Review 621

Es ist Donnerstag Abend, noch kein Wochenende, ergo: morgen müssen wir alle nochmal früh raus aus den Federn. Auf unserem Backstage Areal herrscht gähnende Leere, denn bis auf den kleinen Club, liegt der Rest im Dunkel und wird es wohl heute Abend so bleiben. Zu allem Überfluss bleibt auch noch der, eigentlich geplante Supportact irgendwo auf der Strecke liegen, und die Peacocks müssen sich wohl oder übel selbst anheizen vor den gerade mal, schätzungsweise 100 Verfechtern der 50 Jahre Rockabilly Nostalgie. Letztere lässt sich nicht übersehen, so sind die wenigen Mädels im Publikum, tatsächlich in Pettycoat, Punkte-T-Shirt und mit bravem Pferdeschwanz aufgekreuzt, sowie die Herren der Schöpfung in Lederjacke und Haircut ala’ James Dean. Na ja, zumindest die Hard Fans geben sich mondän und cool gelackt.  – Dabei bestreiten die Peacocks selbst, jemals eine reine Rockabilly Kapelle gewesen zu sein. Sie würden sich lediglich der Anleihen dieser Stilistik und des Punks bedienen. Kurz und gut,  im Grunde genommen bezeichnen sie ihre Musik eher als sogenannten Psychobilly, eine explosive Mischung aus den vorhin genannten Komponenten, und das schon seit über 20 Jahren.
Beheimatet sind die Peacocks in der schönen Schweiz und bestehen derzeit aus: Hasu Langhart (Voc/Git), Simon Langhard – (Contrabass) und  Jürg Luder – (Drums). Und sie können auf ein sehr beachtliches Repertoir an Alben und Eps sowie Best of’s zurückblicken. Das jüngste Juwel namens ‚After All’ ist im vergangenen Jahr erschienen, und die Frage ist, ob die jetzigen Konzert-Termine immer noch in Hinblick dessen stattfinden, oder ob sich die Schweizer nur generell mal wieder in Erinnerung bringen wollen?! Wie auch immer... das Timing ist jedenfalls nicht das Allerbeste hier, und die Band hat erst mal die, doch nicht unerhebliche Aufgabe, die Ratten aus ihren Löchern zu holen. Andererseits machen die Jungs da oben auf mich nicht unbedingt den Eindruck, als ob ihnen das größere Sorgen bereiten würde.

Sie starten ihr Kammerkonzert ein wenig später als angesetzt, sprich so gegen 21.30 Uhr, und nach dem Motto: hinter uns die Sintflut, brettern sie los, als ob es kein Morgen mehr geben würde. Aber sie haben nicht mit dem Münchner Publikum gerechnet, das zwar physisch anwesend ist, aber scheinbar geistig noch meilenweit weg. Trotz etlichem Platz vor der Bühne, beliebt es die Fangemeinde eher im hinteren Teil des Clubs zu posieren, und nur vereinzelt, inklusive meiner selbst, findet ein Marlon Brando in spee an die Front der Tatsachen, wenngleich auch aus anderen Gründen. Denn mein Suchen nach Nähe hat eher mit einem optimalen Fokus durch die Linse meiner Kamera zu tun. -
Fakt ist jedenfalls, dass das Trio nicht viel von langen Reden zwischen den Songs hält und lieber ein Stück ins andere übergehen lässt. Dazwischen lässt sich Frontmann Hasu lediglich mal über seine Abneigung gegen Rock Musik aus, was ich so aber auch wieder nicht nachvollziehen kann. Denn auch Rockabilly und Punk gehört im weitesten Sinn zum Oberbegriff Rock oder Rock’n’Roll. Schwierig wird’s für mich eher in der Hinsicht, die einzelnen Tracks auseinander zu dividieren, denn eine Setliste suche ich vergeblich am Bühnenboden, dafür umso mehr Zigarettenkippen. In der Tat habe ich selten einen Musiker live on Stage erlebt, der sich während einer Show so viele Glimmstengel anzündet wie Sänger Hasu, um sie nach spätestens 10 – 20 Sekunden wieder fallen zu lassen wegen der nächsten oralen Strophe. Was für eine Verschwendung, im Bewusstsein der Tatsache, wie teuer dieser Luxus doch heutzutage geworden ist. Aber gut jeder wie er will und hat. -  Künstlerfreiheit nennt man so was im allgemeinen, denn dem normalen Fußvolk im Publikum ist es innerhalb dieser 4 Wände mitnichten gestattet, sich der Nikotin-Freuden hinzugeben. –

Wie auch immer.... und erst im letzten Drittel der Show gelingt es den Peacocks doch noch, die Stimmung aufzumöbeln, und die Puppen im wahrsten Sinn des Wortes tanzen zu lassen. – Dabei ist der Stoff aus dem die Träume, bzw. die Songs der Schweizer sind, alles andere als eine Schlafpille. Im Gegenteil, der Punk geht ab wie’s Sau. Aber was nutzt das alles, wenn die meisten Leute da stehen wie die Ölgötzen, und sich die Energie der Klangwellen im Nirvana verliert, bis auf eben die letzten 20 oder so Minuten. Erst zu dann kommt die Schnecke doch noch aus ihrem Haus gekrochen und tanzt einen tschatschatscha.
Ich für meinen Teil habe denn auch erst zu, in etwa diesem Zeitpunkt meine anfängliche Skepsis abgelegt. Und ich muss sagen, dass mir dieser Einstand der Peacocks eigentlich sehr gut gefallen hat, wären da nicht die begleitenden Umstände gewesen.
http://www.thepeacocks.ch/