Und
wieder mal heißt es: der Melodic Rock ist tot, - es lebe der Melodic
Rock. Halleluja, hoch sei’s gejubelt und gepfiffen. Und ach wie gut
dass es Deutschland gibt, wo auch sämtliche Totengräber, Totgeglaubte
und Totgeweihte immer noch - und nach wie vor ein Zu Hause haben. Erst
kürzlich
meinte noch ein amerikanischer Medien-Kollege zu mir, dass er höchst
erstaunt sei obgleich der Tatsache, dass bei uns hier in Germany noch Künstler
touren, von denen man in den Staaten glaubt, dass sie schon lange nicht
mehr existieren. Tja, und wie soll man das nennen? Schlaraffenland
vielleicht? Hier wo der Honig aus dem Brunnen fließt.
I
don’t know... Fakt
ist, die Musikwirtschaft ist ohnehin im Arsch, also wird getourt, wo man
die Möglichkeit bekommt - und findet, egal wieviel Gage dabei abfällt,
oder auch nicht. Anyway, unsere, nun vorliegenden Probanten sind in der Tat jetzt keine Unbekannten. Und da allesamt aus den USA angereist gekommen sind, weiß man da drüben denn doch sehr wohl, dass sie noch existent sind. Was in Amerika schon lange gang und gebe ist, nämlich das Touren im 3er oder 4er Paket, will jetzt auch in Europa praktiziert werden. Denn nur mit diesem Patentrezept ziehen wir überhaupt noch ein paar verlorene Seelen bzw. Melodic Rock Anhänger – die letzten ihrer Art. – Wobei ich den Begriff Melodic Rock ja gar nicht leiden kann. In den USA nennt man so was schlicht AOR (Adult Orientated Rock) = auch Mainstream Rock – mal härter mal softer, je nachdem. Auf alle Fälle ist dieser Umstand von wegen, Deutschland wäre noch das Non plus Ultra für Tour Aktivitäten inzwischen überall hin vorgedrungen. Und das kriegen wir hier zunehmend zu spüren, denn wir wissen uns bald vor lauter Events gar nicht mehr zu retten in Sachen – Qual der Wahl, und vor allem teils astronomische Ticket-Preise. Auf alle Fälle greifen jetzt auch zunehmend halbvergessene Melodic Rocker nach dem letzten Hemdzipfel hier, um ihren Rock Life Traum fortzuleben. Gut, das gilt jetzt vielleicht weniger für Foreigner, die zwar nur noch mit einem Original Mitglied, aber dafür fitter als jemals zuvor – fast schon nonstop in unseren Landen präsent sind. Rocklegende Kansas fiedeln sich auch munter alle paar Jahre hier bei uns durch. Aber Journey waren seit einer halben Ewigkeit nicht hier, ganz zu schweigen von Night Ranger, die ihren Fersensporn das letzte Mal 1985 auf deutschen Boden gesetzt haben. Aber jetzt auf einmal, natürlich mit neuem Album im Schlepptau, will man es noch mal so richtig wissen und startet durch zur Eroberung des restlichen Universums – Night Ranger mit immerhin 3 Mitgliedern aus dem Original Line up, bei Journey fehlt vor allem der entscheidende Tupfen auf dem berühmten i (kommen wir später noch dazu) – aber egal, jetzt pack’ ma’s an... und setzen zum Sturm auf den alten Kontinent an mit vereinter Power und hoffentlicher Durchschlagekraft.
However, die momentane Rock The Nation Tour ist in mehrere Größenkategorien
aufgesplittet. Da wären zum einen die Outdoor Festivals wo noch so
einige weitere Vertreter dieser Zunft mitwirken. Und zum anderen
gibt’s die In Door Events, bei denen jeweils nur vier Bands mit von
der Partie sind, schon allein aus Zeitgründen.
Und das sind in unserem Fall der Reihenfolge nach: Night Ranger,
Kansas, Foreigner und Headliner Journey. – Dank unserer allseits
beliebten Rockantenne wird das Event in Augsburg promotet dass’ nur so
staubt mit etlichen Aktionen wie Ticket- oder Meet & Greet
Verlosungen. Am Ende sind es dann über den Daumen gepeilt ca. 3.000
Verfechter dieser musikalischen Stilistik, die sich in der Schwabenhalle
eingefunden haben zur fröhlichen Auferstehung des Melodic Rocks samt
dessen Flagschiffs Journey. Die Show-Time ist viel zu früh angesetzt
mit 19 Uhr, ergo in den Genuss von Night Ranger kommen nur ca. die Hälfte
aller Besucher. Ich selbst verpasse dank eines Unwetters, dass mich auf
der Fahrt von München nach Augsburg erwischt, ebenfalls die ersten 10
Minuten, sprich – fotografieren is’ nicht mehr, da es wie bei den
meisten Events nur während der ersten 3 Songs gestattet ist, zu
knipsen. (Anm. ein Dank geht an Kollege Manfred aus Österreich, der mir
für diesen Bericht hier mit Live-Fotos von Night Ranger und Kansas
ausgeholfen hat. |
Und
gleich bei der ersten Show in Hannover nach ca. 3 Minuten küsst Jack
Blades so unglücklich die Bühnenbretter, dass er die nächsten
Konzerte sitzend absolvieren muss. In Augsburg hier geht’s so halbwegs
wieder. Denn wie er mir später beim Smalltalk gesteht, hasst er nichts
mehr, als wenn er bei Konzerten bewegungsunfähig ist. Äh... sorry,
aber dass was der kleine Wichtlmann da oben just in diesem Augenblick
vollführt, ähnelt ohnehin schon einer Beweglichkeits-Akrobatik hoch 3.
– Ich frage mich, wie ist das erst, wenn er, seiner Meinung nach
wieder voll back in Action ist. – Dann bricht wahrscheinlich der Laden
auseinander, oder die Welt geht unter... oder so was in der Art. –
Aber im Ernst, so stelle ich mir eine energiegeladene Live Show vor und
nichts anderes. Dazu gibt’s noch zu sagen, dass Nightranger nach
etlichen Lichtjahren gerade erst ein neues Album heraus gebracht haben namens ‚Somewhere In California’. Und jenes, Freunde guter Rockmusik, kann ich Euch nur wärmstens ans Herz legen. Es ist im wahrsten Sinn des Wortes gelungen und rockt genauso energiegeladen, wie grad in diesem Moment Jack Blades da oben auf der Bühne. Auch an Gitarrist Brad Gillis scheinen die Jahre fast spurlos vorüber gegangen zu sein, genauso wie bei Drummer Kelly Keagy. Der zweite Gitarrist Joel Hoekstra ist seit 2008 mit im Boot und Eric Levy hat man eben erst rekrutiert. - Kurz und gut, Night Ranger sind Klasse da oben, und ihre Knaller wie ‚Don’t Tell Me You Love Me’, ‚Growing Up In California’ von der neuen CD, der größte Wurf Sister Christian’ (übrigens gesungen von Drummer Kelly Keagy) sowie das letztendliche ‚You Can Always Rock In America’ fahren voll rein beim Publikum.
Und
ich werde fast augenblicklich zurück versetzt nach 1985, als ich Night
Ranger zum ersten Mal beim Out in the Green Festival in Nürnberg live
on Stage gesehen habe. Einziges Manko ist die viiiiieeeellll zu kurze
Spielzeit von gerade mal 40 Minuten. Sprich mir war nur eine halbe
Stunde vergönnt. – Andererseits besser noch so, als gar nichts
mitkriegen, was so manchem anderen Besuchern heute passiert ist. Bleibt
nur zu hoffen, dass es nicht wieder ein Vierteljahrhundert dauert bis
zum nächsten Einstand von Night Ranger. Jack Blades hat jedenfalls
versprochen (siehe weiter unten beim Interview) dass die Band gedenke, nächstes
Jahr auf Clubtour zu uns zurück zu kehren. Obwohl ich andererseits
hierbei wieder befürchte, dass man, was die Besucherzahl betrifft, dann
eine Null hinten weglassen kann, wenn nicht sogar mehr. – Aber wer
sich so lange nicht hat blicken lassen hier, der ist eben selbst
Schuld... Da heißts halt wieder kleine Brötchen backen – Amen.
Auf
gut deutsch, haben Journey wahrscheinlich inzwischen erkannt, dass nur
eine Reunion mit Steve Perry noch einmal den ganz großen Reibach
bringen würde. – Das Problem ist nur, der gute Steve will –
zumindest für den Augenblick – nicht mehr. Und falls doch irgendwann
wieder, dann wird er sich auch überlegen, ob er nicht lieber eine
weitere Soloscheibe macht. Denn als Solokünstler war Perry mindestens,
wenn nicht sogar erfolgreicher als mit Journey.
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Die
Meet & Greets
mit Journey dauern in Block-Abfertigung immer noch an, als ich
den Bus wieder verlasse.
Zurück
in die Halle gibt’s noch ein kurzes Shake Hands mit Mick Jones von
Foreigner, übrigens der einzige Europäer bzw. Engländer in dem ganzen
Tour-Haufen, der mit seiner Combo schon auf den Startschuss Nummer 3
wartet. - |
Ich
habe die Band das letzte Mal live am Tollwood Sommer-Festival 2009
gesehen. Und beim Betrachten der Setliste, kommt mir Lou Gramms
Kommentar dazu in den Sinn, der beim letzten Interview 2010 bei Rock
Meets Classic in München, da lautete: Mick Jones nimmt immer die selben
Setlisten her auch nach 20 Jahren. – Diesmal stimmt das nur zum Teil.
Die ersten fünf Foreigner Klassiker stehen in gleicher Reihenfolge auf
dem Blatt wie vor 2 Jahren, danach geht’s etwas anders weiter,
wenngleich auch nur geringfügig verändert. Wie auch immer, Tatsache ist, dass Foreigner unbestritten eine durchaus energiegeladene Liveband ist. Das ist nicht zuletzt der Verdienst von Sänger Kelly Hansen und Bassist Jeff Pilson. Einzig übrig gebliebenes Urgestein Mick Jones hingegen schiebt da schon eher eine ruhigere Kugel. Aber mit 67 Lenzen darf man das auch. Zumindest versucht Mr.Jones alles, um sein jugendliches Espirit optisch in Szene zu setzen. Sagen wir mal so: die alten –Gassenhauer fahren nach wie vor ein beim vielschichtigen Klientel hier, sei es ‚Urgent’, ‚Hot Blooded’, ‚Cold As Ice’ oder die Zugabe ‚Jukebox Hero’. Und Hansen ist ein sehr publikums-affiner Rockstar, der ständig die Nähe der Menge sucht. Hier in der Schwabenhalle kann er zwar nicht, so wie sonst das Bühnengerüst rauf und runter klettern. Aber dafür hüpft er mal eben zu uns runter in den Fotograben und schüttelt jedem Fan in der ersten Reihe die Hand. Macht sich natürlich ausnehmend gut bei allen Beteiligten.
Allerdings wird bei Foreigner gesampled was das Zeug hält und nicht nur ich kann mich des leisen Eindrucks nicht erwehren, dass hierbei auch teilweise Playback mit eine Rolle gespielt hat. Abgesehen
davon kann ich als letztendliches Resümee’ nur noch wiederholen, was
ich bei früheren Kritiken bereits gesagt habe: Foreigner 2011 ist eine
durchaus gute und unterhaltsame Liveband. Aber mit den klassischen
Foreigner von einst hat das Ganze nicht mehr viel zu tun. Also wohl denen,
die diese Band damals noch nicht erlebt haben. Denn da fällt so ein
Vergleich erst gar nicht an. |
Eieiei
jetzt wird’s schwierig für mich, denn ich gebe zu, dass ich bei
diesem Kapitel etwas voreingenommen bin, dank des Umstandes ein
riesengroßer Steve Perry Fan zu sein. – Die Story setzt inzwischen
Moos an, warum und wieso sich Journey von ihrem legendären Sänger –
oder andersrum – getrennt haben, und auch die darauffolgenden Sängerwechsel.
Aber jetzt heißt es, hätte man die ultimative Lösung gefunden in
Arenel Pineda. Leider entgeht es meiner Kenntnis, inwieweit der
Paradiesvogel bei den amerikanischen Konsumenten ankommt. Hier in Europa
ist man im Rahmen von Journeys zweiten Frühling, doch etwas verhaltener
vorgegangen, indem man bislang nur auf Festivals aufgetreten ist oder
eben im Paket mit anderen Acts. Jetzt sind wir wieder da und Neal Schon
und Co wollen uns überzeugen, dass der Melodic Rock noch lange nicht
tot ist. Sorry meine Lieben, aber das funktioniert so nicht. Erstens kommt hier nur sehr wenig rüber. Zweitens mein Tipp: am besten die Augen zumachen, damit man durch die Silhouette des filipinischen Alberichs (Karate Kid meets Rumpelstitzchen) nicht irritiert ist. Der Spruch stammt übrigens von Kollege Frank Stängle, seines Zeichens Radio DJ bei der Rockantenne. Und wo er recht hat, hat er recht. – Abgesehen davon will und will einfach der berühmte Funke nicht glitzern. Neal Schon tut zwar alles, sich konstant im richtigen Scheinwerferlicht zu sonnen. Er und Bassist Ross Valery sind ohnehin die einzigen Mitglieder aus der Gründerzeit 1973. Jonathan Cain kam zwar erst 1980 dazu, gilt aber inzwischen auch als klassischer Teil der Truppe. Am Schlagzeug sitzt Dean Castronovo, seit 98 mit im Boot und auch kein Unbekannter für Kenner der Rockszene. Vom neuen Album ‚Eclypse’ stehen nur 2 Songs auf der Setliste, der Rest ist ein Greatest Hits Menü. Und jenes ist dank des bekanntlich, reichhaltigen Backkatalogs sehr vielfältig. Aber auch wenn Pinedas Stimme wieder einmal der von Steve Perry fast schon banal ähnelt, so kommt der trotzdem auch nicht annähernd an jenen heran. Da liegen ganze Galaxien dazwischen. Allerdings auch hier gilt: für diejenigen, die keinen Vergleich besitzen, spielt das jetzt keine Rolle, denke ich.
Mein Fazit ist denn letztendlich: Journey 2011 machen zwar einen soliden Job, allerdings ohne den Glanz einer Legende und mitunter doch etwas sehr bieder. Und
Superstars sind sie schon lange keine mehr. – Aber die Möglichkeit
wieder ganz oben mitzumischen ist noch nicht gestorben. Es braucht dazu
nur eine einzige kleine Nebensächlichkeit...
–
Steve Perry – where are
you?!!!!! |