Die Finnen, die spinnen – und das im wahrsten Sinn des Wortes, was die Leningrad Cowboys betrifft. Aber ich vermute, denjenigen, die diese Ulktruppe bereits kennen, erzähle ich damit nichts innovativ-neues. Hosianna, da bleibt kein schielender Sehnerv Pampas-gewickelt beim Anblick der verkappten Elvis Imitatoren. Wobei der Vergleich schon sehr weit hergeholt ist bei diesen akrobatisch-abartigen Haartollen, die allesamt vermutlich dem guten alten Tapetenkleister zu verdanken sind. Haarspray allein schafft das nicht, es sei denn, man kauft einen halben Drogeriemarkt leer. Hinzu kommt die smarte Prêt-à-porter  Uniform, mit der selbst Dolce und Gabbana ihre helle Freude hätten. Das zweite Markenzeichen der Cowboys nach der Frisur, ist die durchschnittliche Schuhgröße 73, wobei ich mich hierbei frage, wie man mit solchen überdimensionalen Monster-King-Kongs überhaupt agieren kann. Kann man offensichtlich und das sogar ganze zwei Stunden lang, wie das heute Abend in unserem Backstage Werk bewiesen wird, und wie es der flotte Zehner seit satten 22 Jahren vorführt. Denn so lange gibt es die Leningrad Cowboys aus Helsinki, Finnland bereits.

Ursprünglich waren sie eine fiktive Band, die der finnische Regisseur Aki Kaurismäki für seinen Film Leningrad Cowboys Go America (1989) erfand. Das Ensemble setzte er hauptsächlich aus den Mitgliedern einer bestehenden Band, den seit 1975 existierenden, in Finnland sehr bekannten Sleepy Sleepers zusammen , die musikalisch dem Punkrock nahe standen. Inzwischen hat das Line up bereits mehrere Mal gewechselt. Aber bitte erspart mir an dieser Stelle das Aufzählen von zungenbrecherischen, finnischen Eigennamen. Musikalisch beliefert uns der verrückte Hühnerstall hauptsächlich mit Cover-Versionen bekannter Hits, so wie z.B. ‚Delilah’ von Tom Jones oder passend zu ihrer einzigartigen Stiefel-Konstruktion – ‚These Boots Are Made For Walking’, im Original von Nancy Sinatra und Lee Hazelwood.  Zwischendrin werden aber auch einige russische Folklieder und sogar Eigenkompositionen hinein gestreut. Wobei sie sich hierbei inhaltlich vor allem mit der Klischee Vorstellung der Sowietunion  befassen. Letzteres ist inzwischen allerdings etwas antiquat und dürfte lediglich noch eine Art Nostalgie Erinnerung sein. Apropo gibt es da oben auf der Bühne nicht nur 10 männliche Paradiesvögel, sondern auch zwei weibliche, die unter dem Namen „Baikonur Girls“ laufen. -

Nach längerer Pause kommt jetzt endlich auch ein neues Album namens ‚Buena Vodka Social Club’ im Oktober auf den Markt. Und wir werden heute Abend auch schon reichlichst daraus bedient. Warum man diese Tour vor der VÖ angesetzt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ist aber auch nicht so wichtig, denn im Grunde genommen lebt eine Leningrad Cowboys Show hauptsächlich von den Spaßelementen, egal welcher berühmte Gassenhauer da durch den schimmligen Kakao gezogen wird.

Und derer gibt es im Überfluss, - wie u.a. eine abgefahrene Parodie von Metallicas ‚Enter Sandman’ –  ein brachiales ‚L.A. Woman’ von den Doors oder ‚Kids In America’ von Kim Wilde, letztgenanntes performt allen voran von den beiden Grazien in der Combo. Selbstredend gibt’s eine ausführliche Hommage an Elvis Presley ihrer erklärten Inspiration. Und - Gott hab' ihn selig - Johnny Cash wird auch bedacht mit einem herzhaften ‚Ring Of Fire’ – was sonst?!  -

Hier drinnen in der guten Stube herrscht Partystimmung pur bei den ca. 800 anwesenden Gästen – der Wodka fließt – der Rubel rollt, na ja hier in München ist es wohl eher das bayerische Helle und der Euro, der über die Bar-Theke Purzelbäume schlägt. Und wie schon erwähnt, erfreuen uns die finnischen Komiker 120 Minuten lang mit ihren musikalischen Streichen, wobei es, ums nicht außen vor zu lassen, keinen Supportact benötigt. Die Leningrader Buffalo Bills und Billy the Kids heizen selber schon den Kachelofen mit so viel Zunder ein, dass die Energieverschwendung locker für das Warmhalten eines sibirischen Winters reichen würde. 

Vielsagend leitet AC/DCs ‚Let There Be Rock’ die Zugabe ein, gefolgt von ‚Born To Be Wild’ welches mit absoluter Sicherheit auf die Leningrad Cowboys zutrifft. -  Und mit dem, ach so altbekannten russischen ‚Kassaka’ werden wir endlich von der Folter auf unsere Lachmuskeln erlöst. –

Sagen wir mal so: eine Show dieses finnischen Kabarett Vereins kann man nur schwer wirklich beschreiben, - man muss es gesehen haben, um den Witz und den Unterhaltungswert tatsächlich zu kapieren. Aber bereuen tut den Besuch eines solchen Ausbruch dieser Irrenanstalt, nach dem Motto: einer flog übers Kuckucksnest, hinterher bestimmt keiner. Da gibt’s vorab fast schon einen Garantieschein dafür.
http://www.leningradcowboys.fi/

Backstage Schnappschüsse