Live Review 620

24 Studioalben, 8 Livescheiben und 5 Greatest Hits Meilensteine können Savoy Brown in ihrem Backkatalog nachweisen, und das seit dem Jahr 1967.  Wobei man dazu sagen muss, dass in all diesen, insgesamt 46 Jahren ihrer Existenz, also seit 1965, - Savoy Brown eigentlich immer nur Kim Simmonds war und nach wie vor ist. Denn keine Band hat so oft ihr Line up gewechselt wie diese Truppe. Und somit ist man fast versucht, das Ganze als Soloprojekt eines einzelnen Gitarren-Genies einzustufen. – Tut man aber dann doch nicht, denn zu viele brillante Musiker haben hier schon mitgespielt und ihren Input mit einfließen lassen. Und das wiederum hat Savoy Brown geprägt. Den absoluten Höhepunkt erlebten Kim Simmonds wahrscheinlich so um das Jahr 1972 mit dem Album ‚Hellbound Train’, das ein wahres Meisterwerk der Anfang Siebziger Jahre - Rockmusik darstellt. Und diese Stilistik hatte einen riesengroßen Vorteil gegenüber anderen Trends. Sie hat sich über etliche Jahre hinweg gesetzt, ist bis zum heutigen Tag zeitlos geblieben und klingt auch jetzt noch wie frisch aus der Retorte geboren. Vor allem klingen sie amerikanisch, und nicht etwa treu-britisch. Denn

Simmonds ist gebürtiger Engländer, den es aber eben damals zu den High-Times bereits nach USA verschlagen hat. Heute lebt er in Uptown New York  und weint good old Britain keine Träne mehr nach. Warum auch? So konnte Savoy Brown schon von jeher da drüben in den Staaten um etliches mehr an Anerkennung einheimsen als in Europa. – Trotzdem hat Kim seine Wurzeln nicht vergessen. Und da von Grund auf alle Amis der Meinung sind, dass gerade Germany so ein guter Boden ist für Tournee-Tätigkeit, kommt man auch immer wieder gern hier her. –
Sagen wir mal so: ich würde unser Land hier nicht wirklich als goldenen Brutkasten bezeichnen. Aber im Gegensatz zu anderen Flecken auf diesem Planeten, haben hier gerade die älteren Rockacts noch genügend Möglichkeiten sich live on Stage zu entfalten auch wenn sich mitunter nur 50 und ein paar zerquetschte Fan Reliquien von einst einfinden, um ihre alten Helden noch einmal spielen zu sehen. So ist es denn auch heute Abend hier im München im kleinsten der drei Backstage Hallen, dem Club. Nebenan in der Halle, im selben Wellblech-Gemäuer tobt hingegen der Bär bei den, ebenfalls amerikanischen, - Thrashmetal Emporkömmlingen von Il Nino samt 3 Supportacts, wo 600 Kiddies der New Generation abfeiern bis zum Erbrechen. –
Hier im Club hingegen, herrscht gediegene Atmosphäre, und Mr. Simmonds lässt sich dann auch nicht lange bitten, und beginnt seinen Gitarren-Zauber ziemlich früh um 20.15 Uhr, ohne den sonst so obligatorischen Anheizer bei Liveshows. ‚Meet The Blues And Head On’ leitet denn auch zu einem, im wahrsten Sinn des Wortes, ca. 90minütigen Rückblick auf 40 Jahre Savoy Brown ein.

Seine Mitstreiter da oben beschäftigt Simmonds erst seit ca. 18 Monaten. Da wäre Sänger, Saxophonist  Joe Whiting, Drummer Garnett Grimm und Bassist Pat DeSalvo, die Simmonds momentan zur Seite stehen. Und in der kurzen Zeit ist der Fünfer auch sehr gut aufeinander eingespielt.

Eine  kleine Veränderung gibt’s doch im Gegensatz zu früher, wo Kim neben der Gitarre auch sämtliche Vocals allein managte. Heute singt er nur noch zwei oder drei Stücke selbst, den Rest überlässt er Mr. Whiting, das es ihm laut eigener Aussage, langsam zuviel wird, immer alles allein aufzuarbeiten. Auch gäbe es keine Monster-Tourneen mehr, sondern nur einzelne Abschnitte, die sich über einen Zeitraum von allerhöchstens 14 Tage erstrecken. „Ich spiele nur noch, wenn mir danach ist“ gibt Simmonds vor der Show zu bedenken, „und ich kann es mir Gott sei Dank leisten“.-

Zurück zum augenblicklichen Geschehen und einem Programm, das für den engagierten – immer noch – Fan keinen Wunschtraum offen lässt. ‚Poor Girl’, von Simmonds selbst gesungen ist ebenso mit von der Partie, wie ‚Wan Dang’ und   der brandneuen Nummer ‚Voodoo Moon’ die auf dem nächsten, neuen Studioalbum enthalten sein wird, das voraussichtlich im Oktober erscheint. Den Höhepunkt stellt eine extensive Long-Version von Savoy Browns Nummer Eins Song ‚Hellbound Train’ dar. Hierbei zeigt der Meister aller Klassen seine wahre Größe in Sachen reinster Gitarrenkunst. Abgeschlossen wird das Konzert mit dem buchstäblich passenden Track ‚Leavin’ Again’ um anschließend noch eins drauf zu setzen.


Nein, man kann sich hier wirklich nicht beschweren. Das war eine astreine Performance in Sachen Zeitgeist-Bluesrock. Und jeder hier drinnen dürfte eigentlich auf seine Kosten gekommen sein. - 'Eigentlich' -  deshalb, weil die eher gedeckte Stimmung hier drinnen nicht unbedingt dazu beigetragen hat, den Funken einen Purzelbaum schlagen zu lassen. Und das wiederum resultierte aus dem weiteren Manko des allgemein mangelnden Interesses überhaupt hier aufzulaufen. Aber was soll’s?! Die Alten kriegt man kaum noch vor die Haustür heutzutage, und die Jungen fragen ganz naiv: wer soll denn das sein? – und amüsieren sich lieber nebenan beim Brachialakt von Ill Nino und Co.
http://www.savoybrown.com/                  Einige Schnappschüsse gibts im
Diary


PS: Und da die Uhr noch nicht mal 23 Uhr geschlagen hat und Ill Nino nach 3 Einheizern gerade mal erst 30 Minuten auf der Bühne stehen, schau ich noch auf einen Sprung rüber in die dampfende Halle um aus einiger Entfernung (ein nach Vorne Kommen is’ nicht) noch ein wenig vom Kuchen der Boys aus New Jersey zu schnabulieren.

 Ill Nino promoten mit dieser Tour ihr fünftes Album ‚Dead New World’, das Ende des vergangenen Jahres erschienen ist. Und mit jedem Europa-Besuch spielt diese Band in einer noch größeren Halle. Denn ich kann mich noch sehr gut an ihren Auftritt im 59:1 hier in München mit gerade mal 100 Zuschauern erinnern. Und das ist wiederum noch gar nicht mal so lange her. Die Stimmung boomt und siedet  förmlich über und die Dreadlocks on Stage zerschneiden die stehenden Luftmoliküle.  Nu Metal nennen die Jungs ihren Stil, wobei hier das Schubladen Denken in den Hintergrund rückt. – Ungefähr 40 Minuten verfolge ich Ill Ninos explosive Patience´, für ein paar Wischi-Waschi Eindrücke. Mit der Pocketcam reichts auch noch für einen kurzen optisch-akustischen Eindruck....

Der Rest vom Schützenfest findet dann ohne mich statt, und ich verzieh’ mich ins heimatliche Nest, um meine, zu guter Letzt, malträtierten  Ohrmuscheln zu pflegen.
http://www.myspace.com/illnino