Live Review 651

Und wieder haben wir es hier mit einem Künstler zu tun, der sich neben etlichen anderen Musikern, in die Reihe – der zu wenig beachteten Perlen – einreihen lässt. Auch Bishop geistert bereits seit 20 Jahren in der internationalen Musiklandschaft herum, hat mehr als ein Dutzend Alben im Tramper Rucksack  und spielt sich den Allerwertesten wund, ohne dass es ihm jemals gelungen wäre, sich aus der, ach so berühmten Sumpf-Club-Szene frei zu schwimmen. Und welcher Ort für jene Gattung von Künstlern ist hierbei geeigneter, als unser allseits beliebtes Village im oberbayrischen Habach bei Garmisch. Denn die Besucher und Gäste des Clubs, sind ohnehin meist die selben. Die wiederum wissen wie der Hase hoppelt und genießen in der intimen Atmosphäre der guten Bauernstube die meist, brillanten Musiker. Jene die dann wiederum dankbar sind, dass es gerade hier in Deutschland doch noch ein paar Kenner und Genussspechte dieser ganz speziellen Szene gibt.
Auch ich selbst zähle mich zu jenem Klientel, wenngleich ich dank anderweitiger Verpflichtungen nicht immer die Möglichkeit habe, einem solchen Event im Village beizuwohnen.  -  Jetzt ist es nach, ohnehin -  einigen Wochen Konzert Abstinenz,  wieder mal soweit für einen Abstecher nach Habach, wo an diesem Abend einmal mehr Lord Bishop anrollt, und das im wahrsten Sinn des Wortes. Zwei Mal war er in den vergangenen Monaten schon angesetzt gewesen, und beide Male hatte er aus, mir nicht bekannten Gründen abgesagt gehabt. Aber beim dritten Anlauf klappt’s jetzt, und er und seine zwei Mitstreiter sind hier, um den Club buchstäblich zum vibrieren zu bringen.

Besonders bei schwarzen Künstlern scheint oft die Selbstdarstellung ganz groß geschrieben zu sein. Ob das ein Bootsy Collins ist, oder ein TM Stevens oder auch ein Stevie Wonder. Aber wenn einer den Titel – größter Egomane überhaupt verdient, dann ist es mit Sicherheit Lord Bishop, der allein schon durch sein Gardemaß von ca. 2 Metern beeindruckt. Hinzu kommt noch die phantasievolle Aufmachung, die beim US-Flaggen-Sombrero anfängt, über die überdimensionale, bunte Seidenmasche um den Hals, die noch buntere plakatierte Jacke samt Guns’n’Roses T-Shirt bis hin zur Nickisamt Strampelhose, die mich ehrlich gestanden, etwas entfernt an Windel Winnie erinnert. Andererseits bei dieser Schießbuden Figürlichkeit, die der Lord da inne hat, ist es auch kein Wunder, dass Designer Jeans wahrscheinlich nicht zu seiner Garderobe gehören. –

Das Ganze wird noch von einer gewissen Großmäuligkeit gekrönt, die er allen Anscheins nach, nicht nur auf der Bühne raushängen lässt. Genau kann ich das nicht sagen, da ich ihn bei der heutigen Gelegenheit nicht persönlich kennen gelernt habe. – Eigentlich tut man letzteres automatisch immer, schon allein dank der örtlichen Umstände. Nicht so heute, da ich das Geschehen vorzeitig verlasse in Hinsicht meines Weckers, der auf 6 Uhr des nächsten Morgens gestellt ist, obwohl es ein Sonntag ist. Aber das ist eine andere Story.
Lord Bishop performt seine Musik per Trio, und er bezeichnet seinen Stil selbst als Sex Rock.

Die fünf Grundgedanken seiner Musik erläutert er auf seiner bunt gestalteten Webseite. Erstens: Politiker sind der Abschaum der Menschheit. Zweitens: Das Musikbusiness steht am Abgrund, weil es viel zu wenig Indie-Radiosender gibt. Drittens: Die Welt ist ein vielfältiger Ort. Lernt die Unterschiede kennen und lieben. Viertens: Sex bis zum Abwinken. Fünftens: Habt keine Angst, euren Weg zu gehen und eure Meinung zu äußern.
Das kann man jetzt auffassen wie man will, aber ob der kolosshafte Paradiesvogel nun unbedingt der Traum aller Schwiegertöchter ist, mag eher zu bezweifeln sein. – Die Musik hingegen ist eine Mischung aus Hardrock mit etlichen Funk und Bluesanleihen. Zwölf Studioalben sowie eine Best of... Scheibe liegen, für die relativ kleinen Verhältnisse hier, auf dem überdimensionalen Merchandise Tresen.

Die jüngste CD ‚Peace Action’ hat auch schon über ein Jahr am Buckel, aber es sind genau dessen Stücke, die er live daraus vorstellt, die am meisten einfahren. Ein kleines Akustikset zwischendrin, tut dem Ganzen keinen Abbruch. 

Es wird sogar getanzt hier drinnen in der guten Stube, und zwar zu dem Zeitpunkt, als die Stimmung, die im ersten Teil der Show noch relativ verhalten war, während der zweiten Hälfte deutlich anschwillt bei den ca. 50 Gästen. – Der Lord samt schicker Sonnenbrille, die den Coolness Faktor wohl noch etwas erhöhen soll, sonnt sich in seiner Egozentrik und in seinem selbstauferlegten Selbstbewusstsein, das in Wirklichkeit wahrscheinlich gar nicht sooo groß ist. Ich will damit sagen, dass so Mancher eine solche Selfconfidence dazu benützt, um einen etwaigen Komplex zu verbergen... – muss jetzt nicht sein, kann aber...



Über allem schwebt natürlich, wie sollte es anders sein, der Spirit von – Gott hab ihn selig – Jimi Hendrix, dem dann auch einige bekannte Töne ala’ ‚Hey Joe’ gewidmet sind.
Sagen wir mal so, - Windel Winnie - Lord Bishop ist sicherlich eine ganz interessante und vor allem amüsante Erfahrung, vor allem, wenn man ihn bis dato noch nicht live erlebt hat. Er ist nicht ganz so brillant auf seinem Instrument wie es zum Beispiel ein TM Stevens ist, aber er erregt das Auge des Betrachters und fesselt mit Sicherheit dessen Aufmerksamkeit. Andererseits ist er aber auch keiner jener genialen Musiker, von denen man nicht genug kriegen kann. Sei’s drum, wert war’s den Trip nach Habach allemal, aber das war’s denn auch.... Punkt, Schluss und Feierabend.
http://www.lordbishop.org/