Live Ensembles unterhält,
kommt es stets zu Veränderungen. Fix mit von der Partie sind auf alle Fälle
Al Pitrelli (Git.), Chris Caffery (Git), Johnny Lee Middleton (Bass) und
Jeff Plate (Drums) alles ehemalige Savatage Musiker. Leider glänzt der
Big Boss Paul ‚O’Neil heute durch Abwesenheit.
 |

|

|
 |
Der ist nämlich schon mal nach Wien vorgereist, um dort die
Werbetrommel für die Show in der österreichischen Bundeshauptstadt
zu rühren. Man muss vielleicht dazu sagen, dass er zwar der
Komponist und Chef des Clans ist, aber nicht fixes Bandmitglied. Er
nimmt es sich nur hie und da heraus mit auf der Bühne zu stehen. Das
Gleiche gilt in etwa auch für Jon Oliva. Aber der ist leider erst gar
nicht mit nach Europa gekommen, wegen eines schweren Krankheitsfalles in
der Familie. Die Leadvocals werden von mehreren Frontmännern und -
Frauen bestritten. Darunter ist übrigens kein Geringerer als Jeff Scott
Soto, neben Andrew Ross und Tim Hockenperry und etlichen anderen....
Fakt ist, die Band da
oben samt String Quartet, Keyboards etc. zählt gut und locker
mindestens 20 Köpfe. Und die wiederum sind bis zur äußersten
Perfektion aufeinander eingespielt. Paul O’Neil hatte mir vor einigen
Wochen hier in München beim Interview schon erzählt, dass jeder Sänger(in)
bei einem Auftritt nicht mehr als 5 Songs vorträgt, weil es sonst
zuviel wird anhand der immensen Anzahl von Konzerten. Letzteres gilt
weniger für Europa, als wie für die USA, wo 50 Shows hintereinander
keine Seltenheit sind. Aber das Patentrezept will schließlich gut
ausgekocht werden. Und das fertige Gericht hat sich mit der Zeit als
eine der erfolgreichsten Konzert-Tourneen Amerikas entpuppt. – Die
Termine in Europa hingegen beschränken sich auf – in etwa 20
Auftritte. Zum einen, weil der Tranfer dieser riesigen Produktion von
den USA hier her astronomisch-teuer ist, und zum anderen, weil man eben
erst mal antasten will, ob die Masche hier überhaupt funzt, wie man so
schön sagt. Und natürlich, weil die Austragungsstätten um ein
wesentliches kleiner sind als die in der Heimat. Ergo sind die
Ticket-Einnahmen auch nicht so hoch. Bei einer Dimension dieses Ausmaßes
muss alles genau kalkuliert werden.
Aber zurück zur Liveshow hier in München, die beim anwesenden Publikum
sehr gut anzukommen scheint.
Auch wenn die Meisten
die Musik zum lyrischen Vortrag augenscheinlich vorziehen inklusive
meiner selbst. Aber abgesehen davon verursacht diese Mischung aus
Bombastrock und verrockter Klassik bei vielen Fans doch ein wenig Gänsehaut
Feeling. – Aber nach dem Motto: das Beste kommt zum Schluss, sind es
in der Tat die letzten 30 Minuten, nachdem das ganze Procedere rund um
Beethoven’s nie existente 10te beendet ist, die uns alle so richtig
aus den Pantoffeln kippen lässt. Dieser Epilog wird übrigens durch
Bachs Toccata eingeleitet und endet mit den Klängen zur Carmina Burana
von Carl Orff und dem finalen ‚Chance’.-
|

|
|
Das hier waren 3 Stunden großes Kino, vielleicht nicht ganz so voluminös
wie das normal in den USA der Fall ist, aber für unsere Verhältnisse
trotzdem großes Musik-Theater, das garantiert nachhaltigen Eindruck
vermittelt hat. – Und so mancher Savatage Fan hat jetzt ein Tränlein im
Augenwinkel und denkt sich heimlich: oh wie wäre das schön, wenn..... na
ja Ihr wisst schon.... – Und das wiederum meine Freunde des guten
Rock’n’Roll Geschmacks ist gar nicht mal so abwegig. Hört doch mal
ins letzte Jon Oliva Interview vom Januar dieses Jahres rein. -
Ach ja, und
noch etwas muss gesagt werden. Unsere Zenith Halle ist ja bekannt für
die, meist katastrophalen akustischen Verhältnisse. Im heutigen Falle
muss ich aber sagen: ich hab’ die Glöcklein hier drinnen, selten so
glasklar bimmeln hören wie heute, wenn Ihr versteht was ich meine.
Nachtrag:
Und als ob 3 Stunden live on Stage nicht genug wären, gibt sich die
gesamte Truppe hinterher noch die Ehre, um im hintersten Teil der Halle
noch geduldigst Autogramme zu schreiben. Dies wiederum ist so hervorragend
von den Amis organisiert, dass, trotz hunderter Signier-Wünsche die Aktion in Null Komma Nix vollbracht ist. – 1 : 0 für
TSO, die sich somit ihren Pegel auf der Beliebtheitsskala hundert pro gesichert haben.
PS: ich für meinen Teil bevorzuge zwar immer noch Beethoven pur und nicht
on The Rocks, aber gut gemacht war’s allemal – ohne wenn und aber.....
http://www.trans-siberian.com/ |