Wisst Ihr was der Unterschied zwischen Joe Bonamassa und Ryan McGarvey ist, mal abgesehen davon, dass ersterer um einiges berühmter ist?! Nun, Bonamassa sieht aus wie ein Intellektueller und rockt den Blues buchstäblich in Stücke. Und McGarvey sieht eher aus wie ein Rocker und fidelt seine Art des Blues auf höchst filigran-intellektuelle Weise vom Stapel. Aber hören wir auf irgendwelche Vergleiche zu ziehen. Denn Fakt ist, dass Ryan McGarvey, poetisch ausgedrückt, eine neue Sternschnuppe am Firmament des Blues ist, eine die gerade erst aufgeglüht ist und hoffentlich  noch einen sehr weiten Weg hat, bevor sie wieder verglüht.
Ihm wurde das Talent und die Liebe für diesen Musikstil sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Und mit gerade mal 24 Jahre alt, ist der, aus Albuquerque, New Mexico stammende Musiker eben erst dabei sich frei und flügge zu schwimmen. Im Jahr 2007 brachte McGarvey sein Debütalbum ‚Forward In Reverse’ heraus. Natürlich fragt man sich, warum er seitdem kein nächstes, neues Werk mehr veröffentlicht hat. Immerhin ist der Erstling schon über 4 Jahre alt. Oder wollte man anhand jenem erst mal abwarten, wie sich die Dinge weiter entwickeln würden? Das kann ich Euch leider nicht beantworten. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es jetzt, nachdem Ryan zum ersten Mal Europa beehrt hat, nicht mehr lange dauert, bis er mit einer zweiten Scheibe aufwartet.

Logischerweise muss er erst mal noch kleinere Weihnachtsplätzchen backen auf dieser ersten Konzertreise. Und wenn dann, so wie heute Abend hier in München, gleichzeitig noch 4 weitere Events stattfinden, dann macht das die Sache nicht unbedingt leichter. Und so haben sich im Backstage Club auch nur einige, wenige Hardcore Blues-Verfechter eingefunden, jene die sich fast ausschließlich mit der Materie des Blues befassen und auch den Namen Ryan McGarvey vorher schon mal gehört haben.
Die Vorhut macht eine lokale Band, deren Namen ich aber nicht behalten habe, und die sich, von dem Wenigen, dass ich am Rand noch mitbekommen habe, wie eine mittelprächtige Schüler Combo ausgemacht haben. Da hilft auch nicht die offen zur Schau gestellte Lässigkeit. Aber gut, wie sagt man so schön: Übung macht den Meister. Und vielleicht wird’s ja irgendwann noch – oder auch nicht.
Unser Jungstar heute Abend hat, denke ich, nicht mehr so viel Übung notwendig. Denn schon nach wenigen Minuten kristallisiert sich deutlich heraus, was für ein ungeheures Talent er doch ist. Mit seinen beiden Mitstreitern entfaltet er seine ganz eigenwillige Spielweise, die andererseits doch so sehr an seine großen Vorbilder Stevie Ray Vaughn und Jimi Hendrix erinnert, ohne jedoch abzukupfern. Und so hat er seinem Idol Hendrix auch einen ganzen Song gewidmet. Und jener heißt nicht ‚Hey Joe’, sondern ‚Hey Jimi’, und ist eine sehr melodiöse Hommage an jenen, in der das Gefühl und die Hingabe liegt, zu der ein Musiker nur fähig ist.

Sagen wir mal so, Ryan McGarvey verfolgt mit seiner Musik eine ziemlich klare Linie, in die er sich auch voll und ganz hinein verdividiert. Er ist ein sagenhaft guter Gitarrist, keine Frage, stimmlich nicht ganz so überzeugend, allerdings tritt das wiederum fast zur Gänze in den Hintergrund bei seinem Talent. Das einzige, kleine Manko ist, durch eben diese straighte Linie, die leichte Monotonie, die sich im Verlaufe des Konzerts bemerkbar macht, und die vieles ähnlich wie das vorher gehende Stück klingen lässt. Vielleicht ist es aber auch das (noch) fehlende Charisma und das (noch) nicht vorhandene Selbstbewusstsein, das ihn etwas verloren wirken lässt. Lediglich dank der unglaublich-exzellenten Fähigkeiten an seinem Instrument, gleicht er diese kleine Schwäche wieder aus. Aber Ryan ist ja noch sooooo jung und hat jede Zeit sich weiter zu entwickeln, Erfahrungen zu sammeln und eben jenes Ego zu erwerben, das es für eine 1A Stage Präsenz benötigt.
Und ich bin sicher in ein paar Jahren oder vielleicht noch eher, haben wir das nächste große Ding in Sachen Bluesrock hier. Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Und dass er wieder kommen will, das hat Ryan McGarvey zum Schluss der 90 Minuten Show fest versprochen. Das kleine aber feine Publikum ca. 50 Mann/Frau hoch, dankt es ihm und lässt ihn anhand viel Applaus und Pfiffen wissen, wie gut er ihnen gefallen hat. Und damit wäre ja schließlich bereits ein Anfang gemacht in Sachen Selbstbewusstsein. – Hey, und watch out für den nächsten Longplayer von Ryan. Die Uhr läuft schon......
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